Bilanzskandal Schwankender Möbelriese Steinhoff verkauft Luxusjet

Während Banken und Geldgeber noch über die Zukunft von Steinhoff verhandeln, trennt sich das Unternehmen von allem, was sich versilbern lässt. Ein erst im vergangenen Jahr gekaufter Luxusjet soll wieder verkauft werden.

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Ein Luxusjet dieses Typs sollte die langen Flüge zwischen Europa und Südafrika für das Steinhoff-Management angenehmer gestalten. Jetzt wird er verkauft. Quelle: Imago

Düsseldorf Die Gulfstream 550 mit ihren cremefarbenen Ledersitzen bot goldfarben schimmernde Wasserhähne im Bad und dezente Perserteppichmuster im Gang. Dazu auf Hochglanz lackierte Holzarmaturen und Marmor. Erst im April vergangenen Jahres erwarb der Steinhoff-Konzern mit Sitz in Südafrika den eleganten Jet. Er sollte dem Ex-Chef Markus Jooste und dem übrigen Management die langen Flüge zwischen Europa und Südafrika angenehmer gestalten. Knapp 25 Millionen Dollar ist der Jet laut der Webseite eines Maklers in Monaco wert. Zuletzt startete die Maschine mit dem Kennzeichen A12CF4 am 3. Dezember von Frankfurt aus nach Kapstadt. Danach kam bei Steinhoff der große Knall. Jetzt stellt das Unternehmen die Gulfstream wieder zum Verkauf, ergaben Recherchen des Handelsblatts und der Nachrichtenagentur Bloomberg.

Das Schicksal des Privatjets steht für das gesamte Drama eines Konzerns, der vor wenigen Monaten noch als Erfolgsstory galt. In atemberaubendem Tempo hatte der zweitgrößte Möbelriese nach Ikea unter Ex-Chef Markus Jooste immer neue Firmen dazugekauft. Der einst kleine Möbelhändler aus Deutschland war unter Joostes Regie zu einem Konzern mit weltweit 130.000 Beschäftigten und einem angeblichen Umsatz von 20 Milliarden Euro gewachsen. Bis Wirtschaftsprüfer Anfang Dezember 2017 ihre Unterschrift nicht mehr unter die Zahlen setzen wollten. Die Steinhoff-Aktie verlor binnen zwei Tagen bis zu 80 Prozent ihres Wertes.

Jooste musste zwei Tage nach der Rückkehr der Gulfstream aus Europa, am 5. Dezember, von seinem Posten zurücktreten. Das Papier notiert seither nur noch als Penny-Stock. Ratingagenturen senkten die Noten für Anleihen des Konzerns auf Ramschniveau. Stück für Stück enthüllt sich nun das Ausmaß des Desasters. Liquiditätsengpässe gestand der Konzern am Mittwoch ein, man verhandele weiterhin um Lösungen. Die Versicherer für Lieferantenkredite haben ihre Linien gesenkt. Über zehn Milliarden Euro Bankschulden bestätigte der Konzern schon kurz vor Weihnachten. Aus dem Verhandlungsmarathon in London dringen nur vereinzelt kleinere Meldungen nach außen. Die Bilanzen müssten bis in das Jahr 2015 revidiert werden, hieß es am 2. Januar.  

Der Konzern schlägt nun nicht nur einen verzichtbaren Luxusjet los. Am Freitag meldete Steinhoff, man habe auch die Immobilie des Flagship-Stores von Kika/Leiner in Wien an den Investor Rene Benko verkauft. Das Geschäft selbst sei davon nicht betroffen. Der Verkauf gehe weiter wie zuvor. Kika/Leiner soll nach Medienberichten die Löhne im Dezember verspätet gezahlt haben. Schon im Dezember hatte Steinhoff eine Beteiligung an der südafrikanischen Investmentgesellschaft PSG verkauft. Daraus seien dem Konzern umgerechnet 293 Millionen Euro zugeflossen.

Eine positive Nachricht kam am Freitag aus London. Die US-Investmentfirma Davidson Kempner habe der europäischen Steinhoff-Tochter Pepkor, zu der etwa die Billigwarenkette Poundland und der Möbelkonzern Harveys gehören, liquide Mittel in Höhe von 210 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, meldete das Analysehaus GlobalData. Damit werde Pepkor von Steinhoff unabhängiger. Doch das sei keine Entwarnung: „Wir wissen nicht, zu welchen Bedingungen dieser Kredit vergeben ist, und welche Sicherheiten verlangt wurden“, sagte Anlalyst Patrick Obrien dem Handelsblatt. Auch bei Poundland haben Lieferantenkredit-Versicherer ihre Linien heruntergefahren.

Doch was sind schon 210 Millionen Euro? Der Verkauf der Gulfstream 550 oder eines Kaufhauses in Wien lösen Schulden in zweistelliger Milliardenhöhe nicht auf.

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