BrandIndex

Der (fast) weltweite Siegeszug der Sport-Marken

Holger Geißler
Holger Geißler Psychologe, Werbepsychologe

In Sachen Bekleidung mag es der Westen gern aktiv, sportlich und funktional. In China sieht das ganz anders aus: Beliebte Mode ist edel, exklusiv und teuer.

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Die Marke mit den charakteristischen drei Streifen genießt hierzulande das höchste Ansehen der Sport- und Outdoor-Marken. Quelle: dpa

„Mode ist nicht nur eine Frage der Kleidung. Mode hat etwas mit Ideen zu tun, damit, wie wir leben.“

Es ist unklar, ob diese Aussage von der Modedesignerin Coco Chanel oder dem Schriftsteller Oscar Wilde stammt. Aber wenn sie einigermaßen zutrifft, dann sollte man von der in einem Land beliebten Mode auf die Idee oder zumindest die Art und Weise des Lebens der Menschen dort rückschließen können.

Die 30 deutschen Top-Luxus-Marken
Rang 30: Escada (15)* Escada erwirtschaftet nach Jahren der Krise wieder einen positiven Cashflow. 2009 hatte Megha Mittal, die Schwiegertochter des indischen Stahlmagnaten Lakshmi Mittal, das Münchner Modehaus aus der Insolvenz herausgekauft. Heute setzen Escadas Designer unter anderem auf kräftige Farben, große Blumenaufdrucke und Metalltöne. Kritiker loben die Stücke als prächtig und stylisch. Das Modehaus konzentriert sich zurzeit vor allem auf die Märkte USA, Deutschland, Spanien, Russland, Japan und China.Deutscher Luxusmarkenindex (max. 300): 116 (144)*Trend seit 2011: ⇘ ** * in Klammern: 2011 ** Trendanzeige ab 5 PunktenDer Luxusmarkenindex basiert auf einer Befragung von 163 Branchenexperten zu den drei Kriterien relativer Preisabstand des Luxusmarkenanbieters zu einem Mainstream-Markenanbieter, absolute Preishöhe und Anziehungskraft einer MarkeQuelle: Biesalski & Company und Brand Networks Quelle: dpa
Rang 29: Hotel Adlon (25) 1907 eröffnete das Hotel Adlon am Berliner Boulevard Unter den Linden und beherbergte im Laufe der Jahre viele berühmte Gäste, darunter Thomas Alva Edison, Henry Ford, John D. Rockefeller, Walther Rathenau, Gustav Stresemann und Aristide Briand. Durch die schlechte Finanzlage seines Investors, der Fundus-Gruppe, geriet das Hotel zuletzt oft in die Schlagzeilen. Laut einer Schätzung der Ratingagentur Moody’s sollte das Hotel am Brandenburger Tor im Vorjahr nur noch 182 Millionen Euro wert sein. Deutscher Luxusmarkenindex (max. 300): 117 (121)Trend seit 2011: NEU Quelle: dpa/dpaweb
Rang 28: Nymphenburg (-)Die Porzellan Manufaktur Nymphenburg kooperiert schon seit Jahren mit namhaften Künstlern wie dem Niederländer Joep van Lieshout, dem Franzosen Saâdane Afif oder dem deutschen Schmuckdesigner Patrik Muff. Er lässt Schriftsteller Texte zu seinen Porzellanvasen schreiben und gibt der traditionsreichen bayerischen Marke so ein hippes Image. Zählt doch die klassische Sammeltasse nicht zu den angesagtesten Objekten bei der Generation Facebook.Deutscher Luxusmarkenindex (max. 300): 118 (-)Trend seit 2011: NEU
Rang 27: Tobias Grau (-) Betriebswirt und Designer Tobias Grau ist bekannt für seine Leuchten in Tropfenform. 1984 entwickelte er seine erste Leuchtenkollektion, 1992 baute er sie zusammen mit seiner Frau Franziska zu einer Leuchtenmarke aus. 150 Mitarbeiter beschäftigt Grau heute. Rund 95 Prozent der Fertigung erfolgt heute in Deutschland, die Endmontage in der Nähe von Hamburg.Deutscher Luxusmarkenindex (max. 300): 119 (-)Trend seit 2011: NEU Quelle: Screenshot
Rang 26: Schloss Elmau (-) Dietmar Müller-Elmau, Chef des Hotels Schloss Elmau in Oberbayern, wurde 1954 auf dem Schloss geboren und führt heute das Fünf-Sterne-Hotel. Neben seiner Lage ist es bekannt für seine renommierten klassischen Konzerte. Über 17 Millionen Euro Umsatz machte das Nobelhotel 2010.Deutscher Luxusmarkenindex (max. 300): 120 (-) Trend seit 2011: NEU
Rang 25: Wempe (30) Als der gelernte Uhrmacher Gerhard Diedrich Wilhelm Wempe am 5. Mai 1878 mit 21 Jahren und einem Startkapital von 80 Mark den Schritt in die Selbstständigkeit wagt, ahnt er noch nicht, dass er den Grundstein für ein internationales Uhren- und Juwelen-Imperium schafft. Heute zählt Wempe über 700 Mitarbeiter, unterhält 30 Niederlassungen und ist einer der größten und umsatzstärksten Händler von Luxusuhren und Schmuck in Europa.Deutscher Luxusmarkenindex (max. 300): 125 (118) Trend seit 2011: ⇗ Quelle: Presse
Rang 24: Marktex (33) Die Möbelmanufaktur aus Kronberg im Taunus ist das Reich von Ettore Palmiota. Er ist Inhaber und kreativer Kopf von Marktex. Typisch für die Schränke und Sideboards sind grafische Elemente wie gerade Linien, Quadrate und Andreaskreuz. Palmiota bevorzugt Pinienholz, gerne im Kontrast zu Nussbaum, aber auch Kirschholz und Eiche. Bei den Polsterstoffen dominieren Naturmaterialien wie Wolle und Leinen.  Martex-Möbelhäuser gibt es in Berlin, Hamburg, Köln, Kronberg, Mannheim und München.Deutscher Luxusmarkenindex (max. 300): 126 (114) Trend seit 2011: ⇗ Quelle: Screenshot

