Corona-Folgen Galeria Karstadt Kaufhof: Sanierer erwarten bis zu 1,4 Milliarden Euro Umsatzverlust

Galeria Karstadt Kaufhof: Sanierer erwarten bis zu 1,4 Milliarden Euro Umsatzverlust Quelle: imago images

Der Kaufhausriese Galeria Karstadt Kaufhof war schon vor Corona angeschlagen. Nun schlagen die Folgen heftig ins Kontor: Milliardeneinbußen drohen. Dennoch sollen den Sanierern zufolge zwei Drittel der Warenhäuser weitermachen können.

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Die Sanierungsexperten Arndt Geiwitz und Frank Kebekus rechnen mit hohen Umsatzeinbußen und harten Einschnitten bei Galeria Karstadt Kaufhof. „Wir gehen von einer Milliarde Umsatzverlust in diesem Jahr aus und rechnen auch nicht damit, dass die Kunden im kommenden Jahr wieder so einkaufen werden wie vor Corona. Das heißt, bis Ende 2022 könnten die Umsatzeinbußen sogar auf insgesamt rund 1,4 Milliarden Euro steigen“, sagte der Generalbevollmächtigte Geiwitz der WirtschaftsWoche.

Angesichts der Corona-Auswirkungen seien harte Schnitte unumgänglich. „Ich würde auch lieber ankündigen, dass nur ein paar Häuser geschlossen werden und sich der Arbeitsplatzabbau über Altersteilzeit abfangen lässt. Dann werden wir gefeiert, aber das bringt das Unternehmen keinen Schritt weiter“, sagte der vorläufige Sachwalter Kebekus. Die Insolvenzexperten zeigten sich über die Zahl der Schließungen jedoch gesprächsbereit.

„Wir haben allen Beteiligten klar gemacht, dass 80 Häuser ‚im Feuer‘ stehen. Das ist aber nicht die endgültige Zahl“, so Kebekus. „Es gibt Warenhäuser, die sich nicht profitabel betreiben lassen, selbst wenn das Unternehmen keinen Cent Miete zahlen müsste. Diese Häuser stehen auf der roten Liste und werden geschlossen“, sagte Kebekus. Andere Häuser würden gut laufen und seien auf der schwarzen Liste. „Und dann gibt es über ein Dutzend Filialen auf der grauen Liste. Wenn es für diese Standorte noch Zugeständnisse von Vermietern und anderen Beteiligten gibt, kann es dort durchaus weiter gehen. Von den insgesamt 172 Warenhäusern könnten am Ende im Idealfall vielleicht fast zwei Drittel weiter machen“, so Kebekus gegenüber der WirtschaftsWoche.

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Nur durch diese Einschnitte könne „ein starkes, gesundes Unternehmen entstehen“, das beim nächsten Virus-Shutdown nicht sofort wieder vor dem Kollaps steht. „Dafür müssen wir das Ergebnis um rund 300 Millionen Euro steigern, sagte Geiwitz. Bis Ende 2022 soll der Warenhauskonzern „wieder Gewinn erzielen, und der muss so spürbar sein, dass die Filialen in den kommenden Jahren für mehrere hundert Millionen Euro modernisiert werden können und zwar aus der eigenen Finanzierungskraft“, sagte Kebekus. Den Beitrag der Beschäftigten bezifferte Geiwitz auf „insgesamt deutlich unter 50 Prozent des gesamten Sparvolumens“. Mit den Vermietern verhandele man bereits über Mietnachlässe. „Die Höhe unserer Forderungen ist sehr unterschiedlich und hängt davon ab, wie gut die jeweiligen Filialen laufen, ob es Doppelstandorte sind und wie der bauliche Zustand ist“, so Kebekus.

Auch Karstadt-Kaufhof-Eigentümer René Benko soll dabei nicht verschont werden. Die Filialen seiner Immobiliengruppe Signa seien von Schließungen allerdings „sicher unterdurchschnittlich betroffen, weil Signa tendenziell eher die besseren Objekte besitzt, also solche, die sich rechnen“, so Kebekus. Gleichwohl werden auch Zugeständnisse von Signa erwartet. „Über die Form müssen wir noch sprechen. Ein Sanierungsbeitrag kann ja auch darin bestehen, dass Signa mit der Miete runter geht. Oder die Miete bleibt wie sie ist und im Gegenzug gibt Signa uns Cash. Denn Liquidität ist das, was wir aktuell dringend brauchen“, sagte Geiwitz.

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Ein nochmaliger Verkauf des Warenhauskonzerns zeichnet sich bislang nicht ab. „Aktuell gibt es niemanden, der das Unternehmen übernehmen will. Wir rechnen auch nicht damit, dass noch jemand Interesse anmeldet“, sagte Kebekus der WirtschaftsWoche. Benko bleibe in der jetzigen Phase „der einzige, der die Bereitschaft signalisiert hat, viel Geld in die Sanierung von Karstadt-Kaufhof zu stecken.“

Bereits Ende Juni soll im Detail feststehen, wer welche Beiträge zur Sanierung leistet und im Anschluss ein Insolvenzplan erstellt werden, über den die verschiedenen Gläubigergruppen im Juli abstimmen. „Wenn der Insolvenzplan abgelehnt wird, dann wird wahrscheinlich alles zugesperrt, so wie bei Schlecker“, warnte Geiwitz. Aktuell gehe er jedoch davon aus, dass Kaufhof und Karstadt erhalten bleiben. „Trotz aller Probleme ist der Warenhauskonzern zu retten, wenn auch nicht unbedingt in seiner heutigen Form“, sagte Geiwitz.

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