„Mode ist nicht nur eine Frage der Kleidung. Mode hat etwas mit Ideen zu tun, damit, wie wir leben.“
Es ist unklar, ob diese Aussage von der Modedesignerin Coco Chanel oder dem Schriftsteller Oscar Wilde stammt. Aber wenn sie einigermaßen zutrifft, dann sollte man von der in einem Land beliebten Mode auf die Idee oder zumindest die Art und Weise des Lebens der Menschen dort rückschließen können.
Der Markenmonitor BrandIndex des Marktforschungsinstituts YouGov liefert uns die nötigen Daten dafür. Er beschreibt repräsentativ, in welchen Ländern welche Modemarke besonders beliebt sind. Er liefert also nach Chanel/Wilde auch Hinweise auf die Lebensart der Menschen in diesen Ländern.
Urban Outdoor Marken liegen ganz vorne
Wer bei Deutschlands Mode spontan an funktional denkt, liegt richtig. Platz eins bis drei der Modemarken mit dem höchsten Ansehen belegen hierzulande Adidas, Jack Wolfskin und Nike. Der Spitzenplatz von Adidas verwundert kaum, steht die Marke schließlich für ein deutsches Unternehmen mit weltweiter Bedeutung.
Wie sich unser Verständnis von Luxus verändert
Nur wenige Begriffe werden so inflationär und so unterschiedlich verwendet, wie der Luxus-Begriff. Die Vorstellung von Luxus ist nicht nur individuell unterschiedlich, sie unterliegt auch einem gesellschaftlichen Wandel. In einem idealtypischen Modell beschriebt das Schweizer Gottlieb Duttweiler Institut vier Phasen, die den Wandel des nachvollziehbar machen. Das Modell beschreibt einen Reifeprozess, der sich an den Lebensphasen orientiert;
Quelle: Gottlieb-Duttweiler-Institut. „Der nächste Luxus. Was uns in Zukunft lieb und teuer wird.“
Die erste Phase der Luxusentwicklung ist geprägt durch einen großen Konsumhunger, der mit dem was angeboten wird, befriedigt wird. Das vorherrschende Prinzip: „Mehr ist Mehr“. Dies ist vor allem auf aufstrebenden Märkten zu beobachten. Hier herrschen Nachholbedarf und das Verlangen aufzusteigen. Gleichzeitig gibt es ein Defizit.
Sie setzt Solvenz voraus, wird aber dominiert von einem verstärkten Wettbewerbsdruck. Der Traum von einem weiterem Aufstieg weicht der Angst vor einem Abstieg. Nun wird das „Mehr“ zum „Muss“. Güter mit Signalwirkung gewinnen an Bedeutung: Mein Haus, mein Auto, mein Diamantring.
Eine erste Luxusmüdigkeit setzt ein. Die Phase ist geprägt vom abnehmenden Grenznutzen. Die Erkenntnis, dass das Glücksfühl beim Erwerb eines Produkts abnimmt, je öfter und hindernisloser dieser möglich ist, stellt sich ein. Der Luxuskonsum verschiebt sich von der Produkt- auf die Erlebnisebene.
Die Ästhetik des neuen Luxus lässt sich für die Forscher des GDI auf den Begriff der Verschlichterung bringen. Luxuskonsumenten demonstrieren bewusst den Verzicht. Die Fähigkeiten, dass Reduzierte und Essentielle leben, aber lesen zu können rückt in den Vordergrund. Nur wer über materiellen Besitz verfügt, wird sich die Fähigkeiten aneignen können, um die Codes des neuen Luxus zu entziffern.
Adidas sponsert die deutsche Fußball-Nationalmannschaft, diverse Bundesliga-Clubs, verkauft sportliche Straßenkleidung und deckt sonst so ziemlich jede Sportart ab, auch Golf und die Outdoor-Sparte.
Jack Wolfskin hat es erfolgreich geschafft, seiner Kleidung ein Gefühl von Outdoor, Abenteuer, „Auf-alles-vorbereitet-zu-sein“ zu verleihen, und sie trotzdem so zu gestalten, dass sie stadttauglich und weitestgehend vorzeigbar ist. Wer durch Deutschland Großstädte läuft, braucht nicht lange nach der Tatze, Jack Wolfskins Logo, zu suchen.