Der Markenmonitor BrandIndex des Marktforschungsinstituts YouGov liefert uns die nötigen Daten dafür. Er beschreibt repräsentativ, in welchen Ländern welche Modemarke besonders beliebt sind. Er liefert also nach Chanel/Wilde auch Hinweise auf die Lebensart der Menschen in diesen Ländern.

Urban Outdoor Marken liegen ganz vorne

Wer bei Deutschlands Mode spontan an funktional denkt, liegt richtig. Platz eins bis drei der Modemarken mit dem höchsten Ansehen belegen hierzulande Adidas, Jack Wolfskin und Nike. Der Spitzenplatz von Adidas verwundert kaum, steht die Marke schließlich für ein deutsches Unternehmen mit weltweiter Bedeutung.

Wie sich unser Verständnis von Luxus verändert

Adidas sponsert die deutsche Fußball-Nationalmannschaft, diverse Bundesliga-Clubs, verkauft sportliche Straßenkleidung und deckt sonst so ziemlich jede Sportart ab, auch Golf und die Outdoor-Sparte.

Jack Wolfskin hat es erfolgreich geschafft, seiner Kleidung ein Gefühl von Outdoor, Abenteuer, „Auf-alles-vorbereitet-zu-sein“ zu verleihen, und sie trotzdem so zu gestalten, dass sie stadttauglich und weitestgehend vorzeigbar ist. Wer durch Deutschland Großstädte läuft, braucht nicht lange nach der Tatze, Jack Wolfskins Logo, zu suchen.

Der Sportladen „Sport Scheck“ hat für solche Kleidung inzwischen die Kategorie „Urban Outdoor“ eingeführt. Die einzige Edelmarke, die es immerhin auf Platz 7 schafft, ist Hugo Boss. Abgeschlagen in der breiten Bevölkerung sind dagegen Marken wie z.B. Benetton, Joop oder Calvin Klein.

