
Bislang kannten Ökonomen nur den Begriff „gefühlte Inflation“ – sprich: Die Konsumenten registrieren Preiserhöhung, obgleich sich diese statistisch nicht nachweisen lassen. Doch künftig könnte auch die „gefühlte Deflation“ das Wirtschaftsvokabular bereichern: Aldi sei Dank. Seit der Discounter vor einigen Wochen damit begann, die Preise für einzelne Lebensmittel zu senken, hält sich die Mär, dass Nahrungsmittel generell immer billiger werden.
Jüngstes Beispiel: Am vergangenen Samstag teilte Aldi mit, ab sofort würden verschiedene Säfte, Margarine und Fischprodukte billiger verkauft. Zuvor hatte der Billigprimus die Preise von Rind-, Hähnchen- und Putenfleisch gedrückt. Prompt meldeten die Nachrichtenagenturen: „Die Preisschlacht im Handel geht in eine neue Runde.“
Erhebliche Preiserhöhungen bei Molkereiprodukten
Richtig daran ist, dass einzelne Artikel kurzfristig preiswerter werden. Dass deren Preise in den vergangenen Monaten aber teilweise deutlich gestiegen waren und die Senkungsrunden bei weitem nicht das komplette Sortiment erfassen, bleibt meist unerwähnt.
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Umso interessanter ist ein Blick in die amtliche Preisstatistik: „Die Preiserhöhung bei Nahrungsmitteln lag mit Plus 3,5 Prozent im Februar 2014 weiterhin deutlich über der Gesamtteuerung“, teilte das Statistische Bundesamt zuletzt mit. Etliche Waren sind auf Jahresfrist demnach also nicht billiger sondern deutlich teurer geworden. So mussten die Verbraucher für Speisefette und Speiseöle 10,3 Prozent mehr bezahlen. Molkereiprodukte kosteten im Schnitt 10,9 mehr: Fast alle Produkte aus dieser Kategorie vom Käse (zum Beispiel Schnittkäse: Plus 12,5 Prozent) über Joghurt (Plus