Biolebensmittel Alnaturas erzwungener Optimismus

Alnatura und dm - über Jahrzehnte eine fast symbiotische Beziehung. Nach dem Ende der Geschäftsbeziehung berappelt sich Alnatura wieder mit positiven Zahlen – wächst jedoch langsamer als Mitbewerber.

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So sehen die neuen Zentralen der deutschen Handelsriesen aus
Auf einem ehemaligen Kasernengelände in Darmstadt entsteht zurzeit das europaweit größte Bürogebäude aus Lehm: die neue Unternehmenszentrale der Biokette Alnatura. Sie soll Platz für rund 500 Mitarbeiter bieten. Quelle: PR
Das Alnatura-Gebäude wird über keinerlei technische Klimatisierung verfügen, sondern soll über einen Erdkanal mit Frischluft aus einem angrenzenden Wald versorgt werden. Auf dem Campus wird auch ein Waldorfkindergarten für rund 80 Kinder nicht fehlen. Es soll öffentliche Schul- und Erlebnisgärten sowie ein vegetarisches Bio-Restaurant geben. Der Bezug der neuen Alnatura-Zentrale ist für Anfang 2018 geplant. Quelle: PR
An der Fassade der neuen Konzernzentrale prangt das Logo - ein geschwungenes A in blau. Die Dächer sind begrünt, die einzelnen Gebäudeteile terrassenförmig angelegt. So sieht in Simulationen die neue Konzernzentrale von Aldi Nord am Stammsitz in Essen aus. Sie soll von Ende 2020 an Platz für 800 Mitarbeiter bieten. Das Areal, auf dem auch die bisherige Zentrale steht, bietet Expansionsmöglichkeiten für mehr als 2000 Mitarbeiter. Baubeginn ist Anfang 2018. Was hinter dem Bau-Plänen steckt, lesen Sie hier. Quelle: PR
In der lichten Eingangshalle des neuen Gebäudekomplexes will Aldi Nord laut eines Berichts der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung" auch an den 2010 gestorbenen Firmengründer Theo Albrecht erinnern. Dessen im Original erhaltenes Büro soll als Museumsstück gezeigt werden. Auf der Simulation ist auch ein Aldi-Laden im Inneren der Zentrale zu erkennen. Quelle: PR
In der Kurstadt Bad Wimpfen am Neckar nahe Heilbronn entsteht das neue Hauptquartier von Lidl Deutschland. 1300 Mitarbeiter sollen spätestens Anfang 2020 ein terrassenförmiges Gebäudeensemble beziehen, das in den kommenden Monaten für einen dreistelligen Millionenbetrag aus dem Boden gestampft wird. Über vier Hektar soll sich das Lidl-Areal erstrecken, samt unterirdischen Boulevards und hauseigenem Fitnessparcours. Ein Modell zeigt ein Gelände, das sich mit begrünten Flächen in die Umgebung fügt. Es sei das erste Mal in der Geschichte des Unternehmens, dass „wir für ein Verwaltungsgebäude so einen riesigen Aufwand“ betreiben, sagte jüngst Klaus Gehrig, Chef der Schwarz-Gruppe, zu der neben Lidl auch die Handelskette Kaufland gehört. Quelle: PR
Ähnlich spektakulär sind die Pläne von Zalando. Der Online-Modehändler lässt in Berlin-Friedrichshain den Zalando-Campus errichten, einen Bürokomplex für insgesamt rund 5000 Mitarbeiter. Kernstück ist ein Gebäude, das auf sieben Stockwerken 29 000 Quadratmeter Bürofläche vorsieht. Der futuristische Bau mit geschwungener Fassade soll ab 2018 die bisher vom Unternehmen genutzten Immobilien in Berlin ergänzen. Quelle: PR
Der börsennotierte Online-Modehändler - erst 2008 in einer Berliner Altbauwohnung als Schuhversender gegründet - ist rasant gewachsen. Inzwischen hat das Unternehmen weltweit 11 000 Mitarbeiter. Der neue Gebäudekomplex soll neben Büros auch große Gemeinschaftsflächen bereithalten, die wie Lounges wirken und in denen - so viel Start-Up-Folklore muss sein – auch Tischkicker und Tischtennisplatten stehen sollen. Quelle: PR

Das Filialnetz baut sich langsam auf. Wer auf der Homepage des Bio-Lebensmittelhändlers Alnatura beim Filialfinder so weit herauszoomt, dass ganz Deutschland zu sehen ist, sieht nur schleppend Punkte hinzukommen. So ähnlich schien es in der jüngeren Vergangenheit auch um das physische Netz an Verkaufsstellen zu verlaufen. Die schleppende Erhöhung an Filialen ist jedoch nicht die größte Sorge von Unternehmensgründer und -Chef Götz Rehn.

