
Das Schnäppchen-Spektakel startet pünktlich um sieben Uhr morgens an einer Ausfallstraße in Heilbronn. Zwischen BMW-Autohaus und McDonald’s lädt der Discounter Lidl zur Eröffnung seiner neuesten Filiale. „Feiern Sie mit“, steht auf dem Transparent vor dem Markt, und die komplette Nachbarschaft scheint dem Aufruf gefolgt zu sein. Der Parkplatz ist rappelvoll. Drinnen wird das hauseigene Brötchensortiment verkostet und Obst für fünf Euro pro Plastikeimer feilgeboten. Ein Ehepaar diskutiert derweil an der Kühltheke, ob der Lachs wohl auch frisch sei. Der Gatte beendet den Disput mit einem beherzten Griff zum Premiumkabeljau für 6,99 Euro und schleppt den Fang zur Kasse. Dort wird den Kunden mit dem Wechselgeld eine Karte überreicht: „Gewinnen Sie drei Minuten Frei-Shoppen“. Die Kundschaft ist entzückt, hinter der Kassenzone werden die Stifte knapp.
Das Lidl-Imperium in Zahlen
11.000 Standorte betreiben Lidl und Kaufland europaweit, 300.000 Mitarbeiter beschäftigt die Schwarz-Gruppe.
67,9 Milliarden Euro wird Lidl 2016 erlösen, eine Milliarde mehr als Aldi.
Die Schwarz-Gruppe könnte nach einer Prognose von PlanetRetail den Metro-Konzern schon 2013 als größten deutschen Handelskonzern ablösen. Lidl allein dürfte spätestens 2016 Aldi als weltweiten Discount-König entthronen.
30 Millionen Euro schuldet Drogeriepleitier Schlecker dem Lidl-Gründer Schwarz
So geht es nahezu im Wochentakt: „Feiern Sie mit“, „Gewinnen Sie mit“, „Knallerpreise“, „Jetzt zugreifen“, appellieren die mit funkelnden Sternen garnierten Eröffnungsflyer an die Spar- und Spielinstinkte der Kundschaft, denn „Lidl lohnt sich“. Allein in dieser Woche lässt sich die Magie des Billigen in drei neuen Filialen in Bochum, Werne und Cadolzburg erkunden. Sechs runderneuerte Läden gehen parallel von Hamburg bis Oberbayern an den Start.
Von Lappland bis zu den Kanarischen Inseln
Routine im Reich von Discount-Dominator Dieter Schwarz. Seit er vor rund 40 Jahren den ersten Lidl-Markt in Ludwigshafen am Rhein eröffnete, kamen im Durchschnitt mehr als vier neue Läden pro Woche hinzu. Kein Unternehmen der Branche wächst stürmischer, kein Händler agiert aggressiver, kein Konzern verschwiegener als seine Schwarz-Gruppe – nicht nur in Deutschland. Gemeinsam mit dem Lidl-Schwesterunternehmen, dem Großflächen-Discounter Kaufland, spannte der Konzern vom beschaulichen Neckarsulm nahe Heilbronn aus ein Netz von knapp 11.000 Filialen mit mehr als 300.000 Mitarbeitern über den Kontinent.
Das Billig-Reich erstreckt sich von Lappland bis zu den Kanarischen Inseln und schickt sich nun an, den Metro-Konzern als größtes deutsches Handelshaus zu entthronen. Mehr noch: Auch Lidl allein ist auf dem Weg, die Handelslandschaft umzukrempeln. In den kommenden vier Jahren, so die Prognose von Branchenexperten, wird Lidl den Erzrivalen Aldi als weltweit größten Discounter ablösen.
Einer der reichsten Deutschen
Damit rückt eine Handelsgruppe ins Blickfeld, die der Öffentlichkeit lange ähnlich zugetan war wie Vampire dem Licht. Ein Konzern, dem seit einem Überwachungsskandal vor fünf Jahren das Image des Mitarbeiter-Schinders anhaftet und dessen Gründer Schwarz zwar als Multimilliardär stets in den Listen der reichsten Deutschen auftaucht, über dessen Engagement als Stifter und Spender aber ebenso wenig bekannt ist, wie über seine privaten Investments.
