
„Bio-Boom“, „Megatrend“, „ungebrochen“. Es sind markige Worte voller Lob, mit denen Medien und Verbände derzeit über das Geschäft mit ökologischen Lebensmitteln berichten. Kein Wunder, gerade feiert sich die Branche auf der Biofach, der weltweit größten Messe für ökologische Konsumgüter.
Anscheinend aus gutem Grund: Deutschland ist nach den USA der umsatzstärkste Bio-Markt weltweit. In den vergangenen 15 Jahren hat sich der Umsatz fast vervierfacht. Eine Erfolgsgeschichte.
Auf 7,91 Milliarden Euro beziffert die Agrarmarkt Informations-Gesellschaft den Umsatz, der 2014 mit Bio-Lebensmitteln und -Getränken gemacht wurde - knapp fünf Prozent mehr als im Vorjahr. Und das in einer Zeit, in der der konventionelle Lebensmittelhandel stagniert.
Wer vom Boom bei den Öko-Lebensmitteln profitiert
Umsatz 2013: 7,55 Milliarden Euro
Umsatz 2014: 7,91 Milliarden Euro
Quelle: Arbeitskreis Biomarkt
Lebensmittelhandel einschließlich Drogeriemärkte
Anteil am Gesamtmarkt: 53 Prozent
Umsatz 2013: 4,06 Milliarden Euro
Umsatz 2014: 4,21 Milliarden Euro
Naturkostfachgeschäfte
Anteil am Gesamtmarkt: 33 Prozent
Umsatz 2013: 2,40 Milliarden Euro
Umsatz 2014: 2,62 Milliarden Euro
Sonstige
Bäckereien, Metzgereien, Obst/Gemüse-Fachgeschäfte, Wochenmärkte, Ab-Hof
Anteil am Gesamtmarkt: 14 Prozent
Umsatz 2013: 1,10 Milliarden Euro
Umsatz 2014: 1,09 Milliarden Euro
Doch mit dem Wachstum kommen auch immer größere Probleme auf die Biohändler zu. An fünf Schauplätzen kämpft die Branche um ihre Zukunft – gegen sich selbst, gegen den Druck von außen und gegen die Politik.
1. Der Kampf Groß gegen Klein
Jahrelang profitierten vom Bio-Boom vor allem die großen Ketten – auf Kosten der kleinen, inhabergeführten Läden. Sie hatten seit den Achtzigerjahren das Feld bereitet, mussten dann aber mit ansehen, wie denn's, Alnatura und Bio Company die Einkaufsstraßen der Städte eroberten.
Von 2007 bis 2014 stieg die Zahl der Alnatura-Filialen von 45 auf 83, die der denn's-Läden von 17 auf 143. Und das war nur der Anfang. In den kommenden Monaten solle eine noch raschere Expansion folgen, sagen Insider voraus.
Häufig haben sich die Bio-Supermarktketten in den Innenstädten niedergelassen. In guten Lagen, zwischen C&A und Burger King. Mit großen, hellen Verkaufsräumen und einem Warenangebot, das konventionellen Supermärkten kaum nachsteht, zugleich aber preiswerter ist als in vielen Fachgeschäften, locken sie die Laufkundschaft.
Die größten Bio-Supermarktketten in Deutschland 2014
Ebl Naturkost betreibt 23 Läden in Deutschland. Das Unternehmen wurde 1994 gegründet.
Mit 25 Filialen ist die Bio-Supermarktkette Basic auf dem vierten Platz.
Den dritten Platz belegt Bio Company mit 47 Läden.
Auf dem zweiten Platz befindet sich Alnatura mit seinen Super-Natur-Märkten. In Deutschland hat das Unternehmen mehr als 80 Filialen – und will noch weiter expandieren.
Die größte Bio-Supermarktkette Deutschlands heißt Denn's. Hierzulande betreibt das Unternehmen 143 Filialen.
Wo sich die Bio-Supermarktketten niederlassen, sterben die Kleinen. Das galt fast zehn Jahre lang in der Öko-Handelsbranche. Erstmals deutet sich jedoch eine Trendwende an, denn vom Umsatzplus bei den Biolebensmitteln profitierten die Naturkostfachgeschäfte 2014 überdurchschnittlich stark. „Wir haben zum ersten Mal seit langem wieder mehr Eröffnungen von kleinen Läden als Schließungen“, sagt Elke Röder vom Bundesverband Naturkost Naturwaren.
Daraus zu schließen, kleine Naturkostgeschäfte erlebten eine Renaissance, greift jedoch zu kurz. Denn während die Zahl der Geschäfte 2014 um etwa zwei Prozent stieg, wuchs die Gesamtverkaufsfläche der Bioläden um acht Prozent. Anders gesagt: „Für einen kleineren Bioladen, der zumacht, macht ein größerer auf“, erklärt Branchenkenner Klaus Braun, Berater kleiner und mittelgroßer Bioläden.
2. Der Kampf der Ketten
Aber es ist nicht nur der klassische Kampf des Einzelhandels, der die Branche der Ökohändler durchrüttelt. Auch zwischen den großen Anbietern selbst tobt ein erbitterter Kampf.
Um die großen Läden profitabel zu machen, sind Alnatura, denn's Biomarkt und die Bio Company auf viel Laufkundschaft angewiesen. Die Standortanforderungen für neue denn's Filialen lesen sich deshalb wie die der konventionellen Supermarktketten. In der City suche man Ladenräume mit einer attraktiven Fassade, mindestens 10.000 Anwohnern im fußläufigen Umfeld und einer guten ÖPNV-Anbindung, heißt es auf der Unternehmenswebsite. Gewünschte Ladengrößen: bis zu 800 Quadratmeter.