Augenoptiker Augen auf und Schotten dicht

Seite 2/2

Fachgeschäfte leiden unter Online-Händlern

Wie Brillen das Image verändern
Kleider machen Leute, sagt der Volksmund. Wenn das stimmt, dann sind Brillen das i-Tüpfelchen des modebewussten Menschen. Natürlich liegt diesem vermeintlichen Stylevorsprung einer Schwäche zugrunde: Ohne Brille können immer mehr Menschen in unserer heutigen Zeit nicht mehr richtig sehen. Doch diese Schwäche gilt es zu kaschieren und die Fassung dient dabei als mögliches Mode-Accessoire, dessen Potenzial es völlig auszuschöpfen gilt. Politiker, Künstler und Firmenchefs machen vor wie. Quelle: AP
Außenminister Guido Westerwelle hat bei seinem Brillenkauf alles richtig gemacht. „Die schmale Fassung ist modern, neu, elegant und sachlich. Sie passt zum Typ und sicher gewollten Image”, sagt Kerstin Kruschinski vom Kuratorium Gutes Sehen. Quelle: AP
"Brillen dienen bei Personen des öffentlichen Lebens dazu, einen optischen Wiedererkennungswert zu schaffen", so Petra Waldminghaus, Geschäftsführerin der Imageberatung Corporate Color. "Ohne Gläser könnten sich Fans und Medien nicht so einfach an die Personen wieder erinnern". Sicherlich ein Beispiel für eine Marke, die ohne Brille nicht so gut funktionieren würde: Der Musiker Udo Lindenberg. Quelle: dapd
Gregor Gysi zeigt sich gegenüber Trends resistent und trägt schon seit Jahrzehnten Brillen mit runden Gläsern. Quelle: dpa
„Die runden Gläser passen gut zu seiner extravaganten Erscheinung und der intellektuelle Touch des Modells betont seine pfiffige Art zusätzlich”, urteilt Kruschinksi dagegen über die Brille von Horst Lichter. Quelle: dpa
Auch Politikern ist ihre Außenwirkung besonders wichtig. Die Ausprägung dieser Eitelkeit variiert natürlich, einigen reicht es schon, wenn sie als Politiker und mögliche Staatsmänner überhaupt wahr genommen werden. "Eine schwarze Fassung mit breiten und dicken Brillenrändern hilft einer Person bei ihrer äußeren Wahrnehmung in einem Raum", so die Imageberaterin Petra Waldminghaus. "Einige Politiker oder Unternehmenschefs brauchen daher diese trendigen und nerdigen Brillen, um sich eine stärkere Präsenz zu verschaffen". Vor diesem Hintergrund lässt sich der Brillenwechsel des SPD-Fraktionsvorsitzenden Frank-Walter Steinmeier vielleicht besser erklären. Links: die alte Fassung der Steinmeiergläser; rechts: der neue Steinmeier im Bundestag. Quelle: dapd
Kein anderer deutscher Politiker hat in der Vergangenheit so viele verschiedene Brillenmodelle ausprobiert wie Ronald Pofalla. Nach markanten ovalen und eckigen Modellen trägt er aktuell ein rahmenloses Gestell. Quelle: AP/dapd

Dass gerade erst der Glashersteller Essilor einen Online-Anbieter übernommen hat, hält Truckenbrod für keine Kampfansage: "Essilor hat sich damit für alle Eventualitäten gewappnet, falls sich technischen Möglichkeiten für einen besseren Verkauf übers Internet in der Zukunft ergeben sollten."

Doch nicht nur zwischen Onlinehandel und stationären Anbietern herrscht Zwietracht.

Auch die niedergelassenen Optiker jagen einander die Kundschaft ab - über Preiskämpfe. Aus Sicht von Jan Wetzel, dem ZVA-Geschäftsführer, ist das wenig segensreich: "Wir sind eine konkurrenzbetonte Branche und bei einigen Optikern ist das stark ausgeprägt." Doch der Preiskampf entwickele sich häufig zu einem Bumerang und produziert nur Schnäppchenjäger: "Viele Händler mit Rabattangeboten klagen später, dass ihre Kunden dann gar keine Brillen mehr zu normalen Preisen kaufen." Damit wäre der Zweck der Lockangebote, Kunden billig ködern und zu teureren Käufen verführen, verfehlt.

Schwierig bleibt die Lage für die vielen kleinen unter den rund 12.000 Fachgeschäften. Sie werden zugleich von Online-Händlern und erfolgreichen Filialisten wie Fielmann in die Zange genommen. Der Platzhirsch der Branche machte 2013 in 578 Filialen 914 Millionen Euro Umsatz. Konkurrent Apollo schaffte mit 750 Filialen nicht einmal die Hälfte – 414 Millionen Euro.

Kleine Familienbetriebe oder Meister mit einem Auszubildenden kämpfen mit fachlich hohem Niveau und dennoch mühsam gegen diese Marktmacht an. ZVA-Chef Truckenbrod bringt es ungewollt auf den Punkt: Die augenoptische Versorgung in Deutschland sei hervorragend. Es sei ein schöner und anspruchsvoller Beruf, weshalb er auch Schulabgänger auf Ausbildungssuche anspräche. "Aber manche zweifeln, ob sie davon auch eine Familie ernähren können", so Truckenbrod.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%