BrandIndex
Blick in die Produktion des Thermomix TM5 von Vorwerk im Werk in Wuppertal Quelle: dpa

Ist der Thermomix-Hype wirklich vorbei?

Vorwerk schließt eine Thermomix-Produktionsstätte in Deutschland. Auch, weil die Nachfrage sinkt. Dabei gibt es in Deutschland immer noch viele, die das Küchen-Zaubergerät gerne hätten.

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Vermutlich wird in den letzten Tagen bei manchen der Eindruck entstanden sein, dass Vorwerk wegen mangelnder Nachfrage die Thermomix-Produktion in Deutschland schließt und nach China verlagert – was für das Image des Thermomix nicht gerade förderlich wäre. Denn speziell die Thermomix-Kunden legen überdurchschnittlich viel Wert darauf, Produkte aus Deutschland zu kaufen, wie Daten aus dem YouGov Markenmonitor BrandIndex zeigen.

Vielleicht wäre es besser gewesen, die beiden Nachrichten voneinander zu trennen. Die eine ist: Der Produktionsstandort in Deutschland wird geschlossen, jetzt wird nur noch in Frankreich produziert – und zwar da, wo die meisten Thermomix-Geräte bisher sowieso schon gebaut wurden. Die zweite lautet: Weil es in Asien eine hohe Nachfrage nach dem Thermomix gibt, soll dort eine neue Produktionsstätte entstehen. Eine gute Entwicklung für Vorwerk also.

Kaufinteresse am Thermomix ist konstant geblieben

Dass die Thermomix-Produktion in Deutschland eingestellt werden soll, wird auch damit begründet, der deutsche Markt sei bereits gut erschlossen oder wohl beinahe gesättigt. Dies vorausgesetzt, stünden dem Thermomix jetzt also schwierigere Zeiten bevor als in den vergangenen Erfolgsjahren.

Allerdings sollte diese Annahme noch einmal auf den Prüfstand gestellt werden. Denn die Daten aus dem BrandIndex zeigen: Es besteht sehr wohl noch Interesse am Thermomix. Aktuell geben acht Prozent aller Deutschen an, sie würden den Kauf eines Thermomix in Erwägung ziehen. Mitteln wir den Verlauf seit Frühling 2017 etwas aus (seitdem listen wir den Thermomix im BrandIndex), zeigt sich: Das Interesse ist seitdem nahezu konstant geblieben. Hinzu kommt: Ein paar Millionen Deutsche haben den Thermomix erst in den vergangenen zwei Jahren kennengelernt – noch mehr kennen ihn aber immer noch nicht. Auch hier liegt für Vorwerk ein Potenzial. Denn, so banal es klingt: Nur, wer ein Produkt kennt, kann es kaufen.

Preis-Leistungs-Verhältnis verbessern

Wie also könnte Vorwerk den Thermomix-Absatz wieder steigern? Der BrandIndex liefert Hinweise: 

  • Das Wichtigste zuerst: die Bekanntheit des Thermomix steigern.
  • Neue Thermomix-Modelle so rechtzeitig ankündigen, dass die Kunden sich überlegen können, ob sie noch das alte Modell kaufen oder auf das neue warten wollen. Genau das ist Vorwerk kürzlich zum Problem geworden. Die Einführung des neuen Modells „TM6“ wurde nicht rechtzeitig und umfangreich genug kommuniziert. Nun sind einige Kunden verärgert, die das ältere Modell „TM5“ gekauft haben. Hätte diese gewusst, dass es bald ein neues Thermomix-Modell gibt, hätten sie vielleicht noch gewartet, um das aktuellste Modell zu kaufen. Viele Menschen haben das als negative Schlagzeilen wahrgenommen, wie ein deutlicher Einbruch des Marken-Buzz zeigt, mit dem im BrandIndex gemessen wird, wie über eine Marke gesprochen wird. Im März fiel der Wert aus dem deutlichen positiven in den negativen Bereich. Ein eindeutiges Zeichen dafür, dass die Modell-Politik bei Kunden und Nicht-Kunden schlecht angekommen ist. Sie hat sogar beeinflusst, wie Thermomix-Kunden die Qualität des Gerätes wahrnehmen. Und die Weiterempfehlungsbereitschaft der aktuellen und ehemaligen Kunden ist für Thermomix-Verhältnisse zurzeit ebenfalls auf niedrigem Niveau.
  • Am Preis drehen: Nicht-Kunden, aber selbst Thermomix-Käufer, bewerten das Preis-Leistungs-Verhältnis schlecht. Das war bisher anscheinend kein Problem, schließlich haben viele Menschen den Thermomix gekauft. Und die Kunden sind auch ausgesprochen zufrieden mit dem Gerät. Wenn es nun aber um die Frage geht, wie der Verkauf angekurbelt werden kann, dann ist das Preis-Leistungs-Verhältnis eine Stellschraube. Der BrandIndex zeigt einen direkten Zusammenhang: Je besser das Preis-Leistungs-Verhältnis wahrgenommen wird, desto mehr Kunden hat ein Produkt beziehungsweise eine Marke. Das Besondere der Kategorie, in der wir Marken wie eben Thermomix sowie Bosch, Siemens, Braun, Krups, Senseo, Tefal und andere listen: Der Zusammenhang ist hier deutlich ausgeprägt. Steigt das wahrgenommene Preis-Leistungs-Verhältnis, bedeutet das überproportional mehr Kunden. Nun kann das in der Praxis anders aussehen als in der Theorie. Aber zumindest wäre der Preis etwas, über das Vorwerk nachdenken könnte. Wie wäre es zum Beispiel, ein Modell herauszubringen, das deutlich günstiger ist, dafür aber auf die oder andere Funktion verzichtet? Oder ein spezialisiertes Modell nur für Babynahrung? 
von Mario Brück, Thorsten Firlus, Sven Prange, Harald Schumacher

Dass Letzteres eine Idee sein könnte, zeigen nicht nur Kochbücher, die sich speziell dem Babybrei aus dem Thermomix widmen, sondern auch Daten aus dem Zielgruppen-Analyse-Tool YouGov Profiles: Unter den aktuellen und ehemaligen Thermomix-Kunden geben deutlich mehr Verbraucher an, ein oder mehrere Kinder unter 18 Jahren zu haben als die durchschnittliche Vergleichsgruppe.

Das alles soll mehr die Potenziale aufzeigen als die Schwierigkeiten: Das Interesse am Produkt ist nach wie vor hoch. Acht Prozent aller Deutschen haben den Thermomix auf dem Zettel (zwölf Prozent der Marken-Kenner), unter denjenigen mit Kindern unter 18 sind es sogar 14 Prozent (20 Prozent der Marken-Kenner). Nun, das klingt einfacher als es ist, muss man ihnen nur noch ein Angebot machen, das sie nicht ablehnen können.

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