Der Preis des Wachstums: Ehemalige Führungskräfte monieren, dass die Expansion inzwischen zu einem personellen Überhang in der Zentrale geführt habe und die Gruppe langsam Fett ansetze. Bedrohlicher sind die finanziellen Folgen: Die Expansion der Gehrig-Truppe trieb die Verschuldung nach oben. 11,4 Milliarden Euro Verbindlichkeiten verzeichnet der Lidl-Geschäftsbericht. Mit rund fünf Milliarden Euro stand zuletzt Kaufland in der Kreide.
Steigen die Zinsen oder brechen die Erträge ein, droht Ungemach. Doch Schwarz ist in der Finanzszene gut vernetzt, sitzt in den Beiräten der Landesbank Baden-Württemberg sowie des Stuttgarter Förderinstituts L-Bank, und er gehört dem Verwaltungsrat der Kreissparkasse Heilbronn an. Unter den Sparkassenräten gilt der Unternehmer als akribischer Kontrolleur, gleichermaßen „gut vorbereitet“ bei grundsätzlichen wie Detailfragen. So soll der Alemanne bei einem Umbau der Sparkassen-Zentrale nach Durchsicht der Baupläne etwa beharrlich nachgefragt haben, warum eine abgelegene Ecke im Gebäude völlig ungenutzt bleiben solle.
In der Vergangenheit hatte sich Schwarz über Genussscheine auch bei privaten Investoren Geld für die Expansion geliehen, unter ihnen Drogerieunternehmer Schlecker. Er steckte einst rund 75 Millionen Euro in Genussscheine von Schwarz und saß bei Lidl zeitweise im Aufsichtsrat.
Folgen von Schlecker-Pleite
Die Pleite des schwäbischen Drogisten Anfang des Jahres dürfte der Geschäftsfreundschaft nicht sonderlich zuträglich gewesen sein. Nach Informationen aus der Branche hatte der Schweizer Einkaufsverbund Markant die Schlecker-Gruppe vor dem Insolvenzantrag unter Druck gesetzt und für einen länger fälligen Betrag keinen Zahlungsaufschub geduldet. Bei Markant spielt die Schwarz-Gruppe eine zentrale Rolle: Kaufland ist ein wichtiger Geschäftspartner, Schwarz sitzt im Verwaltungsrat.
Aus Insolvenzakten geht zudem hervor, dass Schwarz Schlecker einen Kredit zur Verfügung gestellt hatte. Dem Vernehmen nach geht es um rund 30 Millionen Euro. Anders als das Gros der Schlecker-Gläubiger geht Schwarz trotz der Pleite nicht leer aus. Das Darlehen ist mit mehreren Immobilien im Wert von rund 26,8 Millionen Euro besichert. Dabei soll es sich unter anderem um Einkaufscenter handeln, bei denen Kaufland Mieter ist.
Die Stiftung Schwarz
Um zu verhindern, dass Lidl und Kaufland dereinst von der Handelslandkarte getilgt werden, hat Schwarz schon seit 1999 Vorsorge getroffen. Er hat seinen Konzern Stück für Stück mit einer Stiftungskonstruktion ummantelt, um so Verkauf oder Zerschlagung auf Dauer auszuschließen. Die operative Macht liegt seither bei der Schwarz Unternehmenstreuhand, in deren Reihen Schwarz altgediente Kräfte wie Gehrig, aber auch Externe versammelt hat wie den früheren Chef des Pharmahändlers Celesio, Fritz Oesterle. Die Treuhand kontrolliert die Stimmrechte des Konzerns.
Der gemeinnützigen Dieter Schwarz Stiftung gehören 99,9 Prozent der Geschäftsanteile der Gruppe. Der Stiftung fließt ein Anteil der Gewinne zu. Verarmt ist Schwarz deshalb nicht. Im familieneigenen Privatbesitz verblieb der Immobilienschatz des Imperiums. Zudem verfügt der öffentlichkeitsscheue Unternehmer über allerlei Reserven.
So weisen ihn Unterlagen aus dem Handelsregister als Gesellschafter eines Unternehmens namens Munich VMRS-Media aus. Die Gesellschaft mit dem kryptischen Namen wird von Schwarz’ persönlichem Generalbevollmächtigten Hermann-Josef Hoffmann geführt und ist nach Angaben des Wirtschaftsauskunftsdienstes Creditreform an mehreren Münchner Filmproduktionsgesellschaften beteiligt, darunter Kalima Productions und Lonely Film.
Selbst enthusiastischen Kino-Gängern dürften die Namen wenig sagen, den Managern großer Studios wie Warner und Universal dafür umso mehr. Ausgestattet mit insgesamt fast einer Milliarde Euro Kommanditkapital haben sich die Münchner Unternehmen Verwertungsrechte an mehr als einem Dutzend Hollywood-Streifen gesichert und erzielen Lizenzeinnahmen.
Dass Schwarz mit seinem Engagement nur cineastische Passion verbindet, darf bezweifelt werden. Laut der Filmdatenbank IMDb haben Kalima und Lonely bei Blockbustern wie „Looney Tunes: Back in Action“ mit Bugs Bunny mitgemischt. Auch die Gangsta-Rapper-Persiflage „Ali G in da House“ haben Filmfreunde wohl teilweise Dieter Schwarz zu verdanken. Der Lidl-Gründer finanziert Ali G? Warum eigentlich nicht, das Humorlevel bewegt sich schließlich auf Discount-Niveau.