Der Alibaba-Gründer im Porträt Die fünf Gesichter des Jack Ma

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Keine Gnade, kein Einsehen, keine Geduld

3. Der Exzentriker

Kaum etwas sagt über Mas Persönlichkeit so viel aus wie sein Eingeständnis: „Ich habe mir immer gewünscht, in Zeiten des Krieges geboren zu sein. Was hätte ich als General erreichen können!“

Denn Angriff und Aggressivität gehören zu dem Charakter des Chinesen wie der Klick zum Internet. Als Ebay 2003 im Reich der Mitte einen Marktanteil von 85 Prozent besaß, erklärte Ma dem US-Giganten einfach den Guerillakrieg. Dazu wies er seine Manager an, den Revolutionär Mao Tse-tung zu studieren und in Militäruniformen zu joggen. „Heute ist dunkel, morgen ist noch dunkler, doch übermorgen scheint die Sonne“, ließ er sie wissen. „Die meisten sterben am Abend des zweiten Tages!“

Der Aufstieg von Alibaba

Mit chinesischem Wimmeldesign und einer Chat-Möglichkeit, um mit Kunden und Verkäufern zu reden, macht Ma seinen Online-Marktplatz zur digitalen Vernichtungswaffe für Ebay. 2005 hat er bereits 60 Prozent Marktanteil. In dieser Zeit spricht er auch die heute berühmten Worte: „Ebay ist ein Hai im Ozean, wir sind ein Krokodil im Yangtse. Wenn wir im Ozean kämpfen, verlieren wir, im Fluss aber sind wir die Gewinner!“ Im darauffolgenden Jahr räumt Ebay die Niederlage ein und zieht sich 2007 fast vollständig aus China zurück.

4. Der Unerbittliche

Ma kennt keine Gnade, kein Einsehen, keine Geduld. Als er das Flaggschiff des Unternehmens, das Online-Portal Taobao, entwickelte, verordnete er seinen Mitarbeitern strikte Isolation und Hingabe. Seine Ali-Ren, wie die Alibaba-Mitarbeiter heißen, dürfen ein halbes Jahr keine Presse lesen, Zum Arbeiten pfercht Ma sie in seiner eigenen Wohnung ein. Unerbittlich kämpft Ma, bis er seinen anfangs übermächtigen Konkurrenten Ebay vom Markt gedrängt hat.

Zurzeit heißt Mas Hauptgegner Tencent. Der größte Internet-Konzern Asiens ist 135 Milliarden Dollar schwer und macht Alibaba an mehreren Fronten zu schaffen: Der beliebte Messaging-Dienst WeChat (vergleichbar mit dem westlichen WhatsApp) wird von 300 Millionen Chinesen genutzt. Dagegen hat Ma seine Eigenkreation Laiwang in Stellung gebracht. Er hat seine Mitarbeiter aufgefordert, auf Laiwang umzusteigen. Würden sie das Produkt nicht ausreichend bewerben, drohte er, werde er ihnen den Jahresbonus streichen.

Mas Rigorosität erstreckt sich bis ins Privatleben. Ende der Neunzigerjahre installierte er seine Frau Zhang Ying, mit der er seit den Achtzigern verheiratet ist, als General Manager von Alibaba. Den 1992 geborenen Sohn sah das Paar darauf hin nur am Wochenende. Als der Zehnjährige später süchtig nach Online-Games wurde, wies Ma seine Frau an, sich nur noch um die Familie zu kümmern. Sie tut, was er sagt.

Auch politisch kennt Ma kein Pardon. Ende der Neunziger arbeitete er selbst zwei Jahre lang für die Regierung. Als ein Journalist eingesperrt wurde, weil der Alibaba-Investor Yahoo Informationen an die Öffentlichkeit weitergegeben hatte, fragte ihn eine Reporterin, wie er sich verhalten hätte: „Genau so!“, platzte es aus Ma heraus. „Wer Geschäfte machen will, muss sich an die Gesetzes des Landes halten!“

5. Der Menschenfreund

Seiner Sozialisation hat Ma es zu verdanken, dass er jetzt danach lechzt, seinen Landsleuten Gutes zu tun. Der Endvierziger gehört zur ersten Generation großer chinesischer Unternehmer wie Yang Yuanqing von Lenovo oder Pony Ma von Tencent, die ihre Kindheit in bitterer Armut verbrachten.

Als Ma im Mai 2013 seinen Rücktritt vom Chefposten bei Alibaba bekannt gab, um an die Aufsichtsratsspitze zu rücken, erklärte er, seinem Land etwas zurückgeben zu wollen. Seitdem macht er auf Menschenfreund. So hat Ma mit über drei Milliarden US-Dollar, zwei Prozent des Firmenvermögens, dieses Jahr einen Fonds für wohltätige Projekte gegründet, der kulturelle, soziale und umweltfreundliche Projekte fördert.

Zudem ist Ma Vorsitzender des chinesischen Arms der Organisation The Nature Conservancy, die sich um die verschmutzten Böden und Gewässer durch das unkontrollierte Wirtschaftswachstum kümmert.

„In China werden in den nächsten 10 oder 20 Jahren viele Leute Krankheiten wie Krebs bekommen, weil Wasser, Luft und Lebensmittel verschmutzt sind“, sagt er.

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