Auch in Deutschland steht der Konzern immer wieder in der Kritik. Die Gewerkschaft Verdi kritisiert etwa, dass Primark-Mitarbeiter nicht nach Tarif bezahlt werden. Ende vergangenen Jahres kontrollierte das NRW-Gesundheitsamt mehrere Filialen, weil wegen der ausdünstenden Chemikalien aus der Billig-Kleidung Schadstoff-Grenzwerte überschritten worden sein sollen – ohne Ergebnis.
In der vergangenen Woche wurde bekannt, dass Primark ins Visier der deutschen Datenschutzbehörden geraten ist. Stein des Anstoßes: Bei der Diebstahlsicherung verlässt sich Primark auf ein engmaschiges Netz an Videokameras. Gefilmt wird in den Filialen nahezu überall: in Verkaufsräumen, Fluren, Aufzügen und im Lager. "Das Ausmaß dieser Überwachung ist nicht akzeptabel und es verletzt das Persönlichkeitsrecht von Beschäftigten und Kunden", kritistiert Verdi.
Imageschaden für Primark
Dem Kundenzuspruch hat all die Negativ-Presse offenbar kaum geschadet. In der Essener Primark-Filiale ist es voll wie eh und je. Nicht, dass die Medienberichte überhaupt keine Spuren hinterlassen. "Die kritische Berichterstattung über Arbeitsbedingungen, Datenschutzverstöße und schadstoffbelastete Textilien bei Primark setzten der Marke im letzten Halbjahr zu", sagt Holger Geißler vom Markt- und Meinungsforschungsinstitut YouGov.
Das ist noch nett formuliert. Tatsächlich ist das Image von Primark völlig im Eimer. Anfang Februar 2015 erreicht Primark im YouGov-Markenmonitor BrandIndex nur -20 Indexpunkte. Das Image ist im Vergleich zu anderen Textilhändlern wie H&M (+25 Indexpunkte) also wesentlich schlechter. In der Wahrnehmung der Verbraucher steht einzig der Textil-Discounter Kik noch miserabler da (-27 Indexpunkte).
Die beliebtesten Textilhersteller
Mango (+20 Indexpunkte)
Quelle: YouGov BrandIndex Ranking: Marke des Jahres 2014
Der BrandIndex gibt auf einer Skala von -100 bis +100 Punkten an, wie Verbraucher das Image einer Marke bewerten.
Vero Moda (+22 Indexpunkte)
H & M (+26 Indexpunkte)
Peek & Cloppenburg (+36 Indexpunkte)
C & A (+39 Indexpunkte)
Primarks schlechtes Image ist den Kunden offenbar egal
Das schlechte Image aber ist den Kunden offenbar ebenso egal wie die Produktionsbedingungen im Ausland. Sie strömen weiter in die Läden. Fast jede Neueröffnung verursacht lange Schlangen und Tumulte unter den Kunden, die es selbst beim Verkauf neuer Apple-Produkte nicht gibt. Primarks Absatz, so scheint es, ist kugelsicher. Egal wie groß der Skandal wirklich ist, egal wie mit wie viel Schmutz die Gegner werfen. An dem irischen Unternehmen perlt alles ab.
Der Psychologe und Konsumforscher Hans-Georg Häusel macht dafür zwei Faktoren verantwortlich. Zum einen ist da die Primark-Zielgruppe selbst: Die ist sehr jung. 15 bis 25 Jahre ist der durchschnittliche Billigmode-Kunde laut Marktforschern alt. Viele von ihnen kommen aus bildungsfernen Schichten und müssen mit wenig Geld haushalten. Nicht nur, dass sie wenig über die Hintergründe der Billigklamotten erfahren - sie sind auf günstige Waren angewiesen.
Der Konzern nutzt die Psyche der Shopper
Entscheidender für Primarks Unverwundbarkeit ist aber, wie der Konzern die Psyche der Shopper nutzt. "Menschen sind ganz allgemein für die Belohnung durch Schnäppchen anfällig", sagt Konsumforscher Häusel. Glauben die Kunden, ein wertiges Produkt zum niedrigen Preis zu bekommen, freuen sie sich über ihren Jagderfolg. Auch in der Moderne funktioniert das Jäger-und-Sammler-Prinzip.
Die umsatzstärksten Modehändler der Welt
El Corte Inglés
Umsatz 2013: 14,789 Mrd. US-Dollar
Quelle: Statista, Stand: 2015
The Gap
Umsatz 2013: 16,149 Mrd. US-Dollar
Quelle: Statista
Marks and Spencer
Umsatz 2013: 16,391 Mrd. US-Dollar
Quelle: Statista
Kohl's
Umsatz 2013: 19,031 Mrd. US-Dollar
Quelle: Statista
H&M
Umsatz 2013: 19,729 Mrd. US-Dollar
Quelle: Statista
Inditex (Beinhaltet Großhandelsumsätze)
Umsatz 2013: 22,265 Mrd. US-Dollar
Quelle: Statista
LVMH (Schätzung)
Umsatz 2013: 24,392 Mrd. US-Dollar
Quelle: Statista
TJX
Umsatz 2013: 27,423 Mrd. US-Dollar
Quelle: Statista
Macy's
Umsatz 2013: 27,931 Mrd. US-Dollar
Quelle: Statista
Sears
Umsatz 2013: 36,188 Mrd. US-Dollar
Quelle: Statista
Egal ist dabei, dass das Gefühl nur kurz hält. Dauerhaft zufrieden macht Primark-Mode offenbar selten. In einer Umfrage der Strategieberatung OC&C zur Zufriedenheit mit der Ware landet Primark auf den hinteren Plätzen, nur knapp vor Kik.
Beide Unternehmen verfolgen "eine klare Preisführerpositionierung und belegen konsequent erneut die Spitzenpositionen beim Preis, landen dafür aber bei Qualität weit hinten", heißt es in der Studie. Bei einer Jeans für zehn und einem T-Shirt für vier Euro erwartet offenbar niemand, dass Zufriedenheit inklusive ist. Hauptsache der Hintern ist bedeckt – möglichst modisch.