Wenn Kinder im Plastikkugel-Bad versinken, Männer auf Elchen schaukeln, Frauen Teelichter im Tausenderpack kaufen und in der Küchenabteilungen Ehen über der Frage „Fronten in Eierschale oder Porzellanweiß“ zerbrechen, dann ist Samstag in Deutschland. Familien gehen am Wochenende gerne in den Zoo – oder zu Ikea. Meist geht es dort ähnlich zu.
Möbel kaufen ist Stress. Niemand, der eine neue Wohnung bezieht oder die alte aufmöbeln will sagt: „Ach, wie schön: Das Gedränge, die muffige Teppichabteilung, die Schlepperei, der Schrank, der leider doch 0,3 Zentimeter zu hoch ist.“
Kein Wunder also, dass sich viele Möbelshopper wünschen, der Einkauf wäre genauso bequem, wie der Sessel, für den sie sich interessieren. Ein möglicher Ausweg: Onlineshopping. Natürlich löst der Einkauf im Netz nicht alle Probleme - aber zweifellos einige. Statt sich mit Kind und Kegel durch die gefühlt restlichen 82 Millionen Deutschen durch die Gänge zu schieben, verschafft man sich entspannt vom heimischen Sofa aus den Überblick. Probiert im Küchenkonfigurator, was am besten wohin passt, vergleicht bequem Preise und schickt mit einem Klick die Bestellung ab – eine Woche später kommt die Küche, wird montiert – fertig. Klingt traumhaft oder? Und ist heute schon möglich. Wer den Couchbezug nicht zwingend befühlen will oder nicht mit eigenen Augen prüfen möchte, ob die Front „Eierschale“ eine Nuance ins Gelb geht, weil sich nach zwei Wochen sowieso rote Tomatensoßenspritzer darauf finden, für den ist der Möbelkauf online die perfekte Lösung, findet auch Gerrit Heinemann, Professor für Betriebswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt Trade und Retail und Leiter des eWeb Research Centers an der Hochschule Niederrhein.
"Es gibt überhaupt keinen Grund weiter zu behaupten, Möbel seien nicht onlinefähig, auch wenn wir hier noch in der Lernphase sind." Deshalb setzt jetzt auch Ikea - das liebste Möbelhaus der Deutschen – auf den Verkauf im Netz.
Derzeit haben die Schweden 3.500 Möbel & Co. im Onlineangebot und setzten 2012 nur magere 92 Millionen Euro im Internet um. Jetzt sollen nochmal so viele Produkte rund ums Wohnen und Einrichten folgen wie Ikea-Deutschland-Chef Peter Betzel kürzlich im Interview mit den Handelsblatt verkündete. 700 Millionen Euro investieren er dafür in den Aufbau neuer IT und den Um- und Ausbau der Logistik. Im Versandzentrum Dortmund etwa wurde die Zahl der Packtische mehr als verdoppelt und einen Nachtschicht eingeführt, um dem erwarteten Ansturm Herr zu werden. Im vergangenen sei der Onlineumsatz bereits um 70 Prozent auf 160 Millionen Euro nach oben geschnellt. "Ziel ist ein Onlineanteil von zehn Prozent bis 2020, und das schaffen wir auch“, gibt sich Betzel zuversichtlich.
Doch selbst mit dem verdoppelten Warenangebot gleicht Ikea im Onlinemarkt eher einem Beistelltisch, denn einer Einbauschrankwand. Ganz anders als in den USA, dort ist Ikea bereits der fünftgrößte E-Commerce-Händler. Heinemann: „Im Moment hält man sich hier noch zurück, aber die Schweden stehen mit Knowhow und Erfahrung in der Poleposition und können auf dem deutschen Markt jetzt relativ entspannt die Online-Offensive vorbereiten“.
