Containerkrise Ikea nimmt hunderte Produkte aus dem Sortiment

Billy an Bord? Ikea bekommt die Engpässe im weltweiten Frachtverkehr zu spüren

Einrichtungsboom und Lieferschwierigkeiten führen dazu, dass der weltweit größte Möbelkonzern Ikea künftig weniger Produkte verkaufen wird. Die Schweden wollen „Breite und Tiefe“ ihres Angebots reduzieren.

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Um lieferfähig zu bleiben, will Ikea im kommenden Geschäftsjahr weniger Produkte anbieten, berichtet die WirtschaftsWoche. Geplant ist „eine Reduzierung des gesamten Sortimentsvolumens in Europa um rund fünf Prozent und in Nordamerika um rund vier Prozent“, sagt eine Sprecherin. Nach Branchenschätzungen verkauft der weltweit größte Möbelkonzern derzeit rund 12 000 Artikel in den Einrichtungshäusern. Damit würde Ikea auf bis zu 600 Artikel verzichten. Das Unternehmen wollte keine konkreten Zahlen nennen. 

Ikea will damit der Gefahr vorbeugen, dass wegen Problemen im Transport die Kunden auf einmal vor leeren Regalen stehen könnten. Das Unternehmen strebe mit der Sortimentsreduzierung „eine höhere Produktverfügbarkeit“ in seinen Einrichtungshäusern und auch dem Onlineshop an.

Hintergrund sind laut Ikea die „Einschränkungen des Warenflusses aus Asien“ bei gleichzeitig steigender Möbelnachfrage. „Wir haben im vergangenen Jahr der Pandemie beobachtet, dass sich die Menschen verstärkt Projekten im Zuhause gewidmet haben – umgebaut, renoviert oder sich neu eingerichtet haben“, teilt das Unternehmen mit. Das habe „zu einer gesteigerten und durchweg hohen Nachfrage“ geführt. Zugleich stünden Lieferketten „weltweit vor großen Herausforderungen“. Dies wirke sich auf die gesamte Transportbranche, auf Rohstoffe, Einkauf und Produktion aus und bedeute auch für Ikea „große Einschränkungen in der Seefrachtkapazität“.

von Henryk Hielscher, Stephan Knieps, Peter Steinkirchner

Um darauf zu reagieren, habe der Konzern bereits umfassende Maßnahmen ergriffen und das Transportvolumen so im laufenden Geschäftsjahr 2021 auch um circa zehn Prozent im Vergleich zum Stand vor der Pandemie erhöht. Aber: „Mit Blick auf das kommende Geschäftsjahr sehen wir, dass die bisher ergriffenen Maßnahmen nicht ausreichen“, sagt die Sprecherin. Der Möbelhändler will sich nun auf die wichtigsten Sortimentsbereiche und Produkte konzentrieren und diese „priorisieren“. „Das bedeutet, dass wir die Breite und Tiefe unseres Sortiments für das kommende Geschäftsjahr 2022 reduzieren.“ Auf welche Produkte Ikea konkret verzichten will, ließ das Unternehmen offen.

Auch Aldi und Deichmann betroffen

Derzeit stammen rund 70 Prozent der in Europa verkauften Ikea-Möbel auch aus Europa. Ein Großteil der verbleibenden Artikel dürfte jedoch aus Asien importiert werden und ist damit besonders stark von den Seefrachtproblemen betroffen. Die Schiffe sind überbucht und verspätet, die Häfen überlastet. Weil die Nachfrage die Kapazität übersteigt, können derzeit nicht alle Waren verschifft werden.

Verschärft wurde die Lage durch die zeitweise Schließung des Hafens von Yantian in Südchina, nachdem die Gesundheitsbehörden dort Fälle der Delta-Variante des Coronavirus‘ festgestellt hatten. Über Wochen konnten in dem viertgrößten Hafen der Welt kaum Container bewegt werden. Mittlerweile hat der Hafen seinen Betrieb wieder aufgenommen. Die Unterbrechung reichte jedoch aus, um die ohnehin strapazierten globalen Lieferketten weiter massiv zu stören.

Neben Ikea kämpfen auch viele andere Händler mit Logistikproblemen. Beim Möbel- und Dekoanbieter Butlers zeichne sich ab, dass „aufgrund der Produktionsengpässe und der angespannten Frachtsituation“ in Zukunft einzelne Artikel „zeitweise ausverkauft sein werden“, warnt Geschäftsführer Wilhelm Josten.

Der Lebensmitteldiscounter Aldi Süd befürchtet, dass es aufgrund der Sperrung des Hafens in Yantian „in den kommenden Wochen vereinzelt zu Lieferverzögerungen bei Aktionsartikeln kommen könne. „Da die Sperrung die Infrastruktur des gesamten Frachtverkehrs beeinflusst, können wir aktuell nicht absehen, wie lange die Situation anhalten wird“, teilt eine Aldi-Sprecherin mit. Auch Schuhhändler Deichmann spürt „die Auswirkungen dieser weltweit angespannten Logistik-Situation“. Die Pandemie habe die internationalen Lieferketten aus dem Takt gebracht. Die Ergebnisse sind seit geraumer Zeit „Verzögerungen in der gesamten Container-Wirtschaft und immens hohe Transportpreise“, heißt es von Deichmann.

Mehr zum Thema: Die weltweiten Engpässe im Frachtverkehr werden in den kommenden Monaten auch die Verbraucher in Deutschland spüren. Bei welchen Händlern bald leere Regale und höhere Preise drohen – und wer die Krise meistert.

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