Der Onlinehändler Amazon vernichtet massenhaft Retouren und neuwertige Produkte. Das zeigen Recherchen der WirtschaftsWoche und des ZDF-Magazins Frontal 21.
Interne Produktlisten, Fotos und Aussagen von Mitarbeitern belegen, dass in großem Umfang Güter aller Art in den deutschen Logistiklagern entsorgt werden – beispielsweise Kühlschränke, Wasch- und Spülmaschinen, Handys, Tablets, Matratzen und Möbel. Eine Amazon-Mitarbeiterin berichtet, dass sie jeden Tag Waren im Wert von mehreren zehntausend Euro vernichtet habe. Mehrere Beschäftigte kritisieren übereinstimmend, Amazon würde nicht nur unbrauchbare Produkte entsorgen, sondern auch funktionstüchtige, teilweise sogar neue Produkte zerstören.
Amazon bestreitet die Vernichtung von Waren nicht, teilt aber mit, das Unternehmen arbeite jeden Tag an der Verbesserung von Prozessen, um „so wenig Produkte wie möglich entsorgen zu müssen“. Weiter heißt es: „Wenn Produkte nicht verkauft, weiterverkauft oder gespendet werden können, arbeiten wir mit Aufkäufern von Restbeständen zusammen, die diese Waren weiterverwenden.“
Jochen Flasbarth, Staatssekretär im Bundesumweltministerium, fordert Amazon auf, die Vorwürfe aufzuklären. „Das ist ein riesengroßer Skandal, denn wir verbrauchen auf diese Weise Ressourcen mit allen Problemen insgesamt auf der Welt. Ein solches Vorgehen passt einfach nicht in diese Zeit.“ Und weiter: „Ich bin überzeugt, dass viele Verbraucher von einem solchen Verhalten schockiert sind und es auch nicht akzeptieren werden“, so Flasbarth. Der ehemalige Umweltminister Klaus Töpfer nennt die Praxis von Amazon „unverantwortlich“.
Die Umweltorganisation Greenpeace fordert Konsequenzen: „Wir brauchen ein gesetzliches Verschwendungs- und Vernichtungsverbot für neuwertige und gebrauchsfähige Ware“, sagt Greenpeace-Expertin Kirsten Brodde.
Deutschlands größter Onlinehändler bietet auch externen Anbietern, die den Logistikservice „Versand durch Amazon“ nutzen, die Möglichkeit, unverkaufte Lagerbestände zu entsorgen. „Sie können Ihren Lagerbestand auf Wunsch von uns entsorgen lassen“, heißt es in einer Angebotsübersicht von Amazon. Interne Dokumente zeigen, dass der Service offenbar rege genutzt wird.
Auf Produktlisten, die Frontal 21 und der WirtschaftsWoche vorliegen, tauchen zum Beispiel Kinderturnschuhe, Kopfhörer sowie hunderte weitere Artikel auf – für einen einzigen Tag, in einem einzigen Lager. Sie wurden intern mit der Versandmethode „Destroy“ gekennzeichnet.





English version: Amazon destroys massive quantities of returned and as-new goods
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