Es könnte an der Fußball-Europameisterschaft, am 500. Jubiläum des deutschen Reinheitsgebotes oder dem überdurchschnittlich warmen Sommer gelegen haben. Fakt ist: Die deutschen Bierhersteller brauten 2016 mit über 96 Millionen Hektoliter Bier (Vorjahr: 95,7) wieder ein Absatzplus. Zwar nur ein hauchdünnes, aber immerhin. Es ist das dritte Jahr in Folge, dass die Branche den Abwärtstrend stoppen konnte und keine Einbußen verkraften musste. Ausschlaggebend für den zarten Zuwachs waren auch Erfolge der deutschen Brauereien im Ausland. In den Zahlen des Deutschen Brauer-Bundes (DBB), des Spitzenverbands der Brauwirtschaft, sind allerdings alkoholfreie Biere und Malztrunk nicht enthalten. Sonst hätte die Bilanz noch besser ausgesehen.
Wie in den beiden Vorjahren haben deutsche Brauereien aufgrund der wachsenden Nachfrage erneut deutlich mehr Bier ins Ausland verkauft. Bis Ende November 2016 konnte bereits ein Gesamtausfuhrüberschuss von 4,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum verzeichnet werden. Mit 15,7 Millionen Hektolitern wurde in elf Monaten so viel deutsches Bier exportiert wie nie zuvor. Das Absatzplus in Ländern außerhalb der EU lag mit 8,4 Prozent deutlich über der Ausfuhrbilanz innerhalb der EU (plus 0,8 Prozent). Besonders in Asien und Amerika wächst die Nachfrage nach deutschem Bier.
Pils bleibt Nummer 1
Pils blieb auch im Jahr 2016 mit rund 50 Prozent Marktanteil die beliebteste Biersorte der Deutschen. Auf den Plätzen zwei und drei folgen Export- und Weizenbiere. Im Aufwärtstrend sind Bierspezialitäten wie Kellerbiere, Landbiere oder Zwickelbiere. Durch das wachsende Angebot an Hopfen- und Malzsorten wächst auch die Vielfalt deutscher Craftbiere. Wichtige Impulse für den Biermarkt setzt die unverändert starke Nachfrage nach alkoholfreien Bieren und alkoholfreien Biermischgetränken. Mittlerweile gibt es nach Branchenschätzungen bundesweit mehr als 400 verschiedene alkoholfreie Marken – 50 mehr als noch im Vorjahr. Jeder 20. Liter Bier, der in Deutschland gebraut wird, ist alkoholfrei.
Veltins und Krombacher brauen auf Rekordniveau
Die Brauerei Veltins ist im vergangenen Geschäftsjahr deutlich stärker als der Markt gewachsen. Die Brauerei aus dem Sauerland steigerte ihren Absatz um 2,4 Prozent auf 2,85 Millionen Hektoliter. Besonders erfolgreich waren dabei die Traditionssorte Pils sowie das Landbier Grevensteiner Original, das um 57,5 Prozent zulegte. Der Umsatz der Brauerei wuchs aufgrund der aggressiven Preispolitik im Lebensmittelhandel etwas geringer um knapp zwei Prozent auf 315 Millionen Euro. Die gesamte Gruppe mit ihren Beteiligungen an Getränkefachgroßhändlern, Facheinzelhändlern und Logistikern erlöste 812 Millionen Euro.
Zutaten für Bier nach deutschem Reinheitsgebot
Malz wird je nach Biersorte aus Gerste oder Weizen gewonnen. Nach dem Reinheitsgebot soll bevorzugt Gerste zur Malzherstellung verwendet werden. Das Getreide wird mit Wasser vermengt, damit es keimt. Danach wird das Grünmalz ähnlich dem Rösten von Kaffee in der Darre getrocknet. Es gibt über 40 Sorten, etwa helles und dunkles Malz, Rauch- oder Karamellmalz.
Hopfen sorgt für den mehr oder weniger bitteren Geschmack des Bieres. Zudem beeinflusst er die Schaumkrone und erhöht die Haltbarkeit. Es gibt Bitter- und Aromahopfen. Der Braumeister kann aus über 200 Sorten auswählen. Meist nimmt er mehrere Sorten für einen Sud. Das größte Hopfenanbaugebiet der Welt liegt in der Hallertau, zwischen München und Nürnberg.
Hefe verwandelt bei der Gärung den Malzzucker in Alkohol, Kohlensäure und Wärme. Die Hefe prägt auch das Aroma des Biers maßgeblich mit. Es gibt 200 Hefestämme. Brauer unterscheiden zwischen obergärigen Hefen für Weizen- und untergärigen für Gerstenmalz. Untergärige sinken an den Boden der Flüssigkeit, Obergärige steigen auf.
Wasser ist der Hauptbestandteil jedes Biers. Seine Mineralstoffe beeinflussen den Geschmack. So wird das malzig-süße Münchner Dunkelbier mit hartem Wasser gebraut. Das feinherbe Pils hingegen braucht weiches, kalkarmes Wasser. Die Anforderungen an Brauwasser sind laut Trinkwasserverordnung höher als die an Trinkwasser.
Neben den starken Zuwächsen – freilich auf vergleichsweise geringer Basis - der regionalen Landbier-Spezialität Grevensteiner legt vor allem die Stamm-Marke Veltins Pilsener zu, die um 2,4 Prozent auf 2,22 Millionen Hektoliter zulegte.
Auch die beliebteste deutsche Pilsmarke Krombacher enteilte dem Gesamtmarkt. Der Umsatz mit Krombacher-Bieren stieg um 3,5 Prozent auf 622 Millionen Euro. Mit einem Ausstoß von 4,37 Millionen Hektolitern (+2,6 Prozent) steht Krombacher Pils für 63 Prozent der Gesamtproduktion des Getränkekonzerns. Das entspreche laut eigenen Angaben einem Marktanteil von knapp 10 Prozent in Deutschland.
Diese Nährstoffe stecken in hellem Bier (Pils)
Die Angaben der Nährwerte sind gerundete Durchschnittswerte und basieren auf dem Bundeslebensmittelschlüssel. Sie beziehen sich auf 100 Gramm des Produkts. Die Angaben des Tagesbedarfs beruhen auf den Durchschnittswerten der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) für einen gesunden Erwachsenen. Der tatsächliche Bedarf kann individuell abweichen (beeinflusst etwa durch Alter, Geschlecht, Gesundheitszustand).
Quelle: Deutsches Ernährungsberatungs- und -informationsnetz (DEBInet)
Kilokalorien (-joule): 42 (177)
Eiweiß: 0,5 Gramm
Fett: 0 Gramm
Kohlenhydrate: 3,1 Gramm
Alkohol: 4,0 Gramm
Übersicht der enthaltenen Vitamine auf 100 Gramm / in Klammern der empfohlene Tagesbedarf der DGE für Erwachsene
Folsäure: 6 Mikrogramm / (400 Mikrogramm)
Vitamin B2: 0,03 Milligramm / (1,2 - 21,4 Milligramm)
Vitamin B6: 0,06 Milligramm / (1,2 - 1,5 Milligramm)
Pantothensäure: 0,15 Milligramm / (6 Milligramm)
Biotin: 1 Mikrogramm / (30 - 60 Mikrogramm)
Niacinäquivalent: 953 Mikrogramm / (16 Milligramm)
jeweils auf 100 Gramm / in Klammern der empfohlene Tagesbedarf der DGE für Erwachsene
Natrium: 4 Milligramm / (6 Gramm)
Kalium: 55 Milligramm / (2 Gramm)
Magnesium: 10 Milligramm / (300 - 350 Milligramm)
Calcium: 4 Milligramm / (1 Gramm)
Eisen: 0,01 Milligramm / (12 - 15 Milligramm)
Phosphor: 32 Milligramm / (700 Milligramm)
Kupfer: 10 Mikrogramm / (1 - 1,5 Milligramm)
Zink: 0,03 Milligramm / (7 - 10 Milligramm)
Chlorid: 17 Milligramm / -
Fluorid: 1 Mikrogramm / -
Jod: 1,5 Mikrogramm / (200 Mikrogramm)
Mangan: 16 Mikrogramm / -
Schwefel: 16 Milligramm / -
Ähnlich wie der Gesamtmarkt legte Krombacher auch beim Export zu. Es macht mit einem Plus von 3,4 Prozent und einem Absatz von rund 210.000 Hektolitern allerdings nur einen geringen Teil des Gesamtgeschäfts aus. Das Geschäft mit Schweppes in Deutschland, unter das auch die Marken Orangina und Dr Pepper fallen, erreichten ebenfalls einen Höchststand und legte um vier Prozent auf knapp eine Million Hektoliter zu. Der Umsatz knackte erstmals die Marke von 100 Millionen Euro.
Seit Juli 2016 ist Krombacher auch alleiniger Lizenznehmer für Vitamalz, im September wurden die Markenrechte komplett übernommen. Der Ausstoß der Traditionsmarke sprang 2016 um 36 Prozent auf 180.000 Hektoliter.
Warsteiner schafft die Wende nicht
Nicht vom positiven Branchentrend profitieren konnte Warsteiner. Im Jahresvergleich zu 2015 lag der Bierabsatz für die Dachmarke Warsteiner im vergangenen Jahr bei minus 3,8 Prozent. Das ist zwar weniger als noch im Vorjahr (2015 lag das Absatzminus bei 7,4 Prozent), doch immer noch ein größeres Minus als nach einer optimistischen Halbjahresbilanz im Juli erwartet worden war.
Wie hoch der Bierausstoß der gesamten Gruppe ist, gibt die Brauerei nicht an. Martin Hötzel, Geschäftsführer für Vertrieb und Marketing, resümiert: „2016 war ein durchwachsenes Jahr. Nach einem guten Start im deutschen Handel und der Gastronomie mussten wir im zweiten Halbjahr Absatzrückgänge verzeichnen. Insgesamt sind wir mit unserem Bierabsatz in 2016 nicht zufrieden.“
Verfahren zur Herstellung von alkoholfreiem Bier
Alkoholfreies Bier ist nicht alkoholfrei. Je nach Herstellungsverfahren liegt der Alkoholanteil zwischen 0,02 und den maximal erlaubten 0,5 Volumenprozent. Die ursprüngliche Methode, um unterhalb dieses Grenzwertes zu bleiben, ist das Abbrechen des Gärprozesses – mittels Kälteschock. Dann vergärt die Hefe nur so wenig Zucker, dass sich keine nennenswerten Mengen Alkohol bilden können.
Hier fließt normales Bier durch einen senkrecht stehenden beheizten Zylinder, in dessen Innerem Unterdruck herrscht. So wird der Siedepunkt des Alkohols massiv gesenkt; er verdampft bereits bei einer Temperatur zwischen 35 und 45 Grad Celsius. Das schont die Aromastoffe im Bier. Das entalkoholisierte Getränk fließt in einen separaten Behälter ab.
Alkohol und Bier werden in mehreren Schritten getrennt. Bei Unterdruck fließt alkoholhaltiges Bier von unten in die Anlage, wird erwärmt und verdampft. Oben erhöht sich die Konzentration des Alkohols von Boden zu Boden – unten kann der Alkoholgehalt auf bis zu 0,05 Volumenprozent gesenkt werden. Der Vorteil: Aroma kann entzogen und am Ende wieder zugeführt werden.
Eine Membran trennt zwei Gefäße. In dem einen ist Wasser enthalten, im anderen das alkoholhaltige Bier. Eine Pumpe drückt das Bier im Gefäß nach unten. Die Membran lässt dann den Alkohol durch, der nach und nach ins benachbarte Wasser abwandert. Nachteil: Nicht nur der Alkohol, auch viel des im Bier enthaltenen Wassers und andere Inhaltsstoffe wandern hinüber.
Diese Methode braucht keinen Druck, sondern nutzt die Wirkung des Konzentrationsunterschieds verschiedener Flüssigkeiten. Durch eine röhrenförmige Hohlfasermembran fließt das alkoholhaltige Bier. Auf der Außenseite fließt in entgegengesetzter Richtung Wasser. Durch das Konzentrationsgefälle drängt der Alkohol durch die Membran – das Wasser nimmt ihn auf.
Bestätigt hat dagegen das alkoholfreie Segment der Warsteiner Brauerei seine guten Prognosen aus dem Sommer: Im gesamten Alkoholfrei-Segment verzeichnet die Warsteiner Brauerei ein Plus von 11,3 Prozent. Vor allem das „Warsteiner herb alkoholfrei“ scheint gut im Markt anzukommen; nach Brauerei-Angaben legte das alkoholfreie Herb im Vergleich zum Vorjahr um über 20 Prozent zu.
Als Grund dafür sieht die Brauerei vor allem die Markenbotschafter-Kampagne mit Jürgen Klopp. Mit dem Trainer des FC Liverpool waren im vergangenen Jahr mehrere Fernseh-Werbespots und Plakat-Kampagnen entstanden. Die Zusammenarbeit mit Klopp soll fortgesetzt werden.
Neue Strategie bei Bitburger
Die Brauerei aus der Eifel veröffentlicht ihre Um- und Absatzzahlen zwar erst im März, aber das stets gut informierte Branchenblatt "Inside" geht von einem hauchzarten Absatzrückgang der Brau-Gruppe aus, zu der auch die Marken König-Pils, Wernesgrüner, Köstritzer und Licher gehören.
Nach dem Chefwechsel von Werner Wolf zu Axel Dahm im Herbst vergangenen Jahres soll sich in diesem Jahr in der Eifel einiges ändern. Vieles aus der Ära Wolf stehe auf dem Prüfstand, heißt es im Umfeld des Unternehmens. Erste Duftmarken hat der ehemalige Gerolsteiner- und Berentzen-Manager schon gesetzt: Er kündigte die Zusammenarbeit mit dem Deutschen Fußball-Bund.
Den zehn Millionen Euro schweren Sponsoringvertrag hatte sein fußballbegeisterter Vorgänger – Wolf ist Mitglied im Verwaltungsrat des 1. FC Köln - noch kurz vor seinem Ausscheiden bis 2018 verlängert. Wolf seinerzeit: „Über das DFB-Sponsoring gelingt es uns, wichtige Zielgruppen mit einem Thema zu erreichen, welches sie in ihrem Alltag emotional berührt.“
Dahm scheint anderer Meinung. Auch bei seinem vorherigen Arbeitgeber Gerolsteiner – bei der Wassermarke aus der Vulkaneifel ist Bitburger Mehrheitsgesellschafter – hatte Dahm als eine seiner ersten Amtshandlungen das Sponsoring im Profi-Radsport (Team Gerolsteiner) beerdigt.