Berliner Flughafen Früherer BER-Chef: Tegel muss im Betrieb bleiben

Er ging im Streit, jetzt befeuert Karsten Mühlenfeld die Debatte um den Altflughafen und den BER: Auch der Ex-Chef ist gegen die Schließung von Tegel.

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Auch wenn der BER offen ist, werden die Kapazitäten am Tegler Flughafen weiter benötigt, betont der ehemalige TXL-Chef. Quelle: dpa

Berlin Der frühere Berliner Flughafenchef Karsten Mühlenfeld hat sich dafür ausgesprochen, den Flughafen Tegel parallel zum künftigen Hauptstadt-Airport BER in Betrieb zu lassen. „Die zwei Startbahnen am BER geben die Kapazität niemals her, die in Berlin nötig ist“, sagte Mühlenfeld am Freitag im Abgeordnetenhaus. „Man braucht in Berlin auch eine dritte Startbahn und was bietet sich da mehr an, als eine Startbahn in Tegel offen zu halten?“

Beschlossen ist, dass Tegel spätestens ein halbes Jahr nach der für Oktober 2020 geplanten Eröffnung des neuen Flughafens in Schönefeld schließt. Die Probleme auf der Baustelle beschäftigten am Freitag den Aufsichtsrat.

Mühlenfeld wurde vom BER-Untersuchungsausschuss befragt, er war von 2015 bis 2017 Geschäftsführer der Berlin-Brandenburger Flughafengesellschaft. Der Ingenieur erhob in der Sitzung auch Vorwürfe gegen den damaligen Aufsichtsratschef, Berlins Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD).

Erst vor Kurzem hatte Lufthansa-Chef Carsten Spohr angeregt, eine Offenhaltung Tegels nochmals zu prüfen. Mühlenfeld verwies in der Kapazitätsfrage auf den Flughafen München. Dort sei angesichts von 40 Millionen Passagieren die dritte Start- und Landebahn geplant - gebaut ist die umstrittene Piste aber noch nicht.

Der jetzige Berliner Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup will den BER bis 2030 auf bis zu 48 Millionen Fluggäste pro Jahr erweitern - das wäre die Größenordnung, die der Flughafen München bislang allerdings auch mit zwei Bahnen bewältigt: Im vergangenen Jahr waren es dort rund 46,3 Millionen Fluggäste.

Mühlenfeld sagte, die dritte Bahn sei in Berlin umso mehr geboten, weil dort kleinere Flugzeuge eingesetzt würden als in München. Damit wären mehr Starts und Landungen für die gleiche Passagierzahl nötig. Das trifft nach den aktuellen Zahlen nicht zu: Mit im Schnitt 117 beziehungsweise 119 Passagieren pro Flugbewegung lagen Berlin und München 2018 in etwa gleichauf, wie aus Zahlen der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen hervorgeht.

Zugelassen sind durch die Planfeststellung des BER 360.000 Starts und Landungen im Jahr. Im vergangenen Jahr waren es in Tegel und Schönefeld insgesamt rund 293.000. Mühlenfeld widersprach offiziellen Angaben, wonach Tegel bei einem Weiterbetrieb für rund 1,1 Milliarden Euro saniert werden müsste. „Wenn man sich beschränkt auf den Ring und Terminal D, dann kann man das deutlich unter einer Milliarde Euro hinbekommen.“ Tegel werde auch danach Gewinn abwerfen.

Mühlenfeld kritisierte im Rückblick auf seine Amtszeit, die Aufgaben der Gesellschafterversammlung, des Aufsichtsrats und der Geschäftsführung seien nicht klar getrennt gewesen. „Der Aufsichtsrat mit seinem Vorsitzenden agierte eher als Obergeschäftsführung.“ Das Kontrollgremium um Müller habe sich zu sehr eingemischt und so Organisationsänderungen verhindert, die den Bau beschleunigt hätten.

„Ich konnte nicht einmal Mitarbeiter der zweiten und dritten Führungsebene austauschen“, kritisierte der Manager. Müller habe Diskussionen mit dem Geschäftsführer abgelehnt, auch die in anderen Firmen üblichen Vier-Augen-Gespräche der beiden Verantwortlichen.

Der Aufsichtsrat trennte sich von Mühlenfeld 2017 im Streit um eine Personalie in der Flughafengesellschaft. Den Geschäftsführer-Posten übernahm das damalige Ratsmitglied Lütke Daldrup, Müllers Flughafenkoordinator. „Mein Nachfolger hat mit mir meinen Auflösungsvertrag verhandelt“, bemerkte Mühlenfeld.

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