Bierkonsum Wie die deutschen Brauer gegen sinkende Absätze kämpfen

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Produkte abseits vom Reinheitsgebot

Das sind die ungewöhnlichsten Biere der Welt
Hvalur Þorrabjór SteðjaDie isländische Brauerei Stedji hat neben Erdbeerbier und Lakritzbier auch ein ganz spezielles Gebräu im Angebot. "What makes this beer special is that its ingredients is Pure icelandic water, malted barley, hops and sheep shit-smoked whale balls", heißt es auf der Homepage. Das Bier mit geräuchertem Finnwal-Hoden zog - wenig überraschend - den Groll von Tierschützern auf sich. Das Brauhaus Stedji hatte schon 2014 Aufsehen erregt, als es ein Bier aus Walmehl auf den Markt gebracht hatte. Wie damals soll das Getränk mit einem Alkoholgehalt von 5,1 Prozent für das isländische Winter-Fest Thorrablot produziert werden, bei dem die Inselbewohner traditionelle Gerichte wie Schafköpfe oder -hoden verspeisen. Die Walschutzorganisation „Whale and Dolphin Conservation“ in München verurteilte das Vorhaben. 2014 habe die Walfangfirma „Hvalur hf“, mit der die Mini-Brauerei zusammenarbeitet, 137 bedrohte Finnwale getötet, hieß es in einer Mitteilung. „Stedji“ betonte auf seiner Internetseite, alle nötigen Erlaubnisse für Produktion und Verkauf des Bieres eingeholt zu haben. Quelle: Screenshot
Cave Creek Chili BeerAnhand seiner Inhaltsstoffe schon deutlich exotischer ist da Cave Creek Chili Beer. Anders als bei vielen alkoholischen Getränken mit Chiliaroma schwimmt hier die Peperoni in der Flasche. Quelle: Screenshot
McOrkneyMcOrkney schmeckt dagegen bloß nach Whisky. Für den besonderen Geschmack nutzen die Brauer Malz, das in einem Torfofen geräuchert wird. Ganz so wie bei der Whiskyherstellung. Quelle: Screenshot
Samuel Adams Triple BockIm "Triple Bock" der Brauerei Samuel Adams Beer Company kommt Ahornsirup zum Einsatz. Das beschert dem Bier einen Alkoholgehalt von 17,5 Prozent sowie einen süßlichen Geschmack. Quelle: Screenshot
Pink PantherTatsächlich in Deutschland beheimatet ist dagegen "Pink Panther". Das Biermischgetränk mit Hibiskus stammt aus einer kleinen Kölner Brauerei mit dem Namen "Braustelle". Quelle: Screenshot
Flying Fox LagerDas im Himalaja beheimateten "Flying Fox" kommt zwar ohne Blüten aus, dafür wird es aus Gerstenmalz und Reis gebraut. Quelle: Screenshot
Fraoch - Heather AleEine kleine Brauerei nordwestlich von Edinburgh braut das Fraoch/Heather Ale nach historischem Rezept aus dem 16. Jahrhundert. In den Sud des Bieres kommt anstatt Hopfen Gagelstrauch sowie Heidekraut. Quelle: Screenshot

Was ist also das Problem der Brauerei-Landschaft in Deutschland? "Wir haben in Deutschland leider unsere Vielfalt verloren", sagt Schnitzler. "Hier schmeckt alles gleich", sagt er. Vor allem die Fernsehbiere - werbestarke Marken wie Veltins, Warsteiner, Bitburger oder Krombacher - seien kaum noch zu unterscheiden. Dabei könne man mit Bier so viel machen, auch mit dem Reinheitsgebot: Starkbier, Schwarzbier, milde und würzige Biere. "Aber man hat sich in den vergangenen Jahrzehnten anscheinend darauf konzentriert, möglichst alles glatt zu bügeln."

Die deutsche Bierbranche ist international nicht wettbewerbsfähig und wird es auch nicht werden. Eine Studie, die WirtschaftsWoche Online exklusiv vorliegt, zeigt, wie schlecht es um die Brauereien steht.
von Rebecca Eisert

Der Trend hat mittlerweile eine Gegenbewegung erzeugt: In den USA haben in den vergangenen Jahren aus genau diesem Grund Craft-Biere an Beliebtheit gewonnen, und auch in Deutschland nimmt die Zahl der kleinen Brauereien mit außergewöhnlichen Bieren zu. Selbst die großen Konzerne machen mit. So hat die Radeberger Gruppe, Deutschlands größter Brauereikonzern, mit dem Ableger "Braufactum" eine eigene Craft-Brauerei gegründet. Dort produzieren internationale Braumeister dunkle Biere mit Kaffee-Aromen und schwarzer Johannisbeere. Alles, was nicht nach fadem Einheitsgeschmack klingt. Das Reinheitsgebot spielt bei den neuen Produkten allerdings kaum eine Rolle.

Wettstreit um das Kulturerbe

"Ich glaube nicht, dass wir das hier in Deutschland brauchen. Wir stehen hier doch für was", sagt Michael Schnitzler. Nämlich Handwerkskunst, für Hopfen, Malz und Hefe.

Das Reinheitsgebot bleibt in Schnitzlers Augen der Kern der Identität der deutschen Brauer. Völlig unrealistisch ist der Wunsch nicht, dass diese auch zum Weltkulturerbe erklärt wird. Auch die türkische Kaffeekultur, die kroatische Lebkuchen-Backkunst und die französische Reitkunst haben es schon auf die Unesco-Liste geschafft.

Nur sind die deutschen Brauer nicht die einzigen, die ihr Können als Weltkulturerbe begreifen. Auch die Belgier haben die Anerkennung ihrer Brautradition beantragt. Ein Reinheitsgebot gibt es dort jedoch nicht: Das belgische Bierangebot gilt als besonders vielfältig. Auch, weil die Belgier gerne mal völlig andere Zutaten zu Hopfen und Malz in den Kessel schmeißen.

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