Die Macht der Singles Der Trend zum Alleinsein verändert den Einkauf

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Warum Einzelgänger in der Werbung keine Rolle spielen

Während also ganze Branchen dabei sind, ihre Produkte umzustellen, Preise wie Größen anzupassen und sich über neue Verkaufsorte Gedanken zu machen, geht der Trend zum Alleinleben an einem anderen Bereich anscheinend völlig vorbei: Obwohl er in der Überzahl ist, spielt der Ein-Personen-Haushalt im Marketing kaum eine Rolle. Abgesehen von den Filmchen und Anzeigen für diverse Erotik- und Partnerportale ist der Einzelgänger in der Werbung die Ausnahme. Da wird selbst der Single-Klassiker Tiefkühlpizza mit der Familie oder Freunden gegessen.

„Eigentlich eher unrealistisch“, findet Peter Pirck von der Markenberatung Brandmeyer. „Versuchen Sie einmal fünf Pizzen gleichzeitig in den Backofen zu schieben.“ Dass die Produkte trotzdem so präsentiert werden, habe nachvollziehbare Gründe. „Das klassische Familienbild ist in der Gesellschaft noch immer sehr viel angesehener“, sagt Pirck.

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Zudem soll die Werbung die Produkte mit positiven Gefühlen in Verbindung bringen. Und die vermittelt eine scherzende und lachende Gruppe einfache besser als eine Person, die allein vor dem Fernseher isst.

Den Herstellern kommt dabei zu gute, dass die Single-Produkte im Prinzip für jedermann sind. Auch der Familienvater macht sich einen Burger in der Mikrowelle warm, wenn er allein zuhause ist. „Die wirklich großen Marken versuchen deshalb in der Kommunikation nicht, gezielt eine bestimmte Zielgruppe anzusprechen“, sagt Pirck. „Sie rücken die Stärken ihrer Produkte in den Vordergrund.“

Arme Singles, reiche Singles

Aktuelle Verbraucheranalysen legen zudem einen anderen Grund nahe: Mehr als die Hälfte aller Alleinlebenden hat monatlich nicht einmal 100 Euro zur freien Verfügung. Darunter fallen vor allem die Älteren mit knapper Rente.

Sie gelten ohnehin als schwierig. Denn auch wenn Reitmeiers Forschungen nahelegen, dass „Lebensumstände und jede Veränderung daran signifikant unsere Markenpräferenz beeinflussen“ und deshalb Alleinlebende gezielt für neue Produkte begeistert werden können, gelten ältere Alleinlebende noch immer als schwierige Werbekunden.

Im Klartext: Für die Singles ohne Kaufkraft, die ihre Produkte ohnehin nicht wechseln wollen, lohnt aufwendiges Marketing kaum.

Industrie und Handel konzentrieren sich deshalb vor allem auf die junge, aufstrebende und kaufkräftige Single-Kundeschaft. Allerdings nicht mehr auf traditionellem Weg. „Bei den Marketing-Bemühungen geht es weniger darum, Geld in traditionelle Print- und TV-Werbung zu stecken, sondern darum, die Single-Konsumenten über die digitalen Kanäle anzusprechen“, sagt Trendforscherin Kasriel-Alexander.

Marken vom Chips-Produzenten bis zum Mode-Hersteller sind bemüht, die Jungen über Soziale Netzwerke, Blogs und Websites auf ihren Smartphones und Computern zu erreichen. Sie lassen ihre Kunden Bilder der gekauften Produkte teilen oder über die Geschmacksrichtung des nächsten Kaffees entscheiden.

Das soll eine als wenig markentreu geltende Käufergruppe an Marke und Produkt binden. Bei einer Kundschaft, die sich immer wieder neu ausprobieren und nicht einmal an den eigenen Partner binden will, eine ziemliche Herausforderung.

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