Die Schuld gibt die Branche auch der Politik. Die subventioniert derzeit nämlich vor allem Energiepflanzen. „Die steigende Förderung von Energiepflanzen für Biogas korrespondiert mit einer rückläufigen Förderung für Ökolandbau“, so Berater Klaus Braun. Zugleich wächst der Kampf um geeignete Flächen. In einigen Regionen Deutschlands haben sich die Pachtpreise binnen weniger Jahre verdoppelt und verdreifacht.
Dass in der EU derzeit darüber beraten wird, die Regelungen für die Verarbeitung und Kennzeichnungen von Bio-Produkten auf neue Füße zu stellen, sorgt in der Branche für zusätzlichen Unmut. Viele Bauern befürchten Nachteile im Wettbewerb mit Produkten aus dem Ausland, die meist zu billigeren Konditionen und unter geringeren Kontrollen produziert werden.
Weil die Zukunft unsicher ist, würden viele Bauern Investitionen in die ökologische Landwirtschaft scheuen, ist sich BNN-Geschäftsführerin Elke Röder sicher. Die Totalrevision der Öko-Verordnung schwebe „wie ein Damoklesschwert über der ganzen Branche“, sagt sie.
Die Skepsis der heimischen Bauern mehr auf Öko-Landwirtschaft hat massive Auswirkungen auf den Handel. Er greift immer häufiger auf Importware zurück. Tatsächlich stammt schon jetzt ein großer Teil der Bioprodukte im deutschen Handel nicht von heimischen Feldern. Jede dritte Bio-Kartoffel kommt aus dem Ausland, schätzt der Branchenverband AMI. Bei Möhren oder Äpfeln sei es mehr als die Hälfte.
Um weiterhin ausreichende Produkte von deutschen Feldern zu bekommen, lockt der Handel die Bauern mittlerweile selbst. 400.000 Euro steckt Alnatura in ein Förderprogramm, um die Biobauern zu fördern. Ziel ist es, „bis 2020 eine Fläche von 3.000 Hektar auf Bio umzustellen“, verkündet das Unternehmen. Ein Tropfen auf den heißen Stein. Zum Vergleich: Derzeit werden in Deutschland etwa eine Million Hektar nach den Regeln des Ökologischen Landbaus bestellt.
5. Kampf um das Image
Dass Alnatura das Förderprogramm auflegt, hat vor allem Symbolcharakter – und dient dazu, dass Image der Marke zu stärken. Ein Spiel, das das Unternehmen gut beherrscht. In einem Ranking der Agentur Y&R zu den stärksten Marken im Lebensmittelhandel kommt Alnatura bei der Markenwahrnehmung auf Rang vier. Vor großen Namen wie Rewe und Kaufland. Denn's schafft es immerhin auf Platz 10.
Die Marke Alnatura sei klar profilierter und besetze glaubwürdig den Super-Benefit „Gesundheit“, erklären die Markenexperten das Ergebnis. „Das Unternehmen agiert in den Augen der Verbraucher verantwortungsvoll und ist deshalb vertrauenswürdig“. Deshalb akzeptierten die Kunden auch die Preise.
Glaubwürdigkeit und Vertrauen zählen für die gesamte Branche zu den entscheidenden Faktoren. Die Kunden kommen eigentlich nicht wegen des Geschmacks, sondern weil sie überzeugt sind, mit dem Kauf eine gute Sache zu unterstützen. Biolebensmittel sind Nahrung für das Gewissen.
Immer wieder hat das Image der „guten“ Öko-Händler in der Vergangenheit jedoch Kratzer bekommen. Dass der Wettkampf zwischen den großen Ketten immer stärker auch über den Preis ausgetragen wird, bekommen auch die Angestellten zu spüren. Alnatura und Denn's standen ebenso am Pranger wie die Bio Company, weil sie ihre Mitarbeiter lange und hart arbeiten lassen, aber nicht nach Tarif bezahlen.
Auch die Lebensmittel selbst kamen zuletzt immer häufiger in die Schlagzeile. Binnen weniger Monate musste Alnatura verschiedene Produkte aus dem Handel nehmen. Im Winter rief Alnatura vorsorglich verschiedene Brei-Sorten zurück, im Januar das Sesammus Tahin.
Die Branche holt ihr eigener Erfolg ein: Mit dem wachsenden Absatz steigt die potentielle Fehlerquote. Mit der Expansion wächst das Medieninteresse. Und unter dem Druck, viele Filialen proftitabel betreiben zu müssen, orientieren sich die Bio-Ketten vielfach am Erfolgsrezept der Supermärkte und Discounter.
„In Zukunft werden die Biohändler den Spagat zwischen Nischenmarkt und Mainstream meistern müssen“, glaubt Klaus Braun. Entscheidend wird es dabei sein, dass sie ihre Glaubwürdigkeit nicht verlieren.