Der Aufschrei ist riesig. Seit die ARD in ihrer Reportage "Ausgeliefert" über die Zustände in den Logistik-Zentren des Online-Riesen Amazon berichtet hat, brandet eine Welle der Entrüstung hoch. Von moderner Sklaverei ist die Rede, skrupelloser Ausbeutung. Enthüllungsjournalist Günter Wallraff spricht von "grausamsten Arbeitsbedingungen". Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen fordert schnelle Aufklärung. Begleitet wurde die Debatte von einem Shitstorm im Internet. Kunden riefen zum Boykott auf, die Protest-Seite "Amazon? Nein Danke" auf dem sozialen Netzwerk Facebook sammelte innerhalb weniger Tage weit über 4.000 Fans.
Amazon kündigt umstrittener Sicherheitsfirma
Beträchtlicher Imageschaden
Der Imageschaden für den Konzern ist beträchtlich. Im vergangenen Jahr erreichte Amazon noch Spitzenwerte als beliebtester Einzelhändler der Deutschen im Ranking von OC&C Strategy Consultants und ebenfalls Bestwerte in der Top-Performer Studie des Markt- und Meinungsforschungsinstituts YouGov. Dort führte Amazon die Riege der Internet-Konzerne mit dem besten Image an - mit Traumwerten von 87 von 100 möglichen Punkten. Damit ist es wohl erst mal vorbei. YouGov-Vorstand Holger Geißler: "Der Skandal um die Arbeitsbedingungen wird das Image von Amazon nachhaltig treffen, wenn sie nicht schleunigst den Entschuldigungsgang einlegen." Der Online-Riese müsse beweisen, dass er die Missstände auch tatsächlich verändern wolle. "Wenn Amazon Glück hat und seine Entschuldigung nachhaltig durchzieht, kommen sie vielleicht mit einem blauen Auge davon", glaubt Geißler.
Wie Sie sich auf Skandale vorbereiten und diese eindämmen
Diskutieren Sie im engeren Führungskreis regelmäßig, welche Aspekte der Unternehmenspolitik als problematisch wahrgenommen werden könnten. Mitarbeitern muss klar sein, dass das Verheimlichen auch scheinbar irrelevanter Vorkommnisse schädlich sein kann.
Bereiten Sie für skandalträchtige Themenfelder ein Dossier mit allen verfügbaren Informationen vor, um im Ernstfall schnell reagieren zu können. Dazu zählt auch das stete Beobachten relevanter Internet-Kanäle.
Nur wer gute Kontakte zu Multiplikatoren und Meinungsbildnern in allen Mediensparten hat – dazu zählen heute auch Blogger –, hat die Chance, im Krisenfall Einfluss zu nehmen.
Wenn Sie Vorwürfe unvorbereitet treffen, voreilige Stellungnahmen vermeiden. Besser: zugeben, dass Sie noch Zeit brauchen, und rasche Aufklärung ankündigen.
Die beste Kommunikationsstrategie heißt: Die Wahrheit muss auf den Tisch. Selbst kleinste Fehler zerstören das wichtigste Gut der Krisenkommunikation: Vertrauen.
Stellen Sie etwaige Schäden in einen plastischen Kontext („Wie viele dioxinverseuchte Eier müsste man essen, um sich zu vergiften?“). Sonst geht die Bevölkerung vom größtmöglichen Schaden aus.
Für nicht bestreitbare Missstände muss eine glaubwürdige Erklärung her. Schlüpfen Sie in die Opferrolle („Was hätten wir tun sollen? Wir mussten so handeln!“) – das erregt Mitleid.
Der Trick mit Luxemburg
Doch die Einschläge durch Skandale kommen bei Amazon näher. In Großbritannien kam es bereits im vergangenen November zu einer Welle der Proteste. Der Grund: Der Händler bezahlt dort so gut wie keine Umsatzsteuer. Dabei hat Amazon 2011 im Königreich rund vier Milliarden Euro umgesetzt und rund jedes vierte Buch verkauft, das über die virtuelle Ladentheke ging. Der Steuertrick von Amazon heißt Luxemburg. Hier sitzt die Zentrale, über die das Buchhandelsgeschäft für Großbritannien aber auch Deutschland läuft.
