Das Reinheitsgebot feiert 500. Geburtstag, wir stoßen an mit einem kühlen Bierchen. Ausgehend vom Bierkonsum der Deutschen 2015 und der Standardbierglasgröße von 0,33 Litern – der maßverwöhnte Bayer mag nun lachen – haben wir allein im letzten Jahr mit mehr als 2,8 Milliarden Gläsern angestoßen. Dabei sind die Deutschen, obwohl bekannt für Bier, Wurst und Kraut, weder diejenigen, die am meisten Bier trinken, noch die, die es erfunden haben.
Während sich sehr leicht sagen lässt, wer die Weltmeister im Biertrinken sind (die Tschechen mit 143 Litern pro Jahr und Einwohner), ist die Frage nach dem Erfinder des Bieres deutlich schwieriger zu beantworten. Wenn man vom Ursprung des Bieres spricht, denken viele an Mönche im Mittelalter. Doch die waren es nicht, sie haben nur die Braukunst verfeinert.
Über den wahren Erfinder sind sich die Historiker uneins – waren es die Sumerer oder doch die Ägypter? Die Sumerer sollen sich um 4000 vor Christus den Gärvorgang erstmals zu Nutze gemacht haben. Ob man bei diesen ersten Brauversuchen mit vergorenem Brotteig von Bier sprechen kann, da streiten sich die Experten. Sicher ist: Der Mensch berauscht sich, seit es ihn gibt.
Und seitdem der Mensch Getreide anbaut und erntet, was seit etwa 10.000 Jahren der Fall ist, dürfte er wissen, dass Getreidebrei gärt, wenn man ihn ein wenig stehen lässt. Was sich die einzelnen Völker in verschiedenen Ausprägungen zu Nutze gemacht haben: Während die Sumerer Brotteig gären ließen, brauten die Asiaten Bier-ähnliche Getränke aus Reis, in Afrika ließ man Hirse gären und in Lateinamerika Mais.
Die Geschichte des Bieres
Der Anthropologe Jeremy Geller entdeckt Ende der 1980er Jahre Überreste einer Brauerei in Oberägypten, die sich auf die Zeit um 3500 bis 300 v.Chr. datieren lassen.
Aus der Zeit um 2500 v. Chr. stammen die ersten Dokumente, die Bier tatsächlich als solches erwähnen. So standen den Arbeitern, die die Pyramiden von Giseh errichteten, pro Tag zwei Krüge Bier und drei Laib Brot zu. Der Sumerologe Samuel Noah Kramer entdeckte außerdem eine Tontafel aus der Zeit um etwa 2100 v. Chr., auf der Bier als Heilmittel bei Krankheiten angepriesen wird.
600 Jahre später gab es in Mesopotamien, also dem heutigen Irak und dem Nordosten des heutigen Syriens, bereits 20 verschiedene Biersorten.
Noch einmal 100 Jahre später wird das erste Reinheitsgebot der Welt verfasst – und zwar im damaligen Mesopotamien. Ein Loblied an Ninkasi, Göttin des Bieres und der Brauer, hält fest, wie damals Bier hergestellt wurde. Nämlich aus Gerste, Malz, Gewürzen und Wasser. Zwischen 1730 und 1685 vor Christus entstand der Kodex Hammurapi, der als wichtigste Textsammlung des antiken Mesopotamiens gilt. Bei dem Kodex handelt es sich um eine Stele mit Richtersprüchen und Urteilen, die heute im Louvre ausgestellt ist. Diese Gesetzessammlung enthält auch Richtlinien für die Herstellung und den Verkauf von Bier.
Die ersten Fundstücke, die auf die Bierherstellung in Deutschland hinweisen, stammen aus der Zeit von 800 v. Chr. Demnach waren auf deutschem Boden die Oberfranken die ersten, die Bier gebraut haben. Von da an machte das Bier eine steile Karriere in Deutschland – sowohl als Getränk für die ärmeren Bevölkerungsschichten, als auch als Handelsware. 768 nach Christus machen die deutschen Bierbrauer eine wichtige Entdeckung: Um das Bier würziger und länger haltbar zu machen, benutzen sie von da an zusätzlich Hopfen.
Jetzt kommen die Mönche ins Spiel: 814 wird der Plan für das Benediktinerkloster St. Gallen entworfen. Dieser Plan beinhaltet neben dem reinen Kloster auch drei Brauereien.
Frühe Vorschriften zu Qualität und Preis des Bieres in Deutschland wurden bereits im 12. Jahrhundert erlassen. Eine Festlegung auf Wasser, Malz und Hopfen als Rohstoffe erfolgte für München 1487 durch Herzog Albrecht IV. von Bayern.
Als Vorläufer des Reinheitsgebotes gilt unter anderem eine „Biersatzordnung“, die Herzog Georg den Reichen 1493 für das damals von ihm regierte Teilherzogtum Niederbayern erließ.
Am 23. April 1516, erlässt der bayerische Herzog Wilhelm IV. die Vorschrift, dass zur Herstellung von Bier „allain Gersten, Hopfen und Wasser genommen und gepraucht sölle werden“.
Im Jahr 1906 wurde das bis dato nur für Bayern gültige Reinheitsgebot zum Reichsgesetz und galt somit für ganz Deutschland. Zeitgleich fingen die Menschen an, wehrloses Bier mit Limonaden oder Wasser zu verdünnen.
Durch eine Änderung im deutschen Biersteuergesetz dürfen Mischbiere – Cola-Bier, Radler, Bananenweizen und sonstige Obst- oder Bier-Enenergydrink-Mischungen - als fertige Flaschen- oder Dosengetränke im Handel vertrieben werden.
Unsere Vorfahren brauten Bier allerdings weniger wegen seiner berauschenden Wirkung. Der Urtypus hatte Historikern zufolge in der Regel auch kaum mehr als drei Prozent Alkoholgehalt.
Bier war vielmehr Nahrungsmittel – flüssiges Brot im wahrsten Sinne des Wortes. So nahmen beispielsweise die Sumerer auf langen Märschen eine Art Instant-Bier zu sich, indem sie eine Getreidemischung mit Wasser vermengten. Je länger die Reise dauerte, desto weiter schritt der Gärungsprozess voran.
Auch bei Ägyptern war Bier Bestandteil einer Mahlzeit. Bei den Griechen diente Bier als Heilmittel gegen Fieber. Bei den Römern war Bier eine billige und nahrhafte Mahlzeit für die Soldaten.