Das Filialnetz baut sich langsam auf. Wer auf der Homepage des Bio-Lebensmittelhändlers Alnatura beim Filialfinder so weit herauszoomt, dass ganz Deutschland zu sehen ist, sieht nur schleppend Punkte hinzukommen. So ähnlich schien es in der jüngeren Vergangenheit auch um das physische Netz an Verkaufsstellen zu verlaufen. Die schleppende Erhöhung an Filialen ist jedoch nicht die größte Sorge von Unternehmensgründer und -Chef Götz Rehn.
Die langen juristischen Auseinandersetzungen mit der Drogeriekette dm zeigen noch immer ihre Spuren. Die Kette dm hatte die beliebten Produkte immer öfter aussortiert und durch eigene Bio-Produkte ersetzt. Die Jahrzehnte währende Kooperation zwischen Götz Rehn (Alnatura-Gründer) und seinem Schwager Götz Werner (dm) kam zu einem Ende. Im Juni diesen Jahres zog Werner seine Klage um Markenrechte gegen seinen Rehn zurück. Seitdem kocht jeder sein eigenes Bio-Süppchen. dm in seinem umfangreichen Filialnetz, Alnatura mit eigenen Geschäften und seinen Produkten in den Regalen von Edeka.
Alnatura-Gründer Rehn blickt nach dem abgeschlossenen Geschäftsjahr 2016 optimistisch in die Zukunft – mit einem Umsatzplus von gerade mal einem Prozent. Die Richtung aber stimme. "Mit dieser positiven Entwicklung setzt Alnatura den Konsolidierungskurs fort, der aufgrund der Auslistung beim ehemals größten Handelspartner dm-Drogeriemarkt erforderlich geworden war.", teilt das Unternehmen im Zuge seiner Jahresbilanz mit.
Der Stammsitz in Bickenbach wird zudem kommendes Jahr verlassen und Rehn zieht in ein neues Gebäude in Darmstadt, dem Campus. 13.500 Quadratmeter Bürofläche auf 55.000 Quadratmeter renaturiertem Grund auf den ehemaligen Kelley Barracks, Fassade aus Lehm, Erdkanal für Frischluft aus dem nahen Wald und ein Waldorfkindergarten. Für die dortigen 500 Mitarbeiter sollen Arbeitsbedingungen herrschen, wie sie den Werten des Unternehmens entsprechen.
Und es werden mehr. Denn Alnatura wächst langsam, aber es wächst. 770 Millionen Euro erwirtschaftete die Marke im abgelaufenen Geschäftsjahr, dessen Charakter das Unternehmen selbst als Konsolidierungskurs bezeichnet. Um 250 auf 2900 ist die Zahl der Mitarbeiter gestiegen. 19 eigene Märkte wurden eröffnet – Rekordexpansion in der 30-jährigen Unternehmenshistorie.
126 Mal ist die Marke mit eigenen Geschäften deutschlandweit vertreten, teils mit der Erschließung neuer Städte wie Offenbach oder Lübeck, teils mit Erweiterung des Netzes in Berlin und Köln. Kommendes Jahr soll mit Erfurt, Potsdam und Leipzig vor allem in den östlichen Bundesländern die Kraft der Marke in Umsatz verwandelt werden.
Trotz der Expansion hat Alnatura ein großes Problem: Die Mitbewerber wachsen schneller. Da hilft zwar, dass Alnatura in Deutschland nach dem Ende der Kooperation mit dm nun bei Edeka erhältlich ist. Und noch ist das Gefälle beim Umsatz zwischen Alnatura und Händlern beim Umsatz groß. Doch Mitbewerber Denn’s beispielsweise konnte mit 17 Filialen vor zehn Jahren sich kontinuierlich vergrößern und liegt nun bei 215 Filialen. Das 1974 von Thomas Greim gegründete Unternehmen besitzt zwar einen Agrarbetrieb, vermarktet aber sonst keine eigenen Marken.