Deutsche Post, UPS, Hermes Wenn der Kiosk zum Paketshop wird

Kioske, Tankstellen und Supermärkte – hier werden immer wieder Pakete abgegeben und abgeholt. Angesichts geringer Gewinnmargen in der Branche, ist es fraglich, ob Besitzer von Paketshops vom Boom überhaupt profitieren.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Gerade Kioske mit langen Öffnungszeiten sind für Kunden und Paketdienste attraktiv. Quelle: dpa

Bonn „Bieten Sie einen Service, den Ihr Wettbewerber nicht hat“, wirbt der Hamburger Paketdienstleister Hermes um neue Partner im Einzelhandel. „Kurbeln Sie Ihren Umsatz an“, umgarnt Mitkonkurrent DPD Kioske und Tankstellen. Und bei der Deutschen Post DHL heißt es schlicht: „Nutzen Sie den Boom im Online-Handel für Ihr Zusatzgeschäft“. Allen geht es um das Eine: Pakete möglichst schnell, bequem und ohne Zeitverlust an den Kunden auszuliefern.

Angesichts des Wachstums im Online-Handel gilt ein dicht geknüpftes Netz von Paketshops in Deutschland als A und O für den Geschäftserfolg. Päckchen also nicht mehr nur daheim annehmen, sondern beim Kiosk um die Ecke abholen und auch dort abgeben? „Durch die Einrichtung der Paketshops haben wir unser Paketannahme- und Verkaufsstellenetz in den vergangene Jahren kontinuierlich erweitert“, schildert Sarah Preuß von der Deutschen Post DHL.

Der Branchenprimus aus Bonn, der am Donnerstag bei der Vorlage der Quartalszahlen erneut kräftige Zuwächse im Paketgeschäft meldete, kommt bundesweit nach eigenen Angaben auf rund 28.000 Paketannahmestellen. Davon sind 11.000 reine Paketshops, hinzu kommen Abgabe- und Annahmestellen in 13.000 Postfilialen. Außerdem rechnen die Bonner noch 3000 Packstationen und 900 Paketboxen dazu. Ziel sei gewesen, die Erreichbarkeit und die Kundennähe auszubauen.

Das größte Netz an Paketshops unterhält derzeit DHL-Konkurrent Hermes mit 14.000 Läden – Tendenz steigend. Der Mitwettbewerber DPD, eine Tochter der französischen Post, zählt 6000 sogenannte Pickup Paketshops und bei der GLS, die zur britischen Royal Mail gehört, sind es 5000 Läden.

Dabei unterscheiden die Unternehmen nicht genau, wer sich hinter diesen Zahlen verbirgt. Bei Hermes entfallen auf Kioske und Tankstellen jeweils rund 20 Prozent aller Paketshops, wie ein Firmensprecher sagt. Der übrige Anteil ist bunt gemischt – Videotheken befinden sich darunter, Kopierläden, Bäckereien, Supermärkte oder Schneidereien.

Tatsächlich ist der Kioskmarkt in Deutschland extrem unübersichtlich. Über ihn ist wenig bekannt, obwohl dort ein Umsatz in Höhe von mehreren Milliarden Euro im Jahr erwirtschaftet werden dürfte.

Einige Anhaltspunkte liefert eine ältere Studie von 2010 des Gremiums „Competence Center for on-the-go Consumption“ – also des schnellen Kaufs und Verzehrs für unterwegs – unter Leitung der Marketing-Expertin Sabine Benoit. Titel: Kioske in Deutschland – eine Bestandsaufnahme.


Lange Öffnungszeiten, aber geringe Lagerkapazitäten

Die Chancen für Kioske als Paketverteiler hält die Professorin an der Surrey Business School in der Nähe Londons für begrenzt, vor allem wegen der Lagerkapazitäten: „Ein paar Pakete am Tag kann ein Kioskbetreiber sicherlich zusätzlich lagern. Wenn das Volumen aber zunimmt ... und die Kunden ihre Pakete nicht sofort abholen, kann das problematisch für Kioske sein“, sagt Benoit.

Dabei soll deren Zahl in Deutschland grob geschätzt zwischen 18.000 bis 48.000 liegen, im Schnitt haben die Läden von 7 Uhr morgens bis 1.30 Uhr nachts geöffnet. Jeder fünfte Kiosk, so die Studie weiter, wird alleine von den Eigentümern und Familienmitgliedern geschmissen, ohne andere Mitarbeiter. Ein mühseliges Schuften um jeden Euro.

Wie viel das Paketgeschäft im Kiosk am Ende abwirft, ist unklar. Die Post bleibt vage, wenn sie betont: „Das Modell ist attraktiv für unsere Partner“. Hermes-Sprecher Ingo Bertram wird etwas genauer, wenn er pro Paket einen mittleren zweistelligen Cent-Betrag nennt. Um halbwegs gute Zahlen aus diesem Geschäft zu erlösen, müsste ein Kioskbesitzer viele Pakete beackern. Lohnt das überhaupt?

Sevket Dogan, der im Kölner Norden seit 22 Jahren einen Kiosk betreibt und seit acht Jahren Partner bei Hermes ist, bejaht diese Frage. Er beziffert die Erlöse aus der Verteilung der Pakete auf monatlich etwa 600 bis 700 Euro. Pro Paket bekommt er von Hermes 40 Cent. Doch dafür müssen Dogan und seine Ehefrau lange arbeiten. Der Kiosk hat sieben Tage die Woche geöffnet, von 7 Uhr morgens bis abends 22 Uhr, nur am Sonntag starten die Dogans eine Stunde später.

„Wir haben lange geöffnet, das macht uns attraktiv“, sagt der Kioskbesitzer und deutet schräg über die Straße, wo sich die gelbe Konkurrenz befindet. Die Postfiliale schließt um 18 Uhr. Genau das ist der Grund, warum ein Kiosk wie der von den Dogans von den Paketdienstleistern so umworben wird.

Aus Sicht der Paketfirmen werden gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Der Shop ist ein bequemer Abholpunkt für Pakete bis in den späten Feierabend hinein. Wenn jemand seine Pakete auch gleich dorthin bestellt, spart das Personalkosten bei der Auslieferung. Und durch mehr Laufkundschaft mache der Kiosk zusätzlichen Umsatz, sagen zumindest die Paketfirmen: So kommen zur Retoure, die in den Paketshop getragen wird, vielleicht noch schnell ein paar Süßigkeiten, eine Zeitschrift oder Getränke hinzu.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%