Das Online-Geschäft wächst
Ikea teilt sich den deutschen Möbelmarkt mit regionalen Monopolisten wie XXXLutz , Segmüller, Höffner oder Schaffrath. Gerade die klassischen Einrichtungshäuser haben die Entwicklungen im Internet unterschätzt. Dirk-Uwe Klaas, Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Deutschen Möbelindustrie (VDM): „Der Möbelhandel verpennt das Online-Geschäft. Am Wachstum des Möbelgeschäfts wird er deshalb nicht partizipieren.“
André Kunz vom Bundesverband des Deutschen Möbel-, Küchen- und Einrichtungs-Fachhandels (BVDM) bestätigt, nur branchenfremde Online-Profis organsierten das wachsende Geschäft mit Möbel-Kauf im Internet: „Da kann ich nicht widersprechen. Der Möbel-Handel ist dabei, sich die Butter vom Brot nehmen zu lassen.“ Das sei „ein schwieriges Thema“ in der Branche.
Viele Möbelhäuser stellen nur einen Bruchteil ihrer Waren online zum Verkauf, verstehen das Internet immer noch als Schaufenster für die Einrichtungshäuser. XXXL, die Möbelhäuser mit dem roten Stuhl, starteten erst im Oktober 2013 mit einem eigenen Webshop. „Hier kann man sich einen guten Überblick über unser umfangreiches Sortiment verschaffen und Produkte einfach auswählen. Wer zusätzlich eine fachliche Beratung oder unseren umfangreichen Service in Anspruch nehmen will, ist in einem der 27 stationären Einrichtungshäusern bestens aufgehoben“, lässt sich Helmuth Götz, Mitglied der Geschäftsführung der XXXL- Möbelhäuser in einer Pressemitteilung zitieren.
Das Potenzial, das noch im Markt steckt, verkennen die Regionalfürsten. Dabei ist das Online-Geschäft mit Möbeln im vergangenen Jahr gegenüber 2012 laut Kunz um 30 Prozent gewachsen. Vier Prozent der Möbelkäufe wickelten die Deutschen 2013 schon online ab – Waren im Wert von 627 Millionen Euro. „Sieben bis acht Prozent“, erwartet Kunz, „werden es 2020 sein.“ Zählt man die in den Möbelhäusern verkauften Wohnaccessoire-Sortimente hinzu, ist der Online-Anteil am Gesamtgeschäft schon heute nahe sieben Prozent und wird bald zweistellig sein.
Was Sie noch nicht über Ikea wussten
Ikea: ein Erfolgsmodell, kinderfreundlich, emanzipiert, weltoffen und umweltbewusst. Johan Stenebo kratzte an diesem Bild. Da war von Intrigen, Bespitzelung, Rassismus im Konzern die Rede. Und Stenebo, ausgebildeter Betriebswirt, musste wissen, wovon er spricht. 20 Jahre lang hat er es immerhin bei Ikea gearbeitet. Einem Unternehmen, das er immer noch liebt; von dem er aber auch sagt, dass es auf Lügen aufgebaut ist.
Im November 2009 hat dieses Buch für großes Aufsehen gesorgt, nicht nur in Schweden. Johan Stenebo hat 20 Jahre für Ikea gearbeitet - und jetzt packt er aus. Das Buch ist mittlerweile auch auf Deutsch erschienen. Stenebo arbeitete sich hoch bis ins Top-Management von Ikea und wurde sogar persönlicher Assistent von Ikea-Gründer Ingmar Kamprad. Anfang 2009 verließ Stenebo das Unternehmen und begann, sein Enthüllungsbuch zu schreiben.
Stenebo gab zu, dass er sich mit Peter Kamprad, dem als Kronprinzen gehandelten Sohn des Ikea-Gründers, überworfen habe. Außerdem sei das Buch doch gar keine Abrechnung: „Viele, die mein Buch gelesen haben, empfinden es als Liebeserklärung“, sagte Stenebo vor kurzem.
Bibliographie Johan Stenebo, Die Wahrheit über Ikea Campus Verlag, Frankfurt am Main, 2010, 286 Seiten
Und darin wird deutlich, dass das Image von Ingmar Kamprad nicht so ganz der Wahrheit entspricht. Doch viele der Anekdoten über ihn seien laut Stenebo frei erfunden. Dass er ein extrem bescheidener Mensch sei mit einem 30 Jahre alten Sofa. Dieser Geiz werde zwar ausgeschlachtet und übertrieben dargestellt, im Kern aber durchaus richtig. In Wirklichkeit führe Kamprad Ikea „wie eine Sekte“. Das Unternehmen sei nicht ohne Grund eines der „verschlossensten der Welt“.