Vielleicht verspricht Frankreich, das Land der Haute Couture und Modeschauen mit internationaler Bedeutung, ein bisschen mehr Glamour? Nein, in unserem Nachbarland sieht es modetechnisch im Prinzip ähnlich aus wie bei uns. Die beliebteste Modemarke ist Decathlon, das französische Pendant zu Jack Wolfskin.

Dann folgen Adidas und Mizuno, ein japanischer Sportbekleidungshersteller. Mit Lacoste auf Platz fünf der im BrandIndex beliebtesten Modemarken zeigen die Franzosen immerhin ein wenig Eleganz – aber selbst diese Marke gibt sich mit Kleidung für Golf und Segeln aktiv.

Levi‘s liegt in Amerika auf Platz 2

Sportlichkeit ist in Frankreich wie in Deutschland das Maß der Kleidung (und, nebenbei, auch der aktuellen Autos, die fast alle auf sportliches Aussehen hin gestaltet werden). Dafür dürfte nicht nur vermeintlich größere Nutzen als bei Nicht-Funktionskleidung ausschlaggebend sein. Der Begriff „sportlich“ ist nahezu ein Kompliment, berühmte Sportler sind Idole; und schlank, auch eine Form von sportlich, ist das allseits angestrebte Körpermaß. Sportlich ist modisch und beliebt.

In den USA ist die Situation noch deutlicher. Nur Levi’s schafft es unter die Top 6 der beliebtesten Modemarken im BrandIndex, die ansonsten allesamt im Sport- bzw. Outdoor-Bereich anzusiedeln sind. Die Hersteller der Standard-Jeans der Amerikaner schafft es damit aber immerhin auf Platz 2. Ansonsten sind Marken wie Merrell, New Balance, Nike, Colombia und North Face ganz vorne dabei.

Adidas und Nike gehören auch in Japan zur Spitzengruppe, allerdings werden Platz eins und zwei der Liste von Uniqlo und Muji eingenommen. Uniqlo, eine Art H&M Japans, ist der umsatzstärkste Einzelbekleidungshändler Japans mit modischer Kleidung im Basics-Bereich. Von 2009 bis 2011 hat die deutsche Modedesignerin Jil Sander für die Marke gearbeitet und ihre eigene Kollektion herausgebracht. Mujis Philosophie zeichnet sich durch minimalistisches Design aus. Der Markenname heißt übersetzt etwa „Keine Marke, gute Produkte“.

Chinesen mögen Kleidung von Luxusmarken

Die Dominanz westlicher Sportmarken ist in China (im Vergleich zu Japan) nicht einmal ansatzweise zu beobachten. Die sieben Modemarken mit dem besten Image im Brandindex sind teure Designer-Marken aus Frankreich und Italien, angeführt von Chanel und Dior. Die Chinesen scheinen einen Sinn für Luxusartikel erkannt zu haben.

Wer sich überhaupt mit Markenkleidung beschäftigt, der findet teure Designerware (aus dem Westen) am attraktivsten (auch hier ist Ähnlichkeit zu Autos zu erkennen: Die Oberklassemarken Audi, BMW und Mercedes sind die beliebtesten in China).

Nun ist den Chinesen nicht pauschal zu attestieren, Fans von Luxusartikeln zu sein. Es wird interessant zu beobachten, wie sich die Beliebtheit im Modebereich verschieben wird, wenn mehr und mehr Chinesen in die finanzielle Lage versetzt werden, (günstige) Markenkleidung zu kaufen – und dann diese auch gut zu finden.

In Deutschland, Frankreich und USA sind die Sportmarken die mit dem besten Image.

Vielleicht weil wir alle so sportfanatisch sind, vielleicht weil wir „sportlich“ als das erstrebenswerte Mode-Ziel betrachten, vielleicht weil wir einfach gerne bequeme und funktionale Kleidung tragen wollen. Das aufstrebende China dagegen orientiert sich dagegen zurzeit noch am westlichen Luxus. Edel, teuer, mit Ausstrahlung – das sind derzeit die Kriterien für beliebte chinesische Kleidung.

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