Fast zwei Jahre nach der Insolvenz des Baumarkts Praktiker gibt es zwei Entwicklungen zu beobachten: Einerseits haben die Kunden im vergangenen Jahr rund eine Milliarde Euro weniger in Baumärkten ausgegeben als vor der Insolvenz. Andererseits haben die Konkurrenten profitiert: Seit Praktiker und Max Bahr nicht mehr am Markt sind, stieg der Umsatz der verbliebenen Baumärkte um knapp neun Prozent.
Doch der Alltag kehrt schnell zurück: Dieses Jahr wird mit weniger Umsatzwachstum gerechnet. Im ersten Quartal ist der Umsatz sogar um vier Prozent zurückgegangen.
Und dann ist da noch der Online-Handel, der im Do-it-Yourself-Bereich ebenfalls ein Stück vom Kuchen haben will. Nach Angaben des Handelsverbands Heimwerken, Bauen und Garten lag der Anteil der E-Commerce-Umsätze im Do-it-yourself-Sektor 2014 bei gut fünf Prozent. Bis 2020 erwartet der Verband eine Verdopplung des Anteils auf rund zehn Prozent.
So wichtig wird der grenzübergreifende Handel
Gesamtumsatz Onlinehandel in Europa: 402 Milliarden Euro
Davon im jeweiligen Heimatmarkt: 346 Milliarden Euro
Davon im grenzübergreifenden Handel: 56 Milliarden Euro
Quelle: eMarketer.com / European Multi-channel an Online Trade Association
Stand: 2014
Gesamtumsatz Onlinehandel in Europa: 446 Milliarden Euro
Davon im jeweiligen Heimatmarkt: 377 Milliarden Euro
Davon im grenzübergreifenden Handel: 69 Milliarden Euro
Gesamtumsatz Onlinehandel in Europa: 491 Milliarden Euro
Davon im jeweiligen Heimatmarkt: 407 Milliarden Euro
Davon im grenzübergreifenden Handel: 83 Milliarden Euro
Gesamtumsatz Onlinehandel in Europa: 535 Milliarden Euro
Davon im jeweiligen Heimatmarkt: 436 Milliarden Euro
Davon im grenzübergreifenden Handel: 99 Milliarden Euro
Gesamtumsatz Onlinehandel in Europa: 578 Milliarden Euro
Davon im jeweiligen Heimatmarkt: 462 Milliarden Euro
Davon im grenzübergreifenden Handel: 116 Milliarden Euro
Manche Baumärkte sind für die Zukunft gut aufgestellt: Einige haben eigene Online-Shops, andere können mit hohem Ansehen bei den Verbrauchern und kompetenter Beratung punkten. Das zeigt der YouGov-Markenmonitor BrandIndex, der seit Anfang des Jahres neben der Messung der Markenwahrnehmung einige Zusatzfragen von den Umfrageteilnehmern beantworten lässt, unter anderem die nach der Mitarbeiterkompetenz.
Hellweg und Toom liegen bei der Qualitätswahrnehmung hinten
23 Prozent der Obi-Kenner finden die Mitarbeiter eher kompetent, acht Prozent dagegen eher inkompetent. Das spricht dafür, dass bei Obi mehr Kunden Beratung in Anspruch nehmen als bei Hornbach – und die finden sie häufig gut, häufiger als bei der Konkurrenz aber eben auch schlecht.
Obi, Bauhaus und Hornbach sind die beliebtesten Baumärkte im BrandIndex. Die gute Bewertung der Mitarbeiterkompetenz wird dafür mitverantwortlich sein, genauso wie die allgemeine Einschätzung der Verbraucher, welche Qualität sie dort erwartet. Obi liegt hier mit +34 Punkten (auf einer Skala von -100 bis +100) mit etwas Abstand an der Spitze. Bauhaus (+29) und Hornbach (+27) werden ebenfalls eine gute Qualität bescheinigt.
Vergleichsweise am wenigsten Vertrauen in die Qualität haben die Verbraucher bei Hellweg und Toom Baumarkt.
Alleinstellungsmerkmal bei Werbung
Zwei weitere Kategorien entscheiden die Image-Sieger Obi, Bauhaus und Hornbach für sich: Aus Sicht der Verbraucher sind das die Anbieter, die eine große Auswahl an Produkten bieten. Und: Sie sind die Marken, deren Werbung am häufigsten wahrgenommen wird. 15 (Bauhaus) bis 23 Prozent (Obi) derjenigen, die die Marken kennen, haben in den vergangenen zwei Wochen Werbung des jeweiligen Baumarkts wahrgenommen.
Hornbach hat hier ein Alleinstellungsmerkmal: Die Werbung, die traditionell auf „Yippiejaja-yippie-yippie-yeah“ (oder so) endet, wird als unterhaltsamer wahrgenommen als die Werbung der Konkurrenten. Unterhaltsam finden die Verbraucher auch die von Obi – alle anderen bekommen in dieser Kategorie insgesamt eine neutrale oder sogar negative Bewertung.
Das laufende und kommende Jahr dürften spannend werden für die Baumarkt-Branche – die ehemaligen Praktiker- und Max-Bahr-Kunden sind weitestgehend verteilt. Obi hat die beste Ausgangslage und heute schon die meisten Kunden. Bauhaus und Hornbach profitieren von einem guten Image und einer großen Auswahl an Produkten.
Auch der Toom Baumarkt hat Potenzial: Über ihn unterhalten sich die Verbraucher am zweithäufigsten mit der Familie oder Freunden, und er hat nach Obi aktuell die meisten Kunden. Toom könnte wohl noch deutlich erfolgreicher sein, wenn dem Baumarkt eine höhere Qualität, eine größere Auswahl an Produkten und eine größere Mitarbeiterkompetenz attestiert werden würde.