Bei Ikea würden „Stasi-Methoden“ gelten, schreibt Stenebo, worunter die Mitarbeiter enorm leiden. Sie würden bespitzelt, Frauen diskriminiert. Ausländer seien als „Neger“ beschimpft worden und hätten deutlich weniger Chancen gehabt, Karriere zu machen, als Schweden aus der nahen Umgebung.
Stenebo geht noch weiter: Ikea würde es mit dem Umweltschutz nur vordergründig Ernst meinen. Bei Lieferanten gehe es zu sehr um den Preis, eine intensive Prüfung der Produktionsmethoden gebe es allzu oft nicht. Die „Barnslig“-Teppiche sollen von pakistanischen Kindern geknüpft werden. Der Konzern selbst spricht bei all dem von den „Ansichten einer Privatperson“, auf die man nicht eingehen wolle. Für Stenebo hat es sich jedenfalls gelohnt. Er gibt inzwischen Seminare in Unternehmensführung und hält Vorträge.
Kamprad wird immer wieder Alkoholsucht nachgesagt: Er soll laut Stenebo „regelmäßig geradezu geplante Perioden ohne Alkoholkonsum“ gehabt haben, sich dazwischen aber „sinnlos betrunken“ haben. Allerdings sei das sehr viel weniger aufgefallen, als man gerüchteweise hört. Der Autor selbst habe Kamprad „nie trinken sehen“. Auch Kamprads Entscheidungen seien nie vom Alkohol beeinflusst gewesen. Auch in einer anderen Hinsicht verteidigt Stenebo seinen Ex-Chef: „Neonazistische Sympathien“ habe Kamprad nicht, er sei „absolut kein Antisemit“. Andere Autoren behaupten dies immer wieder.
Ein Beispiel für die Sturheit des Unternehmensgründers sei der Entscheidungsprozess gewesen, einen ein Homeshopping-Konzept einzuführen oder nicht. Viele Ikea-Manager hatten große Pläne, hohe Summen wurden für Vorstudien ausgegeben. Grundsätzlich gab es stets ein großes Vertrauen in die Entscheidungen Kamprads, schließlich hatte er meistens Recht behalten. Doch in diesem Fall wäre kein Manager seiner Auffassung gewesen, wie Stenebo schreibt. Und die aktuellen Zuwachsraten des Internethandels hätten schließlich auch bestätigt, dass es eine falsche Entscheidung war.
Doch warum ist Ikea wirklich so erfolgreich? Die Lektüre von Stenebos Buch lohnt sich, auch um diese Frage zu beantworten. Denn zwischen den Zeilen schwingt große Begeisterung mit, wenn er von den drei wesentlichen Erfolgsgeheimnissen spricht. Und „Geheimnis“ darf man in diesem Fall wörtlich nehmen, denn bisher waren viele dieser Punkte so detailliert nicht bekannt...
Das erste der drei Top-Geheimnisse ist die Wertschöpfungskette Ikeas. Stenebo beschreibt die im Detail. Vereinfacht gesagt schaffen es die Schweden, billiger und besser als die Konkurrenz zu sein, in dem sie vor allem den Rohstoff preisgünstig bekommen: Hunderttausende Hektar Holz schlägt Ikea Jahr für Jahr, doch trotz der massiven Rodungen ist das Konzept nachhaltig. Mit großem Geschick sicherte sich das Unternehmen rechtzeitig ausreichend Waldareale, um langfristig die steigende Nachfrage decken zu können. Dazu kam ein Konzept von Sägewerken und der dahintersteckenden Logistik. Ikea arbeitet sehr eng mit der Swedwood AB zusammen. Die gegenseitige Abhängigkeit schweißt die beiden Firmen zusammen.
