Sebastian Pollok und Lea-Sophie Cramer lernten sich während ihrer Zeit bei der Boston Consulting Group und bei Rocket Internet kennen. Gemeinsam gründeten die Geschäftspartner 2013 den Erotik-Versand Amorelie.de.
„Das Angebot im Waren-Bereich hat sich der neuen Realität und Nachfrage lange nicht angepasst“, erklärt Sebastian Pollok ihre Beweggründe. Sie sahen eine Lücke, die die bisherigen Platzhirsche ließen – denn als Amorelie gegründet wurde, begann Beate Uhse gerade erst mit der Neuausrichtung hin zu Frauen und Pärchen.
Amorelie im Überblick
Das Unternehmen wurde 2013 gegründet.
Über die Zahl der Kunden gibt Amorelie keine Informationen heraus. Allerdings sind 70 Prozent der Kunden weiblich.
Amorelie beschäftigt aktuell 71 Mitarbeiter.
Sowohl Pollok als auch seine Geschäftspartnerin Cramer hätten vor Geschäftsstart keine große Erfahrung mit Sexspielzeug gehabt, sagt er. „Ich habe mir vorher mal aus Interesse einen Sexshop angeschaut, aber besonders ansprechend fand ich das nicht.“
Sie fragten sich, was für Produkte sie sehen wollten, was ihnen bei den Materialien wichtig war, wo sie Erklärungen brauchten. „Einer unserer Erfolgsfaktoren ist sicher, dass wir die Unsicherheiten und Ansprüche von Lovetoy-Neulingen kennen.“
Die bessere Beratung
Mit Erklär-Videos im Shop-Bereich, einem Help-Chat und einer Hotline sollen Neulinge eingewiesen, beraten und inspiriert werden. Außerdem senken sie die Retouren-Quote. Mit dem breit gestreuten Beratungsangebot greift Amorelie die stationären Händler dort an, wo ihr größter Vorteil liegt: In der Möglichkeit, den Kunden zu beraten. Aus Sicht von Sexualforscher Pastötter glänzen die Online-Anbieter mittlerweile mit der besseren Beratung.
Doch Beratung ist nicht alles. In der Werbesendung „Sextoy-Talk Love Lounge“, die bei der ProSieben-Tochter Sixx zu sehen war und auch auf Youtube zu finden ist, wird etwa für die Amorelie Secret Box geworben. Um das Identifikationspotenzial bei den Zuschauerinnen möglichst hoch zu halten, sitzen eine „offene“, eine „experimentierfreudige“, eine „erfahrene“ und eine „unerfahrene“ Frau zusammen – die Charakterisierungen kommen aus dem Off.
Die Frauen unterhalten sich ganz offen darüber, wie und wie oft sie sich selbst befriedigen, kichern dabei und erkunden die Überraschungen, die die Amorelie-Box birgt. Der Höhepunkt: ein Klitorisstimulator. Mit Druckwellen sauge er an der Klitoris, erklärt die „Erfahrene“, das sei „richtig abgefahren“. Um das zu belegen, hat sie auch gleich die richtige Statistik parat: 94 Prozent aller Frauen kämen mit diesem Gerät binnen 120 Sekunden zum Orgasmus, sagt sie. „So schnell vor der Arbeit, wenn du noch zwei Minuten Zeit hast.“ Gekicher.
Die Liaison von Amorelie und ProSieben
Dass die Dauerwerbesendung bei Sixx läuft, kommt nicht von ungefähr. Schon bei der ersten großen Finanzierungsrunde von Amorelie im Januar 2014 beteiligte sich die ProSieben-Gruppe an dem Erotikversand und kaufte 23 Prozent der Anteile.
Informations- und Kaufverhalten der Deutschen
Frage: Wie häufig trifft dieses Verhalten auf Sie zu
Zahl der Befragten: 1012
Quelle: „Aktueller Stand der Nutzung von LBS im Jahresvergleich“ – Studie der Hochschule Niederrhein, des HDE und Kaufda
„Sehr oft“: 39 Prozent
„Öfter“: 18 Prozent
„Sehr oft“: 37 Prozent
„Öfter“: 18 Prozent
„Sehr oft“: 30 Prozent
„Öfter“: 14 Prozent
„Sehr oft“: 22 Prozent
„Öfter“: 9 Prozent
„Sehr oft“: 14 Prozent
„Öfter“: 13 Prozent
„Sehr oft“: 10 Prozent
„Öfter“: 14 Prozent
„Sehr oft“: 8 Prozent
„Öfter“: 17 Prozent
Überzeugt haben dürften dabei neben der Idee die Zahlen: Nach eigenen Angaben ist Amorelie vom Gründungsjahr 2013 bis 2014 um 800 Prozent gewachsen. Der Umsatz liege mittlerweile im zweistelligen Millionenbereich und werde in diesem Jahr noch einmal „deutlich“ gesteigert, so Pollok. Mehr könne er nicht verraten.
Das hängt damit zusammen, dass ProSieben im März dieses Jahres 75 Prozent von Amorelie erwarb – 25 Prozent teilen sich Pollok und seine Geschäftspartnerin Cramer. Profitabel ist Amorelie allerdings noch nicht. „Das machen wir bewusst“, sagt Pollok. „Wir investieren primär in unser Wachstum.“ Aktuell beliefert Amorelie Deutschland, Österreich, die Schweiz, Belgien und Frankreich – künftig sollen es noch mehr Länder werden.