"Wir bieten dagegen ein offenen System an", erklärt der rührige Händler, "bei uns kann der Kunde das E-Book auf seinem Rechner speichern und hat es jederzeit zur Verfügung." Doch nur wenige wissen, dass auch kleine Buchhändler und Verlage E-Books anbieten und kaufen deshalb bei Amazon. Andere sind einfach zu bequem. Statt ins Zentrum zu fahren und dort Besorgungen zu erledigen, shoppen sie lieber von zuhause.
Die Gefahr, dass immer mehr Kunden den Kauf per Mausklick dem Bummeln in der Innenstadt vorziehen und irgendwann nur noch städtische Einöden zurückbleiben, hält Heinemann für durchaus real. Für einen mittelständischen Händler lohne sich schon jetzt eine Filiale in einer Stadt unter 50.000 Einwohner nicht mehr.
Bange macht ihm zudem die fortschreitende Vertikalisierung von Amazon. Schritt für Schritt bietet der Händler die einzelnen Stufen der Wertschöpfungskette selbst an. Zu den E-Books gibt es das hauseigene elektronische Lesegerät Kindle oder das Tablet Kindle Fire, die gibt Firmenchef Bezos quasi zum Selbstkostenpreis ab, um das Geschäft ins Rollen zu bringen. Gleichzeitigt investiert er massiv in den Ausbau seiner digitalen Inhalte.
Der nächste Schritt
Die E-Books sind, so der Firmengründer, allein 2012 um 70 Prozent gewachsen, während gedruckte Ware nur um fünf Prozent zulegte. Der logische nächste Schritt: Wozu Inhalte bei Verlagen einkaufen, wenn man sie auch selbst drucken kann. Heinemann: "Es ist für mich so sicher wie das Amen in der Kirche, dass Amazon bald als eigener Verleger auftreten wird." Sobald Amazon genügend eigene Autoren gefunden oder anderen Verlagen abgeworben hat, kann Bezos selbst die Druckmaschinen anwerfen - und, und das ist der Clou - den Buchpreis selbst bestimmen. Für viele deutsche Verleger eine Horrorvorstellung.
Für Amazon ist der Buchhandel nur der Auftakt für eine weitere Expansion. Das Portal zählt erst 16 Kern-Warengruppen, ist erst in acht Ländern aktiv. Das Potenzial ist noch riesig. Und ob die aktuellen Diskussionen tatsächlich dazu führen, dass Amazon nicht nur an Reputation, sondern auch spürbar an Umsatz einbüßt, kann derzeit noch niemand sagen. Heinemann ist pessimistisch: "Die schütteln sich einmal und dann geht's weiter". Die Entscheidung liegt beim Kunden und der handelt nun mal oft nicht so, wie er es selbst für gut halten würden, sondern entscheidet sich nach einem Blick in den Geldbeutel für das Angebot mit dem günstigsten Preis.
Für Amazon hat die Schlacht gerade erst begonnen.