Die langen juristischen Auseinandersetzungen mit der Drogeriekette dm zeigen noch immer ihre Spuren. Die Kette dm hatte die beliebten Produkte immer öfter aussortiert und durch eigene Bio-Produkte ersetzt. Die Jahrzehnte währende Kooperation zwischen Götz Rehn (Alnatura-Gründer) und seinem Schwager Götz Werner (dm) kam zu einem Ende. Im Juni diesen Jahres zog Werner seine Klage um Markenrechte gegen seinen Rehn zurück. Seitdem kocht jeder sein eigenes Bio-Süppchen. dm in seinem umfangreichen Filialnetz, Alnatura mit eigenen Geschäften und seinen Produkten in den Regalen von Edeka.

Alnatura-Gründer Rehn blickt nach dem abgeschlossenen Geschäftsjahr 2016 optimistisch in die Zukunft – mit einem Umsatzplus von gerade mal einem Prozent. Die Richtung aber stimme. "Mit dieser positiven Entwicklung setzt Alnatura den Konsolidierungskurs fort, der aufgrund der Auslistung beim ehemals größten Handelspartner dm-Drogeriemarkt erforderlich geworden war.", teilt das Unternehmen im Zuge seiner Jahresbilanz mit.

Deutschlands größte Lebensmittelhändler
Gute Zeiten für LebensmittelhändlerDie Lebensmittelhändler können größtenteils auf ein gutes Jahr zurückblicken. Bis auf wenige Ausnahmen verbuchten alle Unternehmen ein Umsatzwachstum - manche sogar im zweistelligen Bereich. Der Gesamtumsatz der zehn umsatzstärksten Händler in Deutschland lag bei rund 210 Milliarden Euro. Wobei ein Viertel davon allein auf den ersten Platz entfällt.Quelle: TradeDimensions, Lebensmittelhandel Deutschland 2014 Quelle: dpa
Bartels-Langness Quelle: PR
Globus
Rossmann Quelle: dpa
dm Quelle: dpa
Lekkerland
Metro-Gruppe Quelle: dpa

Der Stammsitz in Bickenbach wird zudem kommendes Jahr verlassen und Rehn zieht in ein neues Gebäude in Darmstadt, dem Campus. 13.500 Quadratmeter Bürofläche auf 55.000 Quadratmeter renaturiertem Grund auf den ehemaligen Kelley Barracks, Fassade aus Lehm, Erdkanal für Frischluft aus dem nahen Wald und ein Waldorfkindergarten. Für die dortigen 500 Mitarbeiter sollen Arbeitsbedingungen herrschen, wie sie den Werten des Unternehmens entsprechen.

Und es werden mehr. Denn Alnatura wächst langsam, aber es wächst. 770 Millionen Euro erwirtschaftete die Marke im abgelaufenen Geschäftsjahr, dessen Charakter das Unternehmen selbst als Konsolidierungskurs bezeichnet. Um 250 auf 2900 ist die Zahl der Mitarbeiter gestiegen. 19 eigene Märkte wurden eröffnet – Rekordexpansion in der 30-jährigen Unternehmenshistorie.

126 Mal ist die Marke mit eigenen Geschäften deutschlandweit vertreten, teils mit der Erschließung neuer Städte wie Offenbach oder Lübeck, teils mit Erweiterung des Netzes in Berlin und Köln. Kommendes Jahr soll mit Erfurt, Potsdam und Leipzig vor allem in den östlichen Bundesländern die Kraft der Marke in Umsatz verwandelt werden.

Trotz der Expansion hat Alnatura ein großes Problem: Die Mitbewerber wachsen schneller. Da hilft zwar, dass Alnatura in Deutschland nach dem Ende der Kooperation mit dm nun bei Edeka erhältlich ist. Und noch ist das Gefälle beim Umsatz zwischen Alnatura und Händlern beim Umsatz groß. Doch Mitbewerber Denn’s beispielsweise konnte mit 17 Filialen vor zehn Jahren sich kontinuierlich vergrößern und liegt nun bei 215 Filialen. Das 1974 von Thomas Greim gegründete Unternehmen besitzt zwar einen Agrarbetrieb, vermarktet aber sonst keine eigenen Marken.

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