BrandIndex
Die Adidas-Läden bleiben geschlossen – Miete will Adidas nun trotzdem zahlen. Quelle: REUTERS

Adidas und die Mieten: Das Markenimage leidet

Mehrere Unternehmen hatten angekündigt, vorerst keine Mieten mehr zahlen zu wollen. Die Reaktion der Verbraucher: großes Unverständnis. Adidas trifft es am härtesten. Wohl gerade, weil die Marke bisher sehr beliebt war.

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Für Außenstehende ist es schwer bis gar nicht möglich zu beurteilen, in welchen finanziellen Schwierigkeiten ein Unternehmen aufgrund der Coronakrise wirklich steckt. Beispiel Adidas: Einerseits hat der Sportartikelhersteller in den vergangenen 20 Jahren den Gewinn fast jedes Jahr gesteigert und 2019 fast zwei Milliarden Euro verdient. Andererseits ist der Einzelhändler massiv von den Ladenschließungen auf der ganzen Welt betroffen. „Das hält selbst ein gesundes Unternehmen wie Adidas nicht lange aus“, heißt es in der Pressemitteilung vom 1. April.

Dass auch wirtschaftlich gesunde Unternehmen wie Adidas in der aktuellen Ausnahmesituation drastische Maßnahmen ergreifen müssen, ist offensichtlich. Allerdings werden manche von den Verbrauchern eher akzeptiert als andere. Adidas hatte sich Ende März dazu entschieden, vorläufig Mietzahlungen für Filialen auszusetzen – genauso wie auch H&M und andere Unternehmen, vor allem Mode- und Bekleidungsgeschäfte.

Wahrnehmung: Schlechte Nachrichten über Adidas

Im YouGov-Markenmonitor BrandIndex können wir die Auswirkungen solcher öffentlichkeitswirksamer Entscheidungen nachvollziehen. Die Reaktion vieler Verbraucher, aber auch Politiker, lässt erahnen: Adidas hat mit der Entscheidung, die Mietzahlungen einzustellen, Sympathien verloren. Der Buzz, eine Dimension des BrandIndex, die anzeigt, wie positiv oder negativ Nachrichten über eine Marke bewertet werden, macht das in Zahlen deutlich: Der Wert hat sich zeitweise auf ein Niveau verschlechtert, das Adidas seit mindestens fünf Jahren hinter sich gelassen hatte. Auch der allgemeine Eindruck hat messbar schwer gelitten. Die Analyse, die das Unternehmen in der eigenen Pressemitteilung formuliert, ist zutreffend: „Ihre Meinung ist eindeutig: Sie sind von Adidas enttäuscht.“

Da er stets brillante Zahlen vorlegt, gilt Kasper Rorsted als Ausnahmemanager. Da überrascht es wenig, dass Adidas seinen Vertrag nun um fünf Jahre verlängert. Aber der Adidas-Chef hat auch Kritiker.
von Peter Steinkirchner, Mario Brück

Dass das Vorhaben von Adidas mehrheitlich negativ bewertet wird, hätten die Adidas-Manager womöglich antizipieren können. In einer für viele kleine wie große Geschäfte und Privatpersonen finanziell schwierigen Situation, in der die meisten aber weiter ihre Miete bezahlen (und das auch müssen), ist es schwer nachvollziehbar, warum gerade ein internationaler Konzern mit Milliardengewinnen das nicht tun will – zumal in den meisten Medienberichten nicht zu lesen war, wie Adidas die Entscheidung gegenüber den Vermietern erklärt hat.

Entschuldigung bekommen weniger Menschen mit

Nun hat Adidas dazu gelernt, sich entschuldigt, die Mietzahlungen werden fortgesetzt: „Wir haben einen Fehler gemacht und damit viel Vertrauen verspielt.“ Einer solchen Reaktion gebührt Anerkennung – und sie zeigt Wirkung: der Buzz ist auf dem langsamen Weg der Besserung. Das, was die Verbraucher über Adidas wahrnehmen, wird wieder etwas häufiger positiv bewertet als noch vor ein paar Tagen.

Adidas und andere Unternehmen können aus all dem mindestens zwei Sachen lernen: Drastische Maßnahmen müssen sehr gut erklärt und mit proaktiver Transparenz begleitet werden. Deichmann zum Beispiel musste klarstellen, dass es nie darum ging, die Miete nicht zahlen zu wollen, sondern die Vermieter zu bitten, sie zu stunden. Und: Eine Entschuldigung wird in der Regel weniger wahrgenommen als der ursprüngliche Aufreger. Auch das können wir messen: In unserem Zielgruppen-Analyse-Tool YouGov Profiles geben 68 Prozent der Verbraucher an, von der Ankündigung etwas mitbekommen zu haben, dass Adidas die Mieten für seine Filialen nicht zahlen will. Von der Entschuldigung selbst haben dagegen nur 48 Prozent gehört.

Adidas besonders betroffen

Neben Adidas haben einige andere Marken ebenfalls angekündigt, die Mieten vorerst nicht zu zahlen. Doch keine Marke hat damit so viel Aufmerksamkeit erregt wie der Sportartikelhersteller. Die BrandIndex-Dimension „Attention“ misst, wie viele Menschen generell etwas von einer Marke mitbekommen haben. Schauen wir uns die Daten auf Wochenbasis an, gaben am 5. April 45 Prozent der Deutschen an, kürzlich etwas über Adidas gehört zu haben – ein sehr hoher Wert, der deutlich die gemessene Aufmerksamkeit der Marken Deichmann, H&M und C&A übersteigt. Umgekehrt gilt das gleiche: Bei keiner Marke hat der allgemeine Eindruck so stark gelitten wie bei Adidas.

Sportartikelhersteller Adidas hat sich in einem Brief für den vor ein paar Tagen verhängten Mietstopp entschuldigt. Der Konzern teilte mit, dass man die Miete in allen Geschäften in Deutschland nun doch gezahlt habe.
von Peter Steinkirchner

Betrachten wir den Index, der aussagekräftig einen Wert über das Image einer Marke liefert, sehen wir, wie beliebt Adidas generell ist: Über das vergangene Jahr dominierte Adidas die Kategorie „Modemarken“ mit großem Abstand vor Nike, Jack Wolfskin und Levi‘s und gehörte kategorieübergreifend zu den beliebtesten Marken Deutschlands. Gerade deshalb zeigen unsere Daten deutlichere Veränderungen in den gemessenen Brand-KPIs als bei den anderen Unternehmen, die ebenfalls in der Kritik standen. Werten wir die vergangenen sieben Tage aus, landet Adidas aktuell im Mittelfeld hinter Vans und Reebok.

Trotz des Imageeinbruchs ist Adidas weiterhin eine starke Marke und wird voraussichtlich keinen dauerhaften Schaden erleiden. Wie lange diese Erholungsphase allerdings dauert, hängt neben der weiteren Unternehmenskommunikation und dem Verlauf der Corona-Krise auch vom Erfolg der kürzlich gestarteten #Hometeam-Kampagne ab. Und hier scheint sich etwas zu tun: Die Ad-Awareness zeigt eine steigende Tendenz, auch wenn sie noch lange nicht bei den Durchschnittswerten etwa der letzten vier Monate liegt.

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