In Luxemburg gelten gedruckte wie elektronische Bücher als Kulturgut und werden daher mit einem sehr niedrigen Mehrwertsteuersatz von drei Prozent besteuert. In Deutschland gilt für gedruckte Bücher ein Steuersatz von 7 Prozent für E-Books 19 Prozent. Die Mehrwertsteuer für elektronische Bücher fällt in dem Land an, in dem die Server stehen. Auch wenn die Werke, die Amazon vertreibt, von einem deutschen Verlag stammen oder ein Kunde aus Deutschland das E-Book kauft, gilt also der Steuersatz Luxemburgs. Deutsche E-Book-Vertreiber müssen 19 Prozent auf ihren Nettopreis aufschlagen müssen, Amazon, das seine elektronischen Bücher für das Lesegeräte Kindle über die Luxemburger Firma Amazon Media EU Sarl vertreibt, nur drei Prozent. Da in Deutschland Buchpreisbindung herrscht, bezahlen die Kunden für den Titel immer den selben Preis, die Differenz zwischen den unterschiedlichen Steuersätzen fließt als zusätzliche Marge in die Taschen von Amazon. Doch nicht nur in Europa bekommt Amazon wegen seines "Steuervermeidungssystems" zunehmend Druck.
Amazon ist Dorn im Auge der Konkurrenz
Auch in den USA empören sich stationäre Händler – allen voran Branchengrößen wie Wal-Mart, Target und BestBuy – über unfaire Wettbewerbsvorteile des Online-Giganten aus Seattle. Vor allem die Verkaufssteuer ist ihnen ein Dorn im Auge. Die größtenteils bei den Kommunen verbleibende Steuer müssen stationäre Händler auf den Preis ihrer Waren aufschlagen. Amazon.com hingegen berief sich lange auf ein Urteil des US-Verfassungsgericht von 1992, dass Katalog-Anbieter von der Pflicht befreite, diese Steuer eintreiben zu müssen, wenn diese nicht über eine stationäre Präsenz in dem jeweiligen Bundesstaat verfügten. Zwar waren die Kunden von Amazon.com verpflichtet, die Verkaufssteuer selber bei ihrer Einkommenssteuererklärung anzugeben und abzuführen. Doch die wenigsten taten das. Da die Verkaufssteuer beispielsweise in Kalifornien mittlerweile im Schnitt neun Prozent beträgt, hatte Amazon.com dadurch gerade bei teureren Sachen wie Heimelektronik einen erheblichen Preisvorteil gegenüber der stationären Konkurrenz. John Chiang, Kämmerer von Kalifornien, schätzt, dass seinem Bundesstaat dadurch in den vergangenen zehn Jahren mehrere Milliarden Dollar an Verkaufssteuer entgangen sind.
Inzwischen ist Amazon-Chef Jeff Bezos nicht nur eingeknickt, sondern befürwortet sogar eine einheitlich geregelte Online-Verkaufssteuer. Die war ursprünglich im vergangenen Jahr geplant, ging jedoch im Hick-Hack zwischen Republikanern und Demokraten unter. Nun soll sie wieder belebt werden.
Verkaufssteuer als Vorteil im Wettbewerb
Seit September treibt Bezos Unternehmen auch in Kalifornien, seinem wichtigsten Absatzmarkt, die Verkaufssteuer ein. Zwar ist der Preisvorteil damit dahin. Doch Amazon.com kann sich das Entgegenkommen nicht nur leisten. Langfristig hilft es dem Konzern sogar, weil es den Wettbewerb im Online-Geschäft beschneidet. Amazon.com braucht im Gegensatz zu kleineren Wettbewerbern den Vorteil nicht mehr, weil der Konzern mittlerweile eine Größe ist und über ein ausgeklügeltes Logistiknetz verfügt. Konkurrent Ebay hingegen wittert Probleme, wenn seine Händler Verkaufssteuer erheben müssen, auch wenn sie keine Präsenz in dem Bundesstaat haben, in den die Ware geliefert wird. Für sie ist es ein erheblicher administrativer Aufwand, weil die Steuer in jedem US-Bundesstaat unterschiedlich ist und nicht zentral eingesammelt wird.
