Deutschlands größte Parfümeriekette Online-Handel bewahrt Douglas vor dem Totalabsturz

Douglas-Chefin Tina Müller hat einen klaren Plan: „Der Shift von offline zu online ist nachhaltig und von Dauer“. Quelle: imago images

Das boomende Onlinegeschäft bewahrt Deutschlands größte Parfümeriekette Douglas in der Coronakrise vor dem Riesenverlust. Douglas-Chefin Tina Müller will darauf aufbauen und den Onlineumsatz auf mehr als eine Milliarde Euro pushen.

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Der Großteil der 2400 Läden war coronabedingt geschlossen, es gab kaum Hoffnung auf staatliche Hilfskredite und dann musste auch noch die Chefin zur Not-OP ins Krankenhaus – für den Parfümeriekonzern Douglas sah es im Frühjahr 2020 finster aus. Doch überraschend schnell hat sich das Unternehmen wieder berappelt. Hauptgrund: der rechtzeitige Ausbau des Online-Geschäfts. „Wir haben den E-Commerce schon ab Frühjahr 2018 ins Zentrum unserer Strategie gesetzt“, sagte Vorstandschefin Tina Müller der WirtschaftsWoche. „Das hat uns in der Schließungsphase immens geholfen.“ Ohne das Onlinegeschäft „hätten wir den Umsatzausfall nicht so abfedern können“, ist Müller überzeugt.

Tatsächlich ging der Konzern-Umsatz in den ersten neun Monaten des Geschäftsjahres 2019/2020 zwar zurück, lag mit 2,5 Milliarden Euro aber „nur“ rund 7,5 Prozent unter dem Vorjahreswert, da die Verkäufe via Internet kräftig anzogen und den Einbruch im Filialgeschäft teilweise kompensierten. Der Effekt hält auch nach der Öffnung der Filialen an. „Im Juni hatten alle Filialen wieder auf“, so Müller. Trotzdem war das Onlinewachstum ungebrochen: „Wir lagen 64 Prozent über dem Vorjahreswert“.

Aus Sicht der Douglas-Chefin bedeutet das: „Dieser Shift von offline zu online ist nachhaltig und von Dauer“. Viele Kunden hätten in den vergangenen Wochen erstmals bei Douglas bestellt und würden das auch weiterhin tun. Der Strukturwandel im E-Commerce Geschäft habe schon vor Corona eingesetzt. Durch die Pandemie wurde die Entwicklung aber massiv beschleunigt. „Das ist, als hätten Sie plötzlich den sechsten Gang eingelegt“, sagt Müller. Sie erwartet, dass der Trend anhält. „Wir liegen in Deutschland bei einen Onlineanteil an unserem Geschäft von rund 40 Prozent.“ In absehbarer Zeit seien „auch mehr als 50 Prozent möglich und damit wären wir mehrheitlich ein E-Commerce-Unternehmen.“ Was das für den Umsatz heißt? „Die Milliardenmarke werden wir online in diesem Geschäftsjahr noch nicht knacken, aber wir bewegen uns sehr schnell darauf zu“, so Müller.

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Doch auch im Filialgeschäft sieht der Konzern mittlerweile Licht am Ende des Tunnels. Die Umsätze in den 2400 Filialen haben inzwischen wieder rund 90 Prozent des Vorjahresniveaus erreicht. Online wie offline spürt Douglas Veränderungen im Kaufverhalten. In der Hochphase von Corona seien etwa Parfüms weniger gefragt gewesen, „dafür griffen unsere Kundinnen stärker zu pflegenden Kosmetikprodukten.“ Das habe sich inzwischen zwar wieder etwas normalisiert. „Vor allem die Gesichtspflege bleibt aber weiter ein Wachstumssegment, was sicherlich auch viel mit dem Maskentragen zu tun hat“, glaubt Müller.

Auch auf das wichtige Weihnachtsgeschäft dürften sich die Corona-Erfahrungen der Konsumenten auswirken. „Die Konsumenten werden insgesamt mehr ausgeben, aber weniger für ‚Firlefanz‘ als für hochwertige Produkte“, erwartet Müller. Denn die Menschen würden sich stärker als in den Vorjahren darauf besinnen werden, einander eine Freude zu bereiten. Douglas bevorratet sich daher schon jetzt mit den wichtigen Luxusmarken. „Während der Coronazeit hat sich bei uns Chanel am besten entwickelt. Man vertraut gerade in Krisenzeiten den großen und starken Brands – und das werden wir auch im Weihnachtsgeschäft sehen.“

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Trotz Weihnachtsvorbereitungen und Online-Wachstum kommt der hochverschuldete Konzern indes nicht an Einsparungen vorbei. Der Gewinn brach in den ersten neun Monaten unter dem Strich um über 90 Prozent auf nur noch rund 4 Millionen Euro ein. Douglas hat bereits ein Kostensenkungsprogramm eingeführt und sucht weitere Einsparmöglichkeiten auch im Filialnetz. Dafür hat der Konzern den Chief Restructuring Officer Michael Keppel an Bord geholt. Für die Prüfung will sich Douglas nun bis Januar Zeit lassen. Keppel soll angesichts des veränderten Konsumentenverhaltens und der Abwanderung von Umsätzen in die Onlinekanäle „ein Zukunftskonzept für das europäische Filialnetz erarbeiten“. Dabei dürfte es auch zu Filialschließungen im größeren Stil kommen, vor allem in Südeuropa. Offen ist bislang, ob das Unternehmen auch mit seinen Finanzgläubiger über die Tragfähigkeit der Verbindlichkeiten verhandeln will.

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