Concept Stores "Es ist wichtig, dass Überfluss inszeniert wird"

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Concept Stores ähneln religiösen Bauten

Viele dieser Geschäfte sind vor allem eines: Extrem geschmackvoll und aufwändig eingerichtet. Woher kommt das?
Ein Kapitel in meinem Buch „Fetische des Konsums“ setzt sich mit einer umstrittenen These auseinander, die Ende der 80er Jahre von maßgeblichen Konsumforschern aus den USA aufgestellt wurde. Sie lautet, dass der moderne Konsum die Eigenschaft hat, sakral, das heißt übergeordnet, transzendierend, auf- und erhebend zu wirken.

Bieten Concept Stores in ihrer Inszenierung Elemente, wie sie sich in religiösen Gebäuden finden ließen?
Es gibt einen wunderbaren Beitrag des Künstler Hermann Ehmer, der schon 1971 anhand einer Doornkaat-Werbung aufzeigte, wie die typischen architektonischen Elemente einer Kathedrale in einer Anzeige nachempfunden wurden. In der Anzeigenmitte steht die Flasche, und die Ähnlichkeiten sind frappierend. In diesem Sinne des Abkupferns könnte man für viele Flagship und Concept Stores davon sprechen, dass sie mit diesen Elementen spielen, wie wir sie aus den Hochreligionen kennen: monumentale Bauten, die unvermittelt Eindruck schinden und Ehrfurcht auslösen. Ich würde jedoch bestreiten, dass es sich bei diesen Inszenierungen tatsächlich um genuin sakrale Elemente handelt. Es sind bloß Anleihen. Der Konsum selbst vermag in meinen Augen mangels einer starken Ideologie (Theologie) die Erwartungen an eine Religion nicht erfüllen. Insofern reagiere ich immer sehr skeptisch, wenn diese Verbindung zu weit getrieben wird.

In diesen Städten ist der Luxus zu Hause
Schöne Prachtbauten im Grünen: Stuttgart Quelle: Dahler & Company Immobilien
Villa mit Pool Quelle: Dahler & Company Immobilien
Maisonette-Wohnung in Köln Quelle: Dahler & Company Immobilien
Luxus-Apartment in Frankfurt Quelle: Dahler & Company Immobilien
Premium-Wohnen in Hamburg Quelle: Dahler & Company Immobilien
Hamburger Immobilienmarkt Quelle: Dahler & Company Immobilien
Wohnen mit Blick auf die Außenalster Quelle: Dahler & Company Immobilien

Auch wenn es nur Anleihen sind – was versprechen sich die Marken und Händler, die ihre Shops so inszenieren, davon? Zumal die Kirchen hierzulande ja über Mitgliedsschwund klagen.
Ja, traditionelle, konfessionsgebundene Religion hat erkennbar an Einfluss verloren. Was aber weiterhin und in einer vervielfältigten Form außerhalb von Religion gilt, ist die Wirkung von Ästhetik, die Wirkung von monumentaler Architektur. Der Mensch ist, ob mit oder ohne Ideologie, durch große und aufwändig gestaltete Architektur leicht zu beeinflussen. Die Materialität lässt sich gewissermaßen vom ideologischen Hintergrund entkoppeln. Insofern sind Kathedralen wie der Kölner Dom oder Notre Dame ungeachtet ihres kulturellen Backgrounds noch immer in der Lage, Eindruck zu schinden, sensationell zu wirken, Ehrfurcht zu erzeugen. Auf dieser Effektbasis sind auch viele Concept Stores und große Shopping Malls konzipiert worden. Dies ist ein Effekt, der vielseitig einzusetzen ist. Wobei die katholische Kirche auf Grund ihrer langen Geschichte hierfür eine Art Vorbildfunktion erhalten hat. Durch Religionen wurden einige der bedeutendsten Gebäude der Menschheit errichtet, so auch die Pyramiden: gleichfalls ein religiöser, zugleich aber auch dynastischer Hintergrund, das hing ja früher oft zusammen. Derartige imposante Gebäude aus religiös-herrschaftlichem Zusammenhang haben unverkennbar eine Vorbildfunktion für andere Verwendung ähnlicher Ästhetik zugewiesen bekommen, und das teilt sich in einer höchst verkleinerten Form selbst in Concept Stores mit.

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