Warum die Deutschen Online-Shopper sind
„Aus heutiger Sicht wäre das der Weg zurück in die Steinzeit“, lautete eine Antwort auf diese Frage. E-Commerce hat sich fest in den Alltag der meisten Menschen integriert. Die Deutschen sind insgesamt besonders positiv eingestellt. 61 Prozent der Deutschen Online-Shopper möchten auf diese bequeme Art des Einkaufs nicht mehr verzichten.
„Zu den Zeiten einkaufen, die in mein Leben passen“ nennen in Deutschland vier von fünf Konsumenten als wichtigsten Vorteil. Eine echte Zeitersparnis haben 57 Prozent festgestellt. Mehr Zeit zu haben, empfinden dabei die meisten Deutschen als eine Entlastung im Alltag: 63 Prozent geben an, „viel weniger Stress beim Einkaufen als früher in der Stadt“ zu haben. 55 Prozent geben an, sich entspannter zu fühlen.
„Genau das Produkt, das ich suche“ finden in der Regel zwei Drittel der Online-Shopper. Und zwar sehr schnell und zum günstigsten Preis. Mehr als die Hälfte (54 Prozent) gibt an, im Internet oft besonders individuelle Produkte zu finden, 62 Prozent schätzen es, dass sie Produkte finden, „die man im Geschäft beziehungsweise via Katalog nicht bekommen würde“.
Die Mehrheit der Käufer erlebt sich im Internet als „empowered consumer“. Zwei Drittel der Online-Shopper halten sich für besser informiert über Angebote und Preise als früher, nutzen gerne Bewertungen anderer Kunden und meinen, dass Konsumenten heute durch Kommentarfunktion und Empfehlungen beim Online- Kauf viel mehr Einflussmöglichkeiten haben.
Quelle: Studie im Auftrag der Deutschen Post: Einkaufen 4.0 - der Einfluss von E-Commerce auf Lebensqualität und Einkaufsverhalten
Zwar soll es für kleinere Händler Ausnahmen geben. Mittlerweile wird darum gerungen, ob diese bei einem Jahresumsatz von bis zu einer halben Million Dollar von der Bürokratie befreit werden sollen.
Für Amazon.com ist das weniger problematisch. Viele Kunden bestellen zudem mittlerweile aus Bequemlichkeit vor allem, wenn der Transport kostenlos ist. Und es gibt noch jede Menge Schlupflöcher. So erheben viele kleinere Händler, die ihre Waren über Amazon.com vertreiben, die Verkaufssteuer nicht. Amazon.com verdient dabei immer mit, ohne das Risiko zu haben, die Ware einkaufen zu müssen.
Amazon spart auf diesen Wegen in Europa und den USA Milliarden. Das Geld fließt ins Marketing, in die Verbesserung seiner Suchalgorithmen, die Auswertung der Kundendaten und eine noch bessere und schneller Logistik. So wird Amazon für die stationären Händler zu einer immer größeren Bedrohung.
Jeff Bezos, der Kriegsherr
Gerrit Heinemann ist Professor an der Hochschule Niederrhein und Leiter des dortigen Forschungszentrums für E-Commerce. „Jeff Bezos ist ein Kriegsherr mit einer Vision, nämlich der größte Händler der Welt zu werden.“ Diesen Weg geht der US-Konzern konsequent. Bei den anhaltend hohen Wachstumsraten von 30 bis 40 Prozent jährlich, wird Amazon Wal-Mart als bisher größten Händler der Welt in spätestens zehn Jahren abgelöst haben. Denn was Amazon-Chef Jeff Bezos verdient, investiert er in noch mehr Wachstum. Gewinn wirft die Online-Maschine nicht viel ab. Für das Jahr 2012 weist der E-Commerce-Riese laut 10-K-Filing der US-Finanzaufsichtsbehörde SEC sogar einen Verlust von 39 Millionen US-Dollar aus.
