Deutsche Bahn Wie Dobrindt mehr Güter auf die Schiene bringen will

Verkehrsminister Dobrindt bereitet einen Masterplan für mehr Gütertransport auf der Schiene vor. Die Bahn und ihre Konkurrenten fordern eine Halbierung der Trassenpreise und Hilfe vom Bund. Doch der Eigentümer winkt ab.

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„Es wird keine Halbierung der Schienenmaut. Es muss ja auch noch eine unternehmerische Leistung geben“, sagt Verkehrsminister Alexander Dobrindt. Quelle: dpa

Berlin Alle sind sich einig: Würde die Deutsche Bahn als Verwalter des Schienennetzes die Preise zur Nutzung der Gleisanlagen senken, wäre das gut für die Wettbewerbsfähigkeit der Eisenbahn. Die Bahnen könnten die Preise senken. Mehr Güter und Menschen in den Zügen ist ohnehin Standardforderung in jeder verkehrspolitischen Sonntagsrede. Nun macht die „Halbierung der Schienenmaut“ die Runde, und es sieht so aus, als könnte die Regierungskoalition in Berlin das Projekt tatsächlich noch vor den Wahlen im Herbst auf die Schiene bringen.

Die gesamte Branche ist begeistert von der Idee. Deutsche Bahn, ihre Konkurrenten, Gewerkschafter und Verkehrspolitiker. Einziger Haken: Der Bund müsste der Bahn dafür einen Ausgleich zahlen. Und ob Finanzminister Wolfgang Schäuble so begeistert ist, bleibt derzeit offen. Schließlich müsste er bis zu 360 Millionen Euro zusätzlich an die DB Netz zahlen. Jährlich.

Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) bereitet gerade einen Masterplan für mehr Gütertransport mit der Bahn vor. Und ein wesentliches Element darin soll die Schienenmaut sein. Das machte Staatssekretär Enak Ferlemann am Dienstag in Berlin deutlich. Doch der Vertreter Dobrindts bremste gleich all zu hohe Erwartungen: „Es wird keine Halbierung der Schienenmaut. Es muss ja auch noch eine unternehmerische Leistung geben.“

Ferlemann, der selbst von einer „ziemlichen Operation“ durch den Eingriff mit Subventionen in den Wettbewerb zwischen Bahn, Straße und Schifffahrt sprach, deutete zudem an, dass eine steuerfinanzierte Senkung der Schienenmaut erst einmal für einen begrenzten Probezeitraum von fünf Jahren geplant ist. „Um dann zu sehen, wie das wirkt.“ Klar ist damit: Das Füllhorn wird nicht über der Bahn ausgeschüttet.

In absoluten Zahlen transportiert die Bahn zwar seit Jahren mehr Güter und Menschen. Doch gegen die anderen Verkehrsträger hat die Eisenbahn verloren. Das enorme Verkehrswachstum in den vergangenen 20 Jahren findet vor allem auf der Straße statt. Lastwagen beförderten 1995 gut 67 Prozent aller Waren in Deutschland, 2016 sind es schon fast 73 Prozent.

Die Dramatik wird allerdings erst an einer anderen Zahl deutlich: Die Mautgebühren für Lkw sind seit 2010 um 16 Prozent gesunken, die Trassengebühren der Gütereisenbahn dagegen um 16 Prozent gestiegen. Jede Senkung der Trassenmaut würde im Preiswettbewerb vor allem gegen die Straße wirken.

Während sich der Staatskonzern mit seinen Konkurrenten in der Frage nach einer Senkung der Schienenmaut in den den Armen liegen, entzündet sich allerdings gerade ein bizarrer Streit um die Höhe der Trassenpreise ab 2019. Die Bahn hat bei der Aufsichtsbehörde Bundesnetzagentur ihre Kosten-Kalkulation eingereicht, auf deren Grundlage am Ende entschieden wird, was Fern-, Regio- und Güterzüge künftig für jeden Kilometer auf dem Schienennetz zu zahlen haben. Die DB-Konkurrenten schlagen Alarm.


Gutachten sorgt für Aufregung

Die im Netzwerk Europäischer Eisenbahnen (NER) zusammengeschlossenen Bahngesellschaften und der Verband der Güterwagenhalter (VPI) haben mit Unterstützung der Gewerkschaft der Lokomotivführer (GDL) ein Gutachten in Auftrag gegeben, das für reichlich Aufregung sorgt. Darin kommt der Gutachter, der Berliner Wissenschaftler Christian Böttger, zu dem Schluss, dass die Deutsche Bahn überhöhte Kapitalkosten zur Berechnung der Trassenpreise von 950 Millionen Euro in Rechnung stellen wolle. Die Bahn setzte sogar Zinsen auf Steuern an, die sie gar nicht zahle, sagt Böttger. Insgesamt habe der Konzern 1,225 Milliarden Euro angesetzt, Böttger hält allenfalls 270 Millionen davon für gerechtfertigt.

Käme die Bahn mit ihren Forderungen durch, so heißt es bei den Initiatoren, liefe das auf einen elfprozentigen Anstieg der Schienenmaut und damit das „größte Trassenpreisprogramm in der DB-Geschichte“ hinaus. Und das ausrechnet jetzt, wo gerade über eine Senkung diskutiert werde um den Schienenverkehr wettbewerbsfähig zu machen.

Bahn-Infrastrukturchef Frank Sennhenn konterte am Dienstag derartige Berechnungen mit einem Satz: „Niemand muss Sorge haben, dass wir im Vorfeld einer Trassenpreishalbierung die Preise schon mal deutlich erhöhen.“ Die Vorwürfe entbehrten jeder Grundlage, hieß es beim Staatskonzern.

Einer hält den Zank um Kosten und Kalkulationen für völlig überflüssig. Der streitbare GdL-Gewerkschaftsvorsitzende Claus Weselsky plädiert für eine Radikalreform: Die Bahn solle in eine gemeinnützige Gesellschaft umgewandelt und damit „von der Gewinnerzielung befreit werden“. Aber davon redet in Berlin derzeit niemand. Dafür gibt es möglicherweise noch im Juni den Masterplan Schiene des Verkehrsministers. Dobrindt, so heißt es in der Branche, habe sich die Präsentation selbst vorbehalten. 

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