1400 Firmen beliefern Ikea derzeit in über 70 Ländern: eine weltweit einzigartige Maschinerie, die sich um die sogenannte Preis-Mengen-Spirale dreht: „Beginne bei einem Lieferanten mit einem guten Volumen und drücke die angebotenen Preise für das Versprechen, ihm ein paar Jahre treu zu bleiben“, schreibt Stenebo. Jahr für Jahr würde dann die Menge erhöht, natürlich gegen üppige Preissenkungen. Die Spirale dreht sich, dank des Einkaufsgeschicks der Ikea-Manager. Auf lange Sicht schrumpfte die Zahl der Ikea-Lieferanten auf 1400 zusammen; zwischenzeitlich waren es mal sehr viel mehr.
Nicht funktioniert hat dieses Konzept in China, zumindest nicht im Inland. Jahrelang habe sich Ikea auf Filialen in den Küstenregionen beschränkt. Nachteilig war für Ikea, dass Europäer die Einkaufsbüros geführt haben. Die Umzüge der Familien war teuer, so Stenebo. Zudem hat ein gewisser Anteil Einheimischer große Vorteile. Es gelang Ikea praktisch nicht, die richtigen Kooperationspartner in China zu finden. Ähnlich ist es auch Russland.
Die Arbeit der Entwickler beginnt stets mit der Idee für das Produkt, beispielsweise ein Coachtisch. Natürlich soll er billig sein. Die Entwickler müssen also preiswertes Material verwenden wie Kiefer oder Fichte. Zudem müssen sie an Material sparen, wo es geht, man es aber nicht sieht. Jetzt kommen Designer ins Spiel, denn einen fadenscheinigen Tisch will ja auch niemand. Parallel gibt es intensive Gespräche mit den Lieferanten. Das Schema ist bei Ikea stets dasselbe und endet beim Produktrat. Ingvar Kamprad hat dann das letzte Wort, auch beim Namen des Produkts, der eine große Rolle spielt.
Die Kehrweite der Medaille: Ikea steht in dem Verdacht, beim Design sich allzu sehr von Konkurrenten inspirieren zu lassen. Stenebo schreibt dazu: „Während der 70er- und 80er-Jahre klaute das Unternehmen ungeniert.“ Dann aber bildete sich ein „schlechtes Gewissen“ und Ikea gab mehr Geld für gute Designer aus. Heute würde nur noch wenig gestohlen; zumindest nicht mehr, als in der Branche üblich ist.
Ikeas Herzstück sind aber zweifelsohne die großen Einrichtungshäuser. Jedes hat vier Teile: Möbelausstellung, Markthalle, Kassenbereich und das Lager. Stenebo beschreibt das clevere System folgendermaßen: „Dass Ikea den Kunden an der Nase fasst und ihn bewusst so durch das Einrichtungshaus führt, dass er möglichst viel kauft.“ Die großen gelben Taschen bieten viel Platz für kleine, spontane Käufe. Diese „Impulsware“ geschickt zu positionen, ist bei Ikea eine Wissenschaft für sich.
Volle Lager kosten Geld. Deshalb gibt es bei Ikea nur eine Periode im Jahr, in der es äußerst wichtig ist, dass alle Lager voll sind, nämlich den Herbst. Denn im August kommt der große Katalog heraus. Ikea verkauft 40 Prozent des Jahresvolumens von September bis Dezember. Wenn in dieser Phase die gefragtesten Produkte nicht auf Lager sind, ist das höchst ärgerlich für den Konzern.
Ein Beispiel für preiswerte Produkte sind Energiesparlampen in der 90er-Jahren: Kartellbindungen hatten den Preis für eine Lampe auf 200 bis 250 Schwedische Kronen festgelegt. Eine gewöhnliche Glühbirne kostete damals fünf Kronen. Kamprad wollte aber, dass Ikea dennoch Energiesparlampen verkauft, um umweltfreundlich dazustehen. Also ließ er chinesische Lieferanten suchen, die das Patent umgehen konnten. Ikea verkaufte die Lampen zum Selbstkostenpreis. Das Ziel war nicht, etwas an ihnen zu verdienen, sondern das Image aufzupolieren. Ikea verlangte 20 Kronen, der Markt brach praktisch zusammen.