Die besten Zitate von Amazon-Gründer Jeff Bezos
Jeff Bezos ist eine der spektakulärsten Manager-Persönlichkeiten der Welt. Die Lebensgeschichte des Amazon-Gründers bietet eine unglaubliche Vielfalt und zahlreiche interessante Erzählungen. Der Top-Journalist und Bestsellerautor Richard L. Brand hat die Biografie in seinem Buch „Mr. Amazon“ (Ambition Verlag) aufgeschrieben. Die besten Zitate von Bezos finden sich auch darin und folgen nun.
„Wenn man eines beim Landleben lernt, dann ist es, sich auf sich selbst zu verlassen. Die Leute dort machen alles selbst. Und diese Eigenständigkeit kann man lernen.“
„Ich bin nicht der Typ, bei dem Frauen eine halbe Stunde nach dem Kennenlernen sagen: 'Wow, der ist klasse.' Ich bin eher albern und nicht ... also jedenfalls nicht so, dass irgendeine Frau über mich sagen würde: 'Oh mein Gott, genau so einen habe ich gesucht.'"
„Heute heben sich die Pommes selbst aus der Friteuse – und das, glauben Sie mir, ist ein echter technischer Fortschritt.“
(Bezos jobbte mit 13 Jahren in den Sommerferien für die Fast-Food-Kette und machte umgehend Vorschläge zur Optimierung der Abläufe)
„Die einzigen Male, die er überhaupt Thema wird, sind die, wenn ich beim Arzt nach meiner Krankengeschichte gefragt werde. Dann kreuze ich eben 'unbekannt' an.“
„Wenn etwas kaputt ist, machen wir es heil. Um etwas Neues durchzusetzen, muss man stur und zielstrebig sein, auch wenn es andere vielleicht unvernünftig finden.“
„Der einzige Grund, aus dem ich mich für das All interessierte, besteht darin, dass mich die NASA inspirierte, als ich fünf Jahre alt war.“
„Zu den wichtigsten Dingen, die mich Princeton lehrte, zählt die Einsicht, dass ich nicht klug genug bin, ein Physiker zu sein.“
(Auf der Universität änderte Bezos seine Fachrichtung und machte den Abschluss in Elektrotechnik und Informatik)
Amazon deshalb als harmlose "Non-Profit-Veranstaltung" abzutun, wie er es von Seiten stationärer Händler immer wieder höre, hält der E-Commerce-Experte für einen großen Fehler. "Der deutsche Buchhandel ist von Amazon zerlegt worden", empört sich Heinemann. Laut GfK ist der deutsche Buchmarkt rund vier Milliarden schwer, Amazon macht hier zu Lande mit gedruckten und elektronischen Büchern einen Umsatz von 1,6 Milliarden Euro - damit hat der US-Riese rund 30 Prozent des Konsumenten-Buchmarktes in seiner Hand.
Vor allem kleinere und mittelständische Verlage haben keine eigenen Webshops und vertreiben ihre Werke über Amazon. Heinemann schätzt, dass der deutsche Fachbuchhandel bereits 50 Prozent des Absatzes im Konsumentenbereich über Amazon macht - und dort nahezu unverhandelbar die Konditionen diktiert bekomme.
Einige wollen das nicht länger mitmachen. Der Mainzer Verleger André Thiele hat in einem offenen Brief Amazon-Chef Jeff Bezos die Meinung gesagt. "Seit 2008 habe ich die katastrophal schlechten Konditionen, die Sie mir als Kleinverleger gewährten, geschluckt." Rabatte von zusammengenommen 65 Prozent habe Amazon verlangt, teils als Lagerkosten deklariert. Auch der Kunst- und Literaturverlag Ch. Schroer fühlt sich von Amazon schlecht behandelt: "Wir fühlen uns nicht als Partner behandelt, sondern als Bittsteller, der bitte, bitte, bitte seine Bücher über Ihre Plattform vertreiben darf, und zwar zu Konditionen und Verträgen, die Sie diktieren."
