Deutschlands größte Airline Wie Lufthansa von der Katar-Krise profitiert

Die Krise am Persischen Golf offenbart, wie angreifbar das Geschäftsmodell der Golf-Airlines ist. Während sich Kunden von Qatar Airways abwenden, buchen sie bei etablierten Fluggesellschaften. Der Gewinner ist Lufthansa.

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Deutschlands größte Fluggesellschaft startet derzeit durch. Der Grund: Angesichts der Katar-Krise orientieren sich die Kunden um – in Richtung der etablierten Anbieter wie Lufthansa. Quelle: dpa

Frankfurt Carsten Spohr weiß, wann Diplomatie gefragt ist. Als die Briten im vergangenen Jahr den Brexit beschlossen, betonte der Lufthansa-Chef, er sei Europäer und als solcher bedaure er die Entscheidung. Freude darüber, dass Lufthansa wahrscheinlich zu den Profiteuren des EU-Ausstiegs der Briten zählen dürften, weil der das Geschäft der britischen Rivalen massiv behindert, war von Spohr nicht zu hören.

Ähnlich verhält es sich nun im Fall der Katar-Krise. Bis jetzt gibt es kein offizielles Statement von Spohr zu der politischen Zuspitzung am Persischen Golf. Lieber betont er allgemein die Bedeutung freier Märkte. Dabei steht fest: Für Lufthansa muss die aktuelle Entwicklung kein Nachteil sein, so perfide diese Erkenntnis angesichts der wachsenden Gefahr in der Region auch klingen mag.

Über Jahre haben die drei staatlich geförderten Golf-Airlines Emirates, Etihad und Qatar den etablierten europäischen Netzwerk-Airlines wie Lufthansa, IAG (British Airways und Iberia) sowie Air France-KLM auf der Langstrecke Kunden abgejagt. Sie lockten mit niedrigen Preisen, nagelneuem Gerät und Luxus. Und sie brauchten diese Passagiere auch, denn in ihren Emiraten gibt es viel zu wenige Einwohner und damit zu wenig potentielle Kunden, um ihre gewaltigen Flotten zu füllen. Noch zu Jahresbeginn hatte Spohr das so erzeugte Ungleichgewicht im Luftfahrtmarkt heftig beklagt.

Seit einigen Monaten ist der Lufthansa-Chef in diesem Punkt etwas zurückhaltender geworden. Die Kritik ist gar nicht mehr nötig, schließlich schwächeln die Erzfeinde gerade gewaltig, sind vor allem mit sich selbst beschäftigt. Erst erwischte es Etihad in Abu Dhabi. Deren Strategie, sich an maroden Airlines wie Air Berlin oder Alitalia zu beteiligen, scheiterte. Nun sucht man eine neue Strategie, baut Stellen ab.

Es folgte Emirates, die größte Fluggesellschaft am Persischen Golf. Weil es angesichts der Überkapazitäten sowie der wachsenden Konkurrenz von Billig-Airlines auch auf der Langstrecke immer schwerer fällt, die große Zahl an Superjumbos  A380 gewinnbringend zu füllen, brach im vergangenen der Geschäftsjahr das Ergebnis ein – unter dem Strich um über 80 Prozent. Öffentlich denkt Emirates-Chef Tim Clark mittlerweile über einen Strategiewechsel nach.

Und bekommt nach der überraschenden Isolation des Emirates Katar durch die Nachbarstaaten wie Saudi-Arabien, Vereinigte Arabische Emirate und Bahrein auch Qatar Airways Probleme, die sich bislang noch recht unbeeindruckt von Überkapazitäten und Preiskämpfen gezeigt hatten und unverändert stark auf Expansion setzten. Doch damit ist es vorerst vorbei. Der Flugverkehr ist stark eingeschränkt, Qatar muss Flugzeuge am Boden lassen, weite und teure Umwege fliegen.

Die aktuelle Krise in Katar zeigt, wie angreifbar das Geschäftsmodell der Golf-Airlines ist. Sie müssen stärker als andere Fluggesellschaften auf Umsteiger setzen, schließlich ist die Zahl der Passagiere, die beruflich oder aus touristischen Gründen etwa nach Doha wollen, begrenzt.

Bislang konnten die Golf-Airlines die Umsteiger mit guten Preisen und allerlei Annehmlichkeiten locken. Dabei hat ein Flug etwa nach Asien über eines der Drehkreuze am Persischen Golf durchaus Nachteile. Die Flugzeiten sind ungünstig gestaffelt, beide Strecken, die etwa von Europa nach Doha und die weiter nach Asien sind einerseits lang, anderseits aber zu kurz, um etwa eine ausgiebige Schlafpause einlegen zu können. Hinzu kommen zum Teil lange Umsteigezeiten.


„Die Nachfrage in den USA und China ist besser als gedacht“

Da die politische Unruhe den Luftverkehr etwa von Qatar Airways derzeit massiv behindert, gewinnen diese Nachteile gegenüber den Vorteilen die Oberhand. Die Kunden orientieren sich um, etwa in Richtung der etablierten Anbieter wie Lufthansa.

So äußerte sich Lufthansa-Chef Spohr zu Wochenbeginn bei der Jahrestagung des Weltluftfahrtverbandes IATA im mexikanischen Cancun „positiv überrascht“ über die aktuelle Nachfragesituation. „Die Nachfrage in den USA und China ist besser als gedacht“, so Spohr. Damit läuft es gerade dort zurzeit wieder außerordentlich gut, wo die Rivalen vom Golf in der Vergangenheit überaus stark gewildert hatten.

Die Investoren bleiben gleichwohl vorsichtig. Verglichen mit dem Kurs vom vergangenen Montag, dem Zeitpunkt des Ausbruchs der Krise rund um Katar, hat sich der Preis der Lufthansa-Aktie bis zum Wochenende kaum verändert. Wahrscheinlich fürchten die Anleger langfristig auch negative Folgen der Zuspitzung am Persischen Golf. Schließlich ist die Sprengkraft der Konflikte dort groß.

Und noch etwas sollte nicht vergessen werden: Die Gespräche mit dem Air Berlin-Großaktionär Etihad über eine engere Partnerschaft mit Lufthansa werden durch die Krise am Golf nicht gerade leichter.

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