So gehört ausgerechnet der glamourferne Lidl-Patron nach Recherchen der WirtschaftsWoche zu den größten deutschen Geldgebern für Hollywood-Filme. Ihm zuzurechnende Produktionsgesellschaften haben bei Streifen wie „Spy Game“ mit Robert Redford oder „Blood Diamond“ mit Leonardo DiCaprio mitgemischt.
Die Blockbuster des Lidl-Patriarchen
Kein Geringerer als Hollywood-Star Leonardo DiCaprio spielt die Hauptrolle in dem Abenteuer-Thriller von 2006. In den USA spielte der Film 57,3 Millionen Dollar ein.
Die Literaturverfilmung mit Matt Damon und Franka Potente kam 2002 in die Kinos und gab den Auftakt zu einer der erfolgreichsten Agenten-Thriller-Serien - 2004 folgte Die Bourne Verschwörung - 2007 Das Bourne Ultimatum und 2012 Das Bourne Vermächtnis. Das Filmbudget für Teil eins betrug 60 Millionen Dollar - weltweit spielte die Bourne Identität 214 Millionen Dollar ein.
Die Komödie mit und von Sacha Baron Cohen - ebenfalls bekannt als Borat - kam 2002 in die Kinos und macht den britischen Comedy-Star weltweit berühmt. In den USA wurde der Film nicht gezeigt, in Großbritannien schoss er auf den dritten Platz der Kino-Charts.
Der Action-Film mit Dwayne Johnson in der Hauptrolle war eines der größten Kostümspektakle im Kinojahr 2002. Der Ägypten-Streifen lief überaus erfolgreich. Als Ableger erschienen "Die Mumie" und "Die Mumie kehrt zurück".
Die US-Produktion mit Kevin Costner und Susanna Thompson lockte 2002 Fans romantischer Mystery-Filme in die Kinos. Die Kritiken schwankten zwischen 'langweilige Schmonzette' und 'gefühlvoller Inszenierung zum Thema Nahtoderfahrung'.
Starbesetzung auch bei diesem Agenten-Thriller von 2001: Robert Redford und Brad Pitt in den Hauptrollen als CIA-Agenten Nathan D. Muir und Tom Bishop, bei dem der alte Hase Redford den jungen wilden Pitt rettet.
Poker-Drama aus dem Jahr 2007. Das Drehbuch stammt aus der Feder von Curtis Hanson und Eric Roth. In den Hauptrollen Eric Bana und Drew Berrymore. Produktionskosten: Rund 55 Millionen Dollar. Weltweit spielte das Drama 8,3 Millionen Dollar ein, 5,7 in den USA und nur rund 200.000 Dollar in Deutschland.
Der Mystery-Thriller mit Keanu Reeves und Rachel Weisz spielte weltweit mehr als 230 Millionen Dollar ein. Die Produktionskosten lagen bei rund 100 Millionen Dollar.
Die erfolgreiche Teenager-Komödie American Pie kam 1999 in die Kinos. Ihr folgte Teil 2001 American Pie 2 und 2003 American Pie -Jetzt wird geheiratet. Mittlerweile gibt es die achte Fortsetzung. Binnen 10 Wochen spielte American Pie im Jahr 1999 mehr als 100 Millionen Dollar ein und zählte damit zu den erfolgreichsten Filmen des Jahres.
Im Tagesgeschäft von Lidl und Kaufland führt der 73-Jährige schon längst nicht mehr Regie. Fast alles in der Gruppe hängt an Schwarz‘ Statthalter und Vertrautem Klaus Gehrig, einem 1,90-Meter-Mann von robustem Auftritt, der für das rasante Wachstum der vergangenen Jahre verantwortlich ist und dessen Abneigung gegen Krawatten wohl nur von der zum Dauergegner Aldi, seinem Ex-Arbeitgeber, überboten wird. Seit 40 Jahren tobt der Wettkampf der Discount-Systeme, gibt Lidl auf der Billig-Bühne den ewigen Aldi-Jäger und Treiber. Ist Lidl inzwischen der bessere Aldi? Und hat die Dauerhatz den Händler dabei zu stark aufgebläht? Ist die Grenze sinnvoller Expansion nicht längst erreicht?