Vielleicht verspricht Frankreich, das Land der Haute Couture und Modeschauen mit internationaler Bedeutung, ein bisschen mehr Glamour? Nein, in unserem Nachbarland sieht es modetechnisch im Prinzip ähnlich aus wie bei uns. Die beliebteste Modemarke ist Decathlon, das französische Pendant zu Jack Wolfskin.
Dann folgen Adidas und Mizuno, ein japanischer Sportbekleidungshersteller. Mit Lacoste auf Platz fünf der im BrandIndex beliebtesten Modemarken zeigen die Franzosen immerhin ein wenig Eleganz – aber selbst diese Marke gibt sich mit Kleidung für Golf und Segeln aktiv.
Levi‘s liegt in Amerika auf Platz 2
Sportlichkeit ist in Frankreich wie in Deutschland das Maß der Kleidung (und, nebenbei, auch der aktuellen Autos, die fast alle auf sportliches Aussehen hin gestaltet werden). Dafür dürfte nicht nur vermeintlich größere Nutzen als bei Nicht-Funktionskleidung ausschlaggebend sein. Der Begriff „sportlich“ ist nahezu ein Kompliment, berühmte Sportler sind Idole; und schlank, auch eine Form von sportlich, ist das allseits angestrebte Körpermaß. Sportlich ist modisch und beliebt.
In den USA ist die Situation noch deutlicher. Nur Levi’s schafft es unter die Top 6 der beliebtesten Modemarken im BrandIndex, die ansonsten allesamt im Sport- bzw. Outdoor-Bereich anzusiedeln sind. Die Hersteller der Standard-Jeans der Amerikaner schafft es damit aber immerhin auf Platz 2. Ansonsten sind Marken wie Merrell, New Balance, Nike, Colombia und North Face ganz vorne dabei.
Adidas und Nike gehören auch in Japan zur Spitzengruppe, allerdings werden Platz eins und zwei der Liste von Uniqlo und Muji eingenommen. Uniqlo, eine Art H&M Japans, ist der umsatzstärkste Einzelbekleidungshändler Japans mit modischer Kleidung im Basics-Bereich. Von 2009 bis 2011 hat die deutsche Modedesignerin Jil Sander für die Marke gearbeitet und ihre eigene Kollektion herausgebracht. Mujis Philosophie zeichnet sich durch minimalistisches Design aus. Der Markenname heißt übersetzt etwa „Keine Marke, gute Produkte“.
Chinesen mögen Kleidung von Luxusmarken
Die Dominanz westlicher Sportmarken ist in China (im Vergleich zu Japan) nicht einmal ansatzweise zu beobachten. Die sieben Modemarken mit dem besten Image im Brandindex sind teure Designer-Marken aus Frankreich und Italien, angeführt von Chanel und Dior. Die Chinesen scheinen einen Sinn für Luxusartikel erkannt zu haben.
Wer sich überhaupt mit Markenkleidung beschäftigt, der findet teure Designerware (aus dem Westen) am attraktivsten (auch hier ist Ähnlichkeit zu Autos zu erkennen: Die Oberklassemarken Audi, BMW und Mercedes sind die beliebtesten in China).
Nun ist den Chinesen nicht pauschal zu attestieren, Fans von Luxusartikeln zu sein. Es wird interessant zu beobachten, wie sich die Beliebtheit im Modebereich verschieben wird, wenn mehr und mehr Chinesen in die finanzielle Lage versetzt werden, (günstige) Markenkleidung zu kaufen – und dann diese auch gut zu finden.
In Deutschland, Frankreich und USA sind die Sportmarken die mit dem besten Image.
Vielleicht weil wir alle so sportfanatisch sind, vielleicht weil wir „sportlich“ als das erstrebenswerte Mode-Ziel betrachten, vielleicht weil wir einfach gerne bequeme und funktionale Kleidung tragen wollen. Das aufstrebende China dagegen orientiert sich dagegen zurzeit noch am westlichen Luxus. Edel, teuer, mit Ausstrahlung – das sind derzeit die Kriterien für beliebte chinesische Kleidung.