Er kam als Retter - Nicolas Berggruen übernahm 2010 die Karstadt-Häuser für fünf Millionen Euro. Sie waren gemeinsam mit dem Handels- und Touristikkonzern Arcandor Hauptaktionäre waren die Privatbank Sal. Oppenheim und die Quelle-Erbin Madeleine Schickedanz - pleite gegangen. Der deutsch-amerikanische Investor wollte Karstadt wieder fit machen - 2016 sollten die Warenhäuser wieder mehr als 270 Millionen Euro Gewinn abwerfen, so der Plan. Dafür legte Berggruen ein Sparprogramm auf und setzte im Juli vergangenen Jahres 3000 Mitarbeiter an die Luft. „So schmerzhaft diese Maßnahmen für die betroffenen Mitarbeiter sind, so notwendig sind sie“, bedauerte Karstadt-Chef Andrew Jennings damals.
Vom good guy zum bad guy
Jetzt zeigt sich, dass die Sanierungsbemühungen nicht nur schmerzhaft, sondern vor allem weitestgehend erfolglos waren. Bereits im April berichtete die WirtschaftsWoche, dass Karstadt sein Umsatzziel für 2013 nicht halten kann. Nur noch 3,129 Milliarden Euro, sollen bis zum Geschäftsjahresende erwirtschaftet werden, das sind 232 Millionen Euro weniger als bisher geplant. Dieser Trend setzt sich in der Mittelfristplanung auch in den nächsten Jahren fort. So rechnet Karstadt 2016 mit einem Umsatz von 3,336 Milliarden Euro, das sind sogar 375 Millionen Euro weniger als noch in der Mittelfristplanung von 2011 erwartet wurde.
Die Karstadt-Mitarbeiter sind enttäuscht von Berggruen. Das Handelsblatt schreibt in seiner Dienstagsausgabe vom "Falschen Erlöser". Gewerkschaften klagten, so das Blatt, dass Berggruen quasi kein Geld in den Konzern investiere, dabei besitze seine Holding mehr als zwei Milliarden Dollar Eigenkapital.
Das stößt den Beschäftigten, die massiven Gehaltseinbußen zustimmen mussten, natürlich sauer auf. Einige Mitarbeiter sollen Berggruen bereits den Spitznamen "bad guy" verpasst haben, wie das Handelsblatt schreibt. Wut kam dazu auf, als Karstadt-Chef Jennings kürzlich verkündete, die Kaufhauskette steige bis 2015 aus dem Tarifvertrag aus. Die Beschäftigten der Karstadt-Filiale im Main-Taunus-Zentrum in Sulzbach streiken daher heute.
Jennings übt sich in Durchhalteparolen. Natürlich brauche Karstadt Zeit und im Zug einer Sanierung könne es auch mal kurzfristig zu Umsatzeinbußen kommen. Kurzfristig? Fakt ist, dass Karstadt ein miserables Weihnachtsgeschäft und einen missglückten Jahresauftakt hinter sich hat. Brancheninsider, so das Blatt, rechneten damit, dass Karstadt noch im laufenden Geschäftsjahr rote Zahlen schreibe.
Ganz anders als Konkurrent Kaufhof, der im ersten Quartal sogar leicht zulegen konnte. Karstadt krankt an Konzeptlosigkeit und hat es versäumt die im Herbst neu eingeführten Marken konsequent zu bewerben. So kennt bis heute kaum eine Kundin das Label "Lipsy" oder die britische Marke "Phase Eight". Rainer Bartle von der Handelsberatung BBE sieht für die Karstadt-Häuser kaum Überlebenschancen. "Ich gehe davon aus, dass es bald zum Zusammenschluss zwischen Karstadt und Kaufhof kommt", sagt er der Zeitung, "für Karstadt gibt es keine Alternative."
Das Dossier "Der falsche Erlöser" können Sie beim Handelsblatt herunterladen.