Batteriehersteller Varta gründet neue Tochterfirma für E-Mobilität – und tauscht dafür den Chef aus

Der Schriftzug des Batterieherstellers Varta ist an einem Gebäude am Hauptsitz befestigt. Quelle: dpa

Kurz nach einer Gewinnwarnung legt der Vorstandsvorsitzende des Batteriekonzerns Varta, Herbert Schein, sein Amt mit sofortiger Wirkung nieder, um eine neue Tochterfirma aufzubauen. Nachfolger wird Markus Hackstein.

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Es sind im Grunde zwei Meldungen, die der schwäbische Batteriehersteller Varta am Nachmittag per Ad-hoc-Mitteilung öffentlich macht. Die Vordergründige lautet: Herbert Schein (57), der seit 2007 das Unternehmen leitet, verlässt mit sofortiger Wirkung seinen Posten. Sein Nachfolger wird der Österreicher Markus Hackstein (47), der erst zum 01. August 2022 neu in den Varta-Vorstand berufen wurde. Allerdings wird Hackstein nicht neuer CEO, sondern er trägt nun den Titel Sprecher des Vorstands.

Die spannendere, weil interpretationsträchtige Nachricht lautet aber: Herbert Schein wird das Varta-Universum keineswegs verlassen, sondern er wird eine neue Tochtergesellschaft der Varta AG aufbauen: die V4Drive SE. In dieses neue Unternehmen will Varta künftig sein Geschäft mit großen Lithium-Ionen-Zellen auslagern. Man könnte auch sagen: Das Geschäft mit Elektromobilität schätzt Varta offenbar derart hoch ein, dass es dafür extra eine eigene Firma gründet.

Varta-Aufsichtsratschef Michael Tojner sagt laut der Mitteilung, Herbert Schein habe in fast drei Jahrzehnten bei Varta bewiesen, dass er neue Geschäfte erschließen und bis zur Marktführerschaft entwickeln könne. Das erhofft Tojner sich nun offenbar erneut von seinem obersten Angestellten. Im Juni 2021 war bekannt geworden, dass Varta mit seinen neuen Hochleistungsbatterien den Stuttgarter Autobauer Porsche beliefert. Weitere Kunden bestätigt Varta bislang nicht. Ein Sprecher sagte auf WiWo-Nachfrage bloß, es gebe Gespräche. Die Frage, ob die neue Tochterfirma ihren Sitz in Ellwangen haben wird und wie viele Mitarbeiter dort beschäftigt sein sollen, ließ Varta auf Nachfrage offen.

Die neue Superbatterie muss ein Erfolg werden – sonst drohen womöglich Ertragsprobleme. Denn der Batteriehersteller Varta wird von Großaktionär und Aufsichtsrat Michael Tojner ordentlich ausgepresst.
von Melanie Bergermann

Dass Varta überhaupt Batterien für die Autobranche produziert, ist angesichts der mehr als 130-jährigen Geschichte des Unternehmens noch fast ein Novum. Erst im März 2021 hatte die WirtschaftsWoche exklusiv vermeldet, dass Varta in die E-Mobilität einsteigt auch, um sich unabhängiger zu machen von Apple. Denn das Geschäft mit Knopfzellenbatterien, die vor allem in den kabellosen Mini-Kopfhörern gebraucht werden, droht zum Klumpenrisiko zu werden. Derzeit laufen die Geschäfte nicht wie erhofft: Erst in der vergangenen Woche hatte Varta seine Gewinnprognose für das laufende Jahr gekappt, wegen der stark gestiegenen Kosten für Energie und Rohstoffe. Die Aktie ist seit Oktober 2021 um mehr als drei Viertel gefallen. Nach der Meldung über den Führungswechsel brach sie um weitere 8,4 Prozent auf 30 Euro ein.

Der neue Vorstandssprecher Markus Hackstein, ein studierter Betriebswirt und promovierter Sozial- und Wirtschaftswissenschaftler, kam 2016 zu Montana Tech Components, der Muttergesellschaft von Varta in Händen des Großaktionärs Michael Tojner. 2018 ging er für Varta Microbattery nach Rumänien, arbeitete rund vier Jahre am Standort in Brasov. Dort unterhält Varta seine sogenannte Batterie-Assemblierung, macht also aus Zellen für Kunden sogenannte Batterie-Packs.

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Erst zum 01. August 2022 wurde Markus Hackstein neues Mitglied des Varta-Vorstands. Damals hieß es: Er werde die Geschäftsbereiche „V4Drive (E-Mobility), Energy Storage Systems und Power Pack Solutions gesamtheitlich verantworten“. Nun, gerade einmal zwei Monate später, wird die E-Mobilität ausgegliedert und die Zuständigkeit geht von Markus Hackstein auf Herbert Schein über. Das, so heißt es von Varta, sei aber kein Ausweis für eine Degradierung Hecksteins; es zeigt aber: E-Mobilität ist bei Varta jetzt Chefsache.

Mit Reuters-Material

Lesen Sie auch: Wie der Hauptaktionär Varta auspresst

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