Besonders ist bei Ikea die Sprache, eine Art „Schwenglisch“. „Diese Art des Pidgin Englisch ist der Standard für jeden, der Karriere bei Ikea machen will“, schreibt Stenebo. Damit ist eine stark vereinfachte Version des Englischen gemeint, mit einem geringen Vokabular. Der Zweck ist eine pragmatische Kommunikation im Alltag. Diese Sprache mag effektiv sein, hatte aber in England und den USA viele Nachteile.
In der Online-Lücke, die der Möbelhandel lässt, machen sich neben den Versandspezialisten aber auch andere findige Unternehmer breit. Wilhelm Josten etwa, Gründer und Chef der Lifestyle-Kette Butlers mit Hauptsitz in Köln, verkauft in seiner bundesweit schnell expandierenden Ladenkette längst nicht mehr nur Geschirr und Accessoires, sondern auch Tische, Stühle, Schränke, Sideboards. Die die Kunden können die Möbel auf der Butlers-Homepage und über den 2012 erstmals gedruckten Möbelkatalog ordern. Das funktioniert so gut, dass Josten jetzt in Berlin und Köln eigene - stationäre - Möbelhäuser eröffnet hat. Auch in Wien und anderen Metropolen will der Butlers-Macher bald Ikea und anderen Möbel-Platzhirschen Konkurrenz machen.
Auch der US-Internetriese Amazon hat bereits Möbel im Angebot, der Online-Design-Shop Fab will ins Möbelgeschäft einsteigen, ebenso wie der Online-Bad- und Sanitärausstatter Reuter.de. Und die klassischen Versandhäuser wie Otto, Baur oder Heine sind schon seit Jahrzehnten Profis im Versenden von Schränken und Sideboards. Die Fachzeitschrift Möbel Kultur geht von rund 250 Online-Anbietern aus, davon stammen die wenigsten aus dem stationären Handel.
Großangriff auf das Zalando der Möbelbranche
Ikea weiß um die harte Konkurrenz und versucht seine Kunden auf allen Kanälen ins Netz zu locken. Im aktuellen Herbst-Winter-Katalog finden sich Hinweise auf Online-Videos und auf die neue App. 1,7 Millionen mal wurde sie in der deutschen Sprachversion bereits heruntergeladen. Mit Hilfe des Miniprogramms lässt sich testen, wie sich Billy und Pax im eigenen Wohnzimmer machen. Allerdings funktioniert das erst mit wenigen Produkten. Einmal ausgereift, könnten solche Programme den Durchbruch für den Möbelkauf Online bringen. Umso erstaunlicher, dass sich der derzeit größte ausschließliche Möbel-Online-Händler home24 damit zurückhält. „Wir haben derzeit keine Pläne, Augmented Reality anzubieten, schließen es für die Zukunft nicht aus. Wir müssen in diesem Bereich nicht die ersten sein“, sagt home24 Geschäftsführer Domenico Cipolla gegenüber WirtschaftsWoche Online.
So kämpferisch wie noch 2011 wirkt das Portal mit einem Großsortiment von 60.000 Produkten nicht mehr. Home24 ging an den Start mit dem Ziel den Samstag „zum möbelhausfreien Tag“ zu machen. Investor Oliver Samwer sprach vom "Großangriff", home24 sollte das Zalando der Möbelbranche werden und Ikea vom Thron stoßen. Nicht mehr am "Arsch der Welt" wie das Unternehmen provokant warb, sondern im Internet sollten die Leute nun ihre Möbel kaufen. 2011 setztehome24 seriösen Schätzungen nach rund 360 Millionen Euro um - bis 2017 sollte der Umsatz auf zwei Milliardenanschwellen und die Marge vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen bei über 17 Prozent liegen. Doch so rasant wie geplant wuchs home24 nicht. 2012 fuhr das Möbelportal laut Medienberichten einen Verlust von mehr als 40 Millionen Euro ein. Cipolla möchte sich zu den konkreten Zahlen nicht äußern. „Seit unserer Gründung haben wir unseren Umsatz jedes Jahr mehr als verdoppelt und so wollen wir auch weitermachen.“ Mit 2013 sei man sehr zufrieden. „Wir haben deutliche Schritte in Richtung Profitabilität gemacht. Wie schnell wir die Gewinnzone erreichen, hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab und wir diskutieren das intern kontinuierlich.“ Die schwarze Null lässt voraussichtlich noch zwei bis drei Jahre auf sich warten. Home24 erkauft sich – wie auch Zalando - sein Wachstum durch immense Ausgaben für Marketing und Werbung. Und „der Durst“ sei noch nicht gestillt, versichert Cipolla. Der Launch von home 24 in der Schweiz steht unmittelbar bevor. „Wir denken natürlich auch über weitere Märkte nach“, verrät Cipolla.