Gerrit Heinemann: „Amazon hat bereits in einigen Buchhandelssegmenten wie z.B. wissenschaftlichen Fachbüchern eine Art Monopolstellung erreicht. Jetzt muss das Kartellamt handeln. " Tatsächlich prüft die Behörde wie am Mittwoch bekannt wurde die Preisauflagen für Händler bei Amazon. Es geht dabei um die sogenannte Preisparitätsklausel: Händler, die die Plattform nutzen, dürften ihre Produkte nicht an anderer Stelle im Internet etwa bei eBay billiger anbieten, so das Kartellamt. Möglicherweise verstoße die Klausel gegen das allgemeine Kartellverbot teilte der Kartellamtschef Andreas Mundt am Mittwoch mit.
Was den Deutschen beim Online-Shopping wichtig ist
„Die von mir bevorzugte Zahlungsmöglichkeit auswählen zu können“ nennt mit 87 Prozent eine überwältigende Mehrheit der Deutschen als wesentliche Anforderung beim Online-Einkauf. Die klassische Rechnung ist dabei nach wie vor das beliebteste Zahlungsmittel. Paypal und Lastschrift/Bankeinzug stehen ebenfalls hoch im Kurs.
Unkomplizierte Rücksendemöglichkeiten fordern 80 Prozent der Befragten von ihren Online-Händlern.
Besonders geduldig sind die Deutschen nicht, wenn es um ihre Online-Einkäufe geht. Eine schnelle Lieferung ist 80 Prozent der Befragten wichtig.
Am besten umsonst: 77 Prozent der Befragten fordern eine kostenlose Lieferung ihrer Ware.
Auf das Gefühl, den besten Preis gefunden zu haben, legen 77 Prozent der deutschen Online-Shopper Wert.
75 Prozent der Befragten in Deutschland ist eine transparente Darstellung der Lieferbedingungen wichtig.
Die Auswahl an Produkten im Online-Handel ist enorm. Über das gesamte Angebotsspektrum wollen sich 74 Prozent der Befragten gut informiert fühlen.
Vor allem wer viel Geld dafür ausgibt möchte sich die Ware vorher ganz genau ansehen – und das nicht nur im Laden sondern auch online. Eine anschauliche Darstellung des Produkts ist 64 Prozent der Befragten wichtig.
Dass das Versandunternehmen ihm bekannt ist bzw. dass er es vertrauenswürdig findet, erwarten 62 Prozent der deutschen Online-Einkäufer. Elf Prozent der Befragten machen den Einkauf sogar vom Versandunternehmen abhängig. Konkret möchten 30 Prozent der Online-Shopper in Deutschland von DHL beliefert werden, 13 Prozent nannten Hermes.
Sie wollen ganz genau wissen wann ihre Ware wo ist, und wann sie sie endlich in den Händen halten können. 61 Prozent der Befragten wollen daher die Möglichkeit haben, ihre Sendung online nachzuverfolgen.
Flexible Lieferung ist für 51 Prozent der Befragten wichtig. Wunsch-Lieferkonzepte stehen dabei hoch im Kurs. Jeder Fünfte möchte wählen können, wo und wann sein Paket zugestellt wird – beispielsweise bei einem Nachbarn, einer Packstation oder an einem bestimmten Wunschtag. Jeder Vierte der befragten Online-Shopper ist als Kunde bei einer DHL-Packstation registriert.
Quelle: Studie im Auftrag der Deutschen Post: Einkaufen 4.0 - der Einfluss von E-Commerce auf Lebensqualität und Einkaufsverhalten
Der Widerstand gegen Amazon formiert sich auf immer breiterer Front. Michael Riethmüller ist Initiator und Vorsitzender des Händlervereins Buylocal. Der Chef von RavensBuch beschäftigt 38 Mitarbeiter, machte 2012 einen Umsatz von rund 63 Millionen Euro. "Gegen die Werbemacht von Amazon kommen wir nicht an", stöhnt der Mittelständler. Deshalb baut er darauf, den Kunden die Rolle der lokalen Einzelhändler klar zu machen: "Wir sind nicht nur ein kulturellen Treffpunkt, wir gestalten auch aktiv das Leben in unserer Stadt mit". Händler wie er seien es, die die ansässigen Vereine unterstützen, sich sozial engagierten, vor Ort Steuern zahlten, Arbeitsplätze stellten und für eine lebendige, attraktive Innenstadt sorgten. "All das tut Amazon nicht", klagt Riethmüller an.
Wer sich so nicht überzeugen lässt, den versucht Riethmüller mit direkten Vorteilen in puncto E-Book als Kunden zu gewinnen. Wer sein Konto bei Amazon löscht, der verliert auch alle dort hinterlegten elektronischen Bücher.
Leere Innenstädte durch Online-Handel?
"Wir bieten dagegen ein offenen System an", erklärt der rührige Händler, "bei uns kann der Kunde das E-Book auf seinem Rechner speichern und hat es jederzeit zur Verfügung." Doch nur wenige wissen, dass auch kleine Buchhändler und Verlage E-Books anbieten und kaufen deshalb bei Amazon. Andere sind einfach zu bequem. Statt ins Zentrum zu fahren und dort Besorgungen zu erledigen, shoppen sie lieber von zuhause.
Die Gefahr, dass immer mehr Kunden den Kauf per Mausklick dem Bummeln in der Innenstadt vorziehen und irgendwann nur noch städtische Einöden zurückbleiben, hält Heinemann für durchaus real. Für einen mittelständischen Händler lohne sich schon jetzt eine Filiale in einer Stadt unter 50.000 Einwohner nicht mehr.
Bange macht ihm zudem die fortschreitende Vertikalisierung von Amazon. Schritt für Schritt bietet der Händler die einzelnen Stufen der Wertschöpfungskette selbst an. Zu den E-Books gibt es das hauseigene elektronische Lesegerät Kindle oder das Tablet Kindle Fire, die gibt Firmenchef Bezos quasi zum Selbstkostenpreis ab, um das Geschäft ins Rollen zu bringen. Gleichzeitigt investiert er massiv in den Ausbau seiner digitalen Inhalte.
Der nächste Schritt
Die E-Books sind, so der Firmengründer, allein 2012 um 70 Prozent gewachsen, während gedruckte Ware nur um fünf Prozent zulegte. Der logische nächste Schritt: Wozu Inhalte bei Verlagen einkaufen, wenn man sie auch selbst drucken kann. Heinemann: "Es ist für mich so sicher wie das Amen in der Kirche, dass Amazon bald als eigener Verleger auftreten wird." Sobald Amazon genügend eigene Autoren gefunden oder anderen Verlagen abgeworben hat, kann Bezos selbst die Druckmaschinen anwerfen - und, und das ist der Clou - den Buchpreis selbst bestimmen. Für viele deutsche Verleger eine Horrorvorstellung.
Für Amazon ist der Buchhandel nur der Auftakt für eine weitere Expansion. Das Portal zählt erst 16 Kern-Warengruppen, ist erst in acht Ländern aktiv. Das Potenzial ist noch riesig. Und ob die aktuellen Diskussionen tatsächlich dazu führen, dass Amazon nicht nur an Reputation, sondern auch spürbar an Umsatz einbüßt, kann derzeit noch niemand sagen. Heinemann ist pessimistisch: "Die schütteln sich einmal und dann geht's weiter". Die Entscheidung liegt beim Kunden und der handelt nun mal oft nicht so, wie er es selbst für gut halten würden, sondern entscheidet sich nach einem Blick in den Geldbeutel für das Angebot mit dem günstigsten Preis.
Für Amazon hat die Schlacht gerade erst begonnen.