Dieser Zeitgeist spielte Ray-Ban in die Hände. Schließlich prägte die ursprünglich vom US-amerikanischen Linsenhersteller Bausch & Lomb gegründete Marke die Brillenmode bis in die 80er Jahre hinein. 1937 hatte die U.S.-Luftwaffe Bausch & Lomb gebeten, eine Sonnenbrille für ihre Piloten zu entwerfen. Herauskam kam das Modell „Aviator“ („Flieger“) mit gewölbten Gläsern in einer Metallfassung. Ihre Funktion, die UV-Strahlen von den Augen der Piloten zu verbannen, führte zum Markennamen Ray-Ban, also „Strahlen-Bann“. Die Fliegerbrille ist bis heute das erfolgreichste Ray-Ban-Modell.
Die andere Stilikone ist die 1952 entworfene „Wayfarer“ mit ihrem dicken, schnittigen Kunststoff-Rahmen. Hollywood entdeckte sie schnell für sich und gab ihr zahlreiche Auftritte in Kultfilmen: 1961 nahm Audrey Hepburn ihr „Frühstück bei Tiffany“ mit einer Wayfarer ein, 1980 rockten die „Blues Brothers“ mit ihr die Bühne und 1983 machte Tom Cruise damit „Lockere Geschäfte“. All das trieb den Mythos Ray-Ban an und prädestinierte die Marke dazu, im Retro-Trend der 2000er wieder entdeckt zu werden – und Geld in die Kassen des heutigen Mutterkonzerns Luxottica zu spülen.
Das italienische Brillenimperium kaufte Ray-Ban 1999 für 640 Millionen US-Dollar von Bausch & Lomb, nachdem die Marke einen Niedergang erlebt hatte. „Zum Übernahmezeitpunkt war Ray-Ban weit vom jetzigen Status entfernt“, sagt Branchenexperte Stephan Schenk. Die großen auffallenden Ray-Ban-Modelle passten laut DMI-Geschäftsführer Gerd Müller-Thomkins schlichtweg nicht mehr in die Zeit: „Gerade Ende der 90er Jahre kam eine neue Nüchternheit in der Mode auf.“
Luxottica wartete nach seiner Ray-Ban-Übernahme jedoch nicht erst auf den sich ändernden Zeitgeist, sondern passte die Marke der Zeit an. „Sie sind mutiger geworden und haben neue Designs auf den Markt gebracht“, sagt Peter Frankenstein vom Herstellerverband Spectaris. „Außerdem haben sie ein gutes Marketing und eine gute Preisklasse von 100 bis 150 Euro.“
Luxottica-Manager Christian Grund ist stolz auf die Leistung des Konzerns: „Es war Luxottica, die aus der größten Brillenmarke, wieder das gemacht hat, was sie ist“, sagt er. „Gerade den modischen Bereich pflegen wir ganz aufmerksam, weil er die Marke ausmacht.“ Außerdem hat Luxottica mit Sehbrillen ein neues Wachstumsfeld für Ray-Ban erschlossen. Mittlerweile machen Sehbrillen in Deutschland fast die Hälfte des Ray-Ban-Geschäfts aus – Tendenz steigend.
Während hier zu Lande vergangenes Jahr der Marken-Umsatz mit Sonnenbrillen um 18 Prozent stieg, waren es bei Sehbrillen ganze 34 Prozent. „Wenn man sich anschaut, dass der Markt für Sehbrillen viel größer ist, als für Sonnenbrillen, dann sehe ich da noch ein großes Potenzial“, sagt Grund. Denn von den 40,1 Millionen Brillenträgern in Deutschland tragen lediglich 14,5 Millionen auch eine Sonnenbrille, also das klassische Ray-Ban-Produkt. Bei den Sehbrillen gibt es also noch einiges aufzuholen.