Bruchquoten verringern
Ikea gibt sich trotz der zahlreichen Konkurrenz entspannt: "Wir wollten das Geschäft, die Infrastruktur, gut organisieren und sauber aufbauen. Es ist etwas anderes, ob man Bücher und Kleidung verschickt oder Möbel. Dahinter steckt eine hochkomplexe Lager- und Logistikwirtschaft. Daran haben wir lange gearbeitet - und damit den Grund gelegt, jetzt anzugreifen", erklärt Ikea-Deutschland-Chef Betzel.
Die Retourenquote, die alle Onlinehändler so fürchten, ist im Möbelgeschäft weitaus geringer. Home24-Chef Cipolla berichtet von deutlich weniger als zehn Prozent. Viel problematischer für die Händler ist dagegen die Möbeln heil bis zum Kunden zu bringen. Im ersten Geschäftsjahr zog sich home24 den Ärger der Kunden zu, weil Teile beschädigt oder nicht im versprochenen Zeitfenster geliefert wurden. Mittlerweile hat man den Versand besser im Griff. Cipolla: „Wenn ich unsere Bruchquote im Vergleich zu unseren Mitbewerbern sehe, bin ich sehr zufrieden. Allerdings sehen wir im Interesse unserer Kunden nach wie vor Verbesserungspotenzial.“
Ikea - Daten und Fakten
337 Ikea-Möbelhäuser gibt es weltweit.
.... steuerten im vergangenen Geschäftsjahr ihre Einkaufswagen durch die Ikea-Möbelhäuser.
.... so viele schwedische Fleischbällchen wandern in diesem Jahr über die Tresen der Ikea-Restaurants.
131.000 Männer und Frauen sind weltweit bei Ikea beschäftigt.
Im Geschäftsjahr 2012/2013 Jahr setzte Ikea 27,9 Milliarden Euro um. Ein Plus von drei Prozent. Damit liegt der Konzern deutlich unter seinem Ziel von 10 Prozent.
221 Millionen Kataloge ließ Ikea für 2013 drucken – jeder ist über 300 Seiten stark.
430.000 Paletten haben Platz im größten Warenverteilzentrum der Welt, das Ikea auf einer Industriebrache in Dortmund baute.
In Zukunft, da ist sich E-Commerce-Experte Heinemann sicher, werden nur die Händler wettbewerbsfähig bleiben, die es schaffen die Kunden auf allen Kanälen - im stationären wie im Online-Handel mit gutem Service und einer sinnvollen Verknüpfung der verschiedenen Verkaufsmöglichkeiten anzusprechen.
"Es ist doch völlig klar, dass Kunden von E-Commerce nur Vorteile haben, die sie nicht mehr hergeben werden. Sie wollen Technik benutzen und werden sich ihre Vorteile nie wieder nehmen lassen: beispielsweise unbegrenzten Informationszugang, Transparenz und Effizienz. Die Kunden wollen das so! Ignorieren und weitermachen wie bisher funktioniert nicht. Seine Kunden zu verstehen, sollte der Anspruch eines Händlers sein. Aus diesem Verständnis heraus sollte er Mehrwerte für seinen Kunden und damit Geschäft für sich generieren."