Die Deutsche Post kann sich voraussichtlich über eine Rückzahlungen von 377 Millionen Euro aus der Bundeskasse freuen. Das entschied das Europäische Gericht am Vormittag, das damit einen Bescheid der Europäischen Kommission für unrechtmäßig erklärte. Gegen das Urteil der Richter kann Brüssel allerdings beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) noch Rechtsmittel einlegen.
Der heutigen Entscheidung ging ein jahrelanger und komplizierter Rechtsstreit voraus, in dem die EU-Kommission schon einmal eine empfindliche Ohrfeige der Richter einstecken musste.
2002 hatte Brüssel die Deutsche Post aufgefordert, 572 Millionen Euro angeblich unerlaubter Bundes-Beihilfen zurückzuzahlen – plus 335 Millionen Euro an Zinsen. Der Gelbe Riese habe zwischen 1994 und 1998 unerlaubterweise sein Paketgeschäft, das im Wettbewerb mit Privatunternehmen stand, über sein staatlich gestütztes Briefgeschäft quersubventioniert. Ins Rollen gebracht hatte das Beihilfeverfahren der amerikanische Post-Konkurrent UPS, der sich benachteiligt sah.
Die Säulen der Deutschen Post
Umsatz: 7567 Millionen Euro - 25,2 Prozent
Gewinn (EBIT)*: 57 Millionen Euro - 4,0 Prozent
*ohne Kosten für Zentrale; Quelle: Unternehmen
Umsatz: 7987 Millionen Euro - 26,5 Prozent
Gewinn (EBIT)*: 172 Millionen Euro - 12,2 Prozent
*ohne Kosten für Zentrale; Quelle: Unternehmen
Umsatz: 7813 Millionen Euro - 26,0 Prozent
Gewinn (EBIT)*: 474 Millionen Euro - 33,6 Prozent
*ohne Kosten für Zentrale; Quelle: Unternehmen
Umsatz: 6695 Millionen Euro - 22,3 Prozent
Gewinn (EBIT)*: 708 Millionen Euro - 50,2 Prozent
*ohne Kosten für Zentrale; Quelle: Unternehmen
2008 erklärten die Luxemburger Richter jedoch, die EU-Kommission habe den Sachverhalt unzureichend geprüft. Die knapp eine Milliarde Euro, die der Dax-Konzern auf Geheiß aus Brüssel zwischenzeitlich an den Bund überwiesen hatte, erhielt die Deutsche Post daher zurück.
Ein Jahr zuvor aber hatte die EU-Kommission ihr Beihilfeverfahren gegen die Post ausgeweitet. Im Schwerpunkt ging es nun zusätzlich um die staatliche Entschädigung, die der Post bei der Privatisierung für die Übernahme der Beamtenversorgung gewährt wurde. Die Bundesregierung habe der Deutschen Post zwischen 500 Millionen und einer Milliarde Euro zu viel an Hilfestellung gezahlt, behauptete Brüssel und forderte 2012 eine entsprechende Rückzahlung. Die Post überwies daraufhin 298 Millionen Euro an den Bund und weitere Gelder zur Vorsorge auf ein Treuhandkonto, so dass bis heute 377 Millionen Euro an Abflüssen zusammenkamen.
Was die Post mit ihrer Strategie 2020 erreichen will
Auch der Kohlenstoffdioxid-Ausstoß soll verringert werden: Bis 2020 will die Post ihre Energie-Effizenz um 30 Prozent verbessern. Vor kurzem kaufte der Dax-Konzern zum Beispiel den deutschen Elektroauto-Entwickler Streetscooter auf.
Die Aktie Gelb soll weiter steigen: Post-Chef Frank Appel möchte zur ersten Wahl für Anleger werden. Zwischen 40 und 60 Prozent des Nettogewinns sollen die Aktionäre jährlich als Dividende ausgeschüttet bekommen.
Auch die Kundenzufriedenheit soll steigen - auf über 80 Prozent. Nach Recherchen der WirtschaftsWoche beschwerten sich allerdings vor allem deutsche Großkunden zuletzt über die Briefzustellung.
Der Gewinn ist die wichtigste Ziellinie in der Strategie 2020: Bis zum Ablauf der Frist will Appel fünf Milliarden Euro Plus machen. Dazu müsste er pro Jahr den Gewinn um acht Prozent steigern. Die Brief- und Paketsparte, die ihren Umsatz vor allem in Deutschland macht, soll drei Prozent Gewinnsteigerung pro Jahr dazu beisteuern - das Expressgeschäft, die Logistik- und Speditionssparten müssen zehn Prozent mehr im Jahr verdienen.
Kein anderer Dax-Konzern hat so konkrete und zugleich so ehrgeizige Ziele.
In Deutschland hat der durch den Onlinehandel ausgelöste Paketboom die Deutsche Post weit nach vorne getrieben. Jetzt will der Bonner Konzern diesen Effekt auch in den Schwellenländern mitnehmen: Bis 2020 soll sich der Marktanteil in diesen Regionen von 22 auf 30 Prozent erhöhen. Der Fokus liegt dabei auf Brasilien, Indien, China, Russland und Mexiko.
Auch bei den Mitarbeitern möchte die Post die erste Wahl sein. Ziel des Vorstand ist es, in den Mitarbeiterbefragung eine Zustimmungsquote von über 80 Prozent zu erlangen. Zuletzt lag die Quote bei ungefähr 70 Prozent.
Gleichzeitig aber klagte der Dax-Konzern gegen den Bescheid der EU-Kommission. Auch Frankreich habe seiner nationalen Post solche Beihilfen gewährt, monierte Vorstandschef Frank Appel, sei aber von der Kommission unbehelligt geblieben. Wie dieses Verfahren vor dem Europäischen Gericht Erster Instanz ausgehen wird, ist nicht entschieden. Das Urteil steht noch aus, zudem kann die unterlegene Partei Rechtsmittel einlegen.
Eine klare Indikation aber dürfte das heutige Urteil geben, bei dem die Bundesregierung in gleicher Sache gegen die EU-Kommission verhandelte. Die Kommission habe nicht nachgewiesen, urteilten die Luxemburger Richter, dass der Deutschen Post durch die Pensions-Entschädigung ein Wettbewerbsvorteil gegenüber Konkurrenten entstanden sei. Die Einstufung der Gelder als unerlaubte Beihilfen durch die Brüsseler Behörde sei damit nicht rechtens.
Die Deutsche Post geht davon aus, auch mit der eigenen Klage gegen die Kommission zu gewinnen. „Wir sind zuversichtlich, dass es gelingt, das Geld zurückzubekommen“, sagte ein Sprecher.