Digitalisierung Deutsche Konsumgüter-Industrie setzt 240 Millionen Euro in den Sand

Quelle: imago images

In Zeiten zunehmender Digitalisierung gelingt es den deutschen Konsumgüterherstellern immer noch nicht, das Potenzial der neuen Technologien auszuschöpfen. Wunschleistungen und Ergebnisse klaffen weit auseinander. Der Frust der Entscheider wächst.

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Deutsche Konsumgüterunternehmen hinken bei der Umsetzung der Digitalisierung im internationalen Vergleich oft hinterher. Sie tun sich nach wie vor schwer, neue Trends in ihren Geschäftsmodellen und Wertschöpfungsketten umzusetzen. Das sind die zentralen Ergebnisse einer aktuellen Studie von AlixPartners, die der WirtschaftsWoche vorab vorliegt. In der Studie befragte das weltweit tätige Beratungsunternehmen mehr als 1000 Entscheider der Konsumgüterindustrie aus Deutschland, China, Frankreich, Indien, Großbritannien und den USA, die für das Thema Digitalisierung verantwortlich waren oder noch sind.

Noch sind die deutschen Manager skeptisch, was ihre eigene Performance angeht: So glauben 36 Prozent, dass das eigene Unternehmen nicht „digital mature“ sei, sondern ordnen sich im Entwicklungsstadium ein. Damit äußern sich die Deutschen verglichen mit allen anderen befragten Ländern verhaltener, was das Vertrauen in die eigene Digitalisierung angeht – knapp vor Frankreich, bei denen sich nur 35 Prozent als digital ausgereift bezeichnen. Lediglich knapp ein Fünftel der Befragten aus Deutschland sehen sich als digitale Führer. Hier wiederum liegen Unternehmen aus den USA vorne: Rund zwei Drittel aller befragten Manager aus diesem Land ordnen ihr Unternehmen in der höchsten Stufe ein.

Obwohl deutsche Unternehmen bei der eigenen Einschätzung eher pessimistisch sind, erkennen sie doch das deutliche Potenzial der Digitalisierung: Fast 70 Prozent der Konsumgüterhersteller, die sich als Digital Leader bewerten, sehen eCommerce als elementar für die Weiterentwicklung des stationären Handels. Das sind wiederum mehr als der internationale Durchschnitt, der bei knapp über 50 Prozent liegt.

„Vielen Entscheidern ist schmerzhaft bewusst, dass sie dem Digitalisierungsdruck derzeit nicht mit adäquaten Strategien begegnen können und noch ein langer Weg vor ihnen liegt“, sagt Peter Heckmann, Managing Director und Handelsexperte bei AlixPartners. Sie würden die eigene Lage selbstkritisch, aber realistisch sehen. Das Problem dabei sei, dass viele Protagonisten nicht wüssten, wo sie am besten ansetzen sollen, um das Unternehmen im Sinne der Kundenorientierung zu digitalisieren. Externe Partnerschaften oder der Einkauf von Digital Talents könnten zum Katalysator des Wandels werden und notwendige Impulse in die richtige Richtung geben. Heckmann: „Eine weitere zentrale Rolle spielt die Unternehmenskultur, die von Entscheidern so gestaltet werden muss, dass sie den Wandel befördert. Nicht zuletzt deshalb bleibt Digitalisierung immer ein Leadership-Thema.“

Dabei schätzen fast 70 Prozent der Entscheider deutscher Konsumgüterunternehmen digitales Marketing als effektiver als traditionelles Marketing ein. Digitalisierung als universalen Heilsbringer zu sehen, funktioniert jedoch nicht: Lediglich ein Drittel aller entsprechenden Ausgaben dieser Unternehmen im vergangenen Jahr hatten einen messbaren positiven Return on Investment (ROI). Zwei Drittel aller Investitionen, also rund 245 Millionen Euro, gingen dabei verloren. Damit stehen deutsche Konsumgüterunternehmen deutlich schlechter da als der globale Durchschnitt, hier beträgt der positive ROI immerhin 42 Prozent. Die Branche schöpft vorhandene Potenziale also noch längst nicht aus. Diese Erkenntnis hinterlässt Spuren: Genau die Hälfte der Befragten bezeichnet den Transformationsprozess als frustrierend.

Dass die Digitalisierung wegweisende Veränderungen im Unternehmen hervorruft und Prozesse von Grund auf neugestaltet werden müssen, darüber besteht offenbar kein Zweifel. So gehen die Entscheider jeweils zu mehr als 60 Prozent von fundamentalen Veränderungen in allen Unternehmensbereichen aus, von Forschung und Entwicklung, über die Beschaffung bis hin zu Verkauf und Marketing. Mit fast 80 Prozent stehen IT und Technologie allerdings, nicht ganz unerwartet, an der Spitze der Bewertung.

„Die Branche hat sich in den letzten Jahren stark gewandelt. Kunden werden anspruchsvoller, der Markt wird transparenter, und auch die Vertriebskanäle ändern sich“ sagt Alix-Manager Heckmann. Das betreffe die gesamte Industrie und alle Unternehmensbereiche. Wer sich vor der Digitalisierung verschließe, verpasse seine Chance. Heckmann: „Um dies zu verhindern, braucht es Vordenker mit Mut zum Risiko, welche die Digitalisierung im Kern des Unternehmens verankern.“



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