Christian Grund zeigt Verständnis für kleine Geschäfte – und wirbt um Verständnis für Luxottica: „Natürlich lohnt es sich nicht, für einen kleinen Anbieter, der nur 80 Sonnenbrillen jährlich verkauft, gleich 40 Sonnenbrillen nur von einer Marke zu bestellen“, sagt der Deutschland-Chef des Unternehmen. „Aber für uns macht es auch keinen Sinn, Verkaufspunkte zu haben, an denen wir unsere Marke nicht angemessen präsentieren können.“ Kurzum: In Geschäften, die sich Ray-Ban nicht leisten können, will die Marke auch nicht vertreten sein. Die Abnahmevorgaben dienen also als Filter.
Branchenexperte Stephan Schenk kennt einige Optiker, die sich zusammentun, um sich vorm Luxottica-Diktat zu drücken. „Einer kauft dann für alle ein“, sagt der Chefredakteur des Brancheninformationsdienstes „Markt intern Augenoptik/Optometrie.“ Er glaubt, dass sich Luxottica darüber klar ist, und beide Augen zudrückt. „Man kann der deutschen Niederlassung nur bedingt einen Vorwurf machen. Sie muss letztlich auch nur die Vorgaben aus Italien erfüllen.“ Christian Grund von Luxottica sagt dazu: „Es gibt nichts, was es nicht gibt.“
Einigen Optikern stößt auf, dass Luxottica seine Brillen im Internet auch direkt verkauft, und auch auf eigenen Einzelhandel setzt. Beides bedeutet zunehmende Konkurrenz für deutsche Optiker. Weltweit betreibt das Unternehmen über 5.500 eigene Verkaufsstellen. Gerade in Nordamerika ist die Firma mit den Ketten Sunglass Hut und Lens Crafters vertreten. In Deutschland betreibt das Unternehmen eigene Ray-Ban-Verkaufsflächen in 16 Karstadt-Filialen.
„Es ist möglich, dass noch der ein oder andere Standort dazu kommt“, sagt Grund. Eine eigene Einzelhandelskette sei jedoch nicht geplant. „Ich habe Verständnis, dass der Fachhandel das mit Sorge betrachtet. Aber man kann nicht erwarten, dass jemand eine Käseglocke über einen hält und vor äußeren Einflüssen schützt. Jeder muss auf dem Markt sein Bestes geben.“
Auch wenn sowas bei vielen Optikern schlecht ankommt, wollen sie auf Ray-Ban doch nicht verzichten. Schließlich fragen ihre Kunden nach der Marke. Sie schwimmt ganz oben mit auf einer Erfolgswelle, die Brillen seit einigen Jahren feiern. Was unter Modejüngern früher allenfalls in Bibliotheken salonfähig war, hat in den vergangenen zehn Jahren die Laufstege erobert. Während Deutschlands Augenoptiker vor zehn Jahren noch 8,4 Millionen Brillenfassungen absetzten, waren es 2012 rund 11,3 Millionen. Zugleich verdienten die Optiker mit 5,2 Milliarden Euro so viel wie nie zuvor.
Zwar gibt es noch keine Branchenzahlen für das abgelaufene Geschäftsjahr 2013, aber in einer aktuellen Umfrage unter rund 800 ZVA-Mitgliedern bewerten 83 Prozent ihre Situation gut oder befriedigend. Etwa die Hälfte der Optiker geht für 2014 von einem gleich bleibenden Umsatz aus, 44 Prozent erwarten ein Plus.
„Die Brille ist als modisches Accessoire voll anerkannt und wird das auch bleiben“, sagt der Geschäftsführer des Deutschen Mode-Instituts (DMI), Gerd Müller-Thomkins. Sie habe sich vor allem Dank dem Retro-Trend der vergangenen Jahre durchgesetzt: Schlagworte, wie „Vintage“, bestimmten die Mode. Was alt, konservativ oder abgenutzt aussah, war in – und damit auch ein solch althergebrachtes Accessoire, wie die Sehbrille. „Das zeigte sich an den Hipstern, die ihr Outfit im Second-Hand-Laden zusammen stellen, oder am Erfolg der sogenannten Nerd-Brille“, sagt Müller-Thomkins.