Centro Oberhausen wird 20 Jahre alt Blühender Einkaufstempel, verödete Innenstadt

Dem krisengeschüttelten Oberhausen brachte der Plan eines Riesen-Einkaufszentrums 1996 neue Hoffnung. Nach 20 Jahren Centro haben sich manche davon erfüllt. Im alten Stadtzentrum mussten aber viele Händler dicht machen.

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Das Einkaufszentrum mit seinen rund 250 Geschäften feiert sein 20jähriges Bestehen. Quelle: dpa

Oberhausen Hunderttausende Besucher, Jobs und Gewerbesteuer für die vom Strukturwandel gebeutelte Industriestadt Oberhausen: Mit dem riesigen Centro auf ehemaligen Montanflächen am Rand der Innenstadt verknüpften sich bei der Eröffnung 1996 viele Hoffnungen. 20 Jahre später haben sie sich zum Teil erfüllt - andererseits ließ die Sogkraft des größten deutschen Einkaufszentrums mit seinen über 250 Fachgeschäften und 14.000 kostenlosen Parkplätzen die Innenstadt veröden. An diesem Montag ist die Eröffnung des Centro genau 20 Jahre her.

Das riesige Einkaufszentrum – Herzstück der sogenannten Neuen Mitte in Oberhausen – hat sich nicht nur für die Investoren gelohnt. Auch die Stadt freut sich heute über rund 23 Millionen Besucher im Jahr – viele davon aus den nahe gelegenen Niederlanden. Gleichzeitig verstärkten sich im gewachsenen Kern der Stadt mit der mächtigen Konkurrenz von der Grünen Wiese aber die Probleme der ansässigen Händler und Kaufleute. „Der Bau des Centro hat zunächst einmal die Marktstraße in Alt-Oberhausen hart getroffen“, sagt Marc Heistermannn, Geschäftsführer des zuständigen Handelsverbandes Ruhr.

Billigläden, Nagelstudios und Eisdielen statt Fachgeschäften - so präsentiert sich heute der alte Kern, traditionelle Kaufhäuser haben dort längst aufgegeben. Die verbleibenden Händler haben wenig Chancen gegen das Einkaufszentrum, sie konzentrieren sich jetzt nur noch auf die Nahversorgung im Umkreis von wenigen Kilometern.

Zugleich wird für die mehr als 470 Einkaufszentren in Deutschland die Luft durch den Siegeszug des Online-Handels aber immer dünner. In vielen Einkaufstempeln sinken die Besucherfrequenzen, weil Kunden lieber am Rechner shoppen.

„Es ist eher unwahrscheinlich, dass so etwas wie das Centro heute noch gebaut würde. Der Trend geht in eine völlig andere Richtung“, sagt Marco Atzberger, Experte für Handelsimmobilien beim Fachinstitut EHI. „Die Center, die jetzt eröffnet werden sind kleiner und liegen in der Innenstadt.“ Der Welle der Shopping-Center-Neueröffnungen scheint abzuebben. Nach dem „Shopping-Center-Report 2016“ des EHI werden in diesem Jahr in Deutschland nur noch vier neue Einkaufszentren ihre Tore öffnen. Zum Vergleich: 2015 gab es noch 13 Neueröffnungen.


Viele Schuhläden, keine Lebensmittel

Sorgen um die Zukunft des Oberhausener Einkaufstempels macht sich Atzberger trotz aller Veränderungen aber nicht. „Das Centro hat sich etabliert.“ Mehr als eine halbe Milliarde Euro hat der französische Immobilien-Konzern Unibail-Rodamco 2014 für einen 50-Prozent-Anteil am Centro bezahlt. Und der Eigentümer investiert: Aktuell wird ein Parkhaus modernisiert, zudem steht für einen zweistelligen Millionenbetrag der Umbau des riesigen Restaurantbereiches an. Rund 4500 Arbeitsplätze sind im Centro entstanden.

Dafür kann man in dem ganzen riesigen Einkaufszentrum nicht mal einen Apfel kaufen, wie die „Westdeutsche Allgemeine Zeitung“ bemängelte – es gibt zwar massenhaft Schuhläden, aber kein Lebensmittelgeschäft. „Ein künstliches neues Herz für eine kranke Stadt“, schreibt die Zeitung.

Der städtische Tourismusmanager Franz-Josef Muckel ist dennoch zufrieden: Oberhausen habe sich zum Tourismusziel für Kurzurlaube und Tagesausflüge entwickelt, seitdem es das Centro und nebenan Kultur- und Freizeitangebote etwa im ehemaligen Gasometer, der König-Pilsener-Arena und dem Metronom-Theater, gibt.

1995 übernachteten in der Industriestadt gerade mal 66.000 Menschen, 1997, ein Jahr nach der Centro-Eröffnung, waren es bereits fast doppelt so viele, heute fast 450.000. Auch für die Stadt rechnet sich die Ansiedlung: Die Gewerbesteuereinnahmen in Oberhausen haben sich seit 1994 auf knapp 85 Millionen Euro fast verdoppelt, sagt ein Stadtsprecher.

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