Bierbrauerei AB Inbev Weltbier-Anspruch nicht erfüllt: Steht die Biermarke Beck's bald zum Verkauf?

Die Biermarke Becks kämpft mit den Coronafolgen. Quelle: Imago

Die Brauerei Beck’s aus Bremen kämpft mit den Folgen der Coronakrise – und nicht nur damit. Das selbst ernannte Premiumbier hat an Strahlkraft und Glanz verloren. Bald könnte es gar zum Verkauf stehen.

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Es war eine große Überraschung für die Bremer, als 2001 der Beck's-Chef Dieter Ammer die an der Weser gelegene Brauerei für 3,5 Milliarden D-Mark an das belgische Unternehmen Interbrew, heute Anheuser-Busch Inbev (ABInbev) verkaufte. Nur hatte Ammer schlicht keine Lust mehr auf Bier, er wechselte zunächst zum Einzelhändler Tchibo und später zum Solarunternehmen Conergy. Beck‘s war für ihn Geschichte und das Bier, das den Schlüssel des Bremer Stadtwappens auf seinem Logo integriert hat, ist seitdem ein kleiner Teil der weltweit größten Brauereigruppe, die im vergangenen Jahr einen Umsatz von rund 54 Milliarden Dollar einfuhr.

20 Jahre später könnte auch der neue Inhaber bald keine Lust mehr auf Bremer Bier haben. Der Mutterkonzern ABInbev prüft laut Informationen des Nachrichtendienstes „Bloomberg“ offenbar die Trennung von einigen seiner Biermarken. Ob darunter auch Beck's fällt, ist unklar. Es gibt Spekulationen. Das Unternehmen will das nicht kommentieren. Die norddeutsche Brauerei  wurde jedenfalls einst mit großen Hoffnungen in die ABInbev-Familie aufgenommen – und könnte nun verstoßen werden.

Die Premiummarke aus Bremen geht schweren Zeiten entgegen. Die Coronakrise hat den Durst der Deutschen auf Bier allgemein reduziert – darunter leidet auch Beck's. Heute hat ABInbev neue Zahlen für 2021 präsentiert. So stieg der um Sondereffekte bereinigte Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) um elf Prozent auf 19 Milliarden Dollar (16,9 Mrd Euro). Damit erholte sich der Konzern vom Corona-Schock des Vorjahres. Doch 2022 stellt man sich bereits auf ein geringeres Gewinnwachstum ein. Und die Marke Beck's hat an Glanz und Strahlkraft verloren, erste Händler verramschen die Kisten bereits und auch intern wurden die großen Pläne für Beck's als Weltmarke offenbar eingedampft.



ABInbev ist ein Getränkegigant mit Sitz in Belgien. Zu der Biergruppe gehören neben Beck's auch die Bremer Pilsmarke Haake-Beck, das Issumer Altbier Diebels, die Brauerei Hasseröder aus Wernigerode und die Weizenmarke Franziskaner in der Sparte der Löwenbräu-Gruppe. Mit einem Absatz von mehr 530 Millionen Hektoliter im Jahr 2020 ist ABInbev der mit Abstand größte Braukonzern der Welt.

Doch ABInbev steht unter Druck und könnte sich genötigt fühlen, weniger rentable Geschäftsbereiche zu streichen und Schulden abzubauen. Deutsche Marken im Vergleich zu größeren Marken wie Stella Artois aus Belgien oder Heineken NV seien weniger exportfähig. Obwohl Deutschland etwa ein Viertel aller Biere des Kontinents braut, exportiert es nach Angaben der Europäischen Kommission weniger als die Nachbarländer Belgien und die Niederlande.

Ob damit auch Beck‘s der Verkauf drohe, will das Unternehmen nicht kommentieren. Es wäre ein fatales Zeichen für die Stadt, eine Zäsur. Beck & Co. gehört mit seinen Marken Haake-Beck und Beck’s zu Bremen wie die Weser oder der Fußballligist SV Werder Bremen. Rund 1000 Mitarbeiter beschäftigt das Unternehmen an dem Standort. Auch wäre es für ABInbev insgesamt ein schlechtes Zeichen, im Vergleich der Inlandsabsätze war Beck's mit über 2,5 Millionen Hektoliter vor Corona die wichtigste Marke des Konzerns. Bei Betrachtung aller deutscher Biermarken sind nur noch Krombacher, Oettinger oder Bitburger beliebter.

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Noch wird zumindest am Bremer Flussufer gebraut, an vielen Tagen riecht die Neustädter Luft nach Hefe und Malz. Schon von der anliegenden B6 können Autofahrer die gestapelten Bierkisten erspähen und einen Blick auf das 55 Meter hohe braun-graue Verwaltungshochhaus werfen, das seit 2019 unter Denkmalschutz steht. Der Turm steht direkt an der Weser und ist der Brückenkopf und das Eingangstor der Bremer Neustadt. Zeitgleich ist er der große Werbeträger mit der riesigen Aufschrift ABInbev. In den 70er Jahren ließ sich die Haake-Beck-Brauerei auf ihrem Betriebsgelände das zehnstöckige Verwaltungsgebäude nach Entwürfen des Architekten Ewald Brune errichten. Im Inneren des Gebäudes gibt es eine Spirale von Großraumbüros.

Doch die Spirale scheint bei Beck’s eher abwärts zu laufen. Noch immer ist die Brauerei stark von Corona gebeutelt. Größere Festveranstaltungen, traditionell ebenfalls ein wichtiges Geschäftsfeld der Brauereien, wurden tausendfach abgesagt. Das Unternehmen hofft, dass große Zusammenkünfte in diesem Jahr wieder möglich sein werden. „Unsere Produkte stehen für genau das: ein geselliges Beisammensein, eine unbeschwerte Zeit mit Freunden und Familie“, sagt ein Sprecher von Beck‘s. Doch genau das gab es wie auch schon 2020 nicht so wirklich. Laut dem Beratungsunternehmen Brand Finance ist der Markenwert von Beck’s im Jahresvergleich bis Mai 2021 um rund 27 Prozent gesunken. Damit rutschte die Brauerei im Ranking der 100 wertvollsten deutschen Marken von Platz 83 auf Platz 97.

Noch immer hat die Corona-Krise fatale Auswirkungen auf die Branche. Die von mittelständischen und handwerklichen Familienbetrieben geprägte deutsche Brauwirtschaft ist der engste Partner des Gastgewerbes. Entsprechend stark sind die Brauereien seit 2020 von den Lockdowns für Gaststätten, Restaurants, Kneipen, Bars, Cafés und Hotels betroffen gewesen. „Auch der Export“ sei „immer wieder beeinträchtigt“ gewesen, sagt eine Sprecherin des Deutschen Brauer-Bundes, insbesondere in Regionen, die ähnlich stark von restriktiven Corona-Maßnahmen betroffen waren wie Deutschland. Die Lage habe sich „zuletzt aber deutlich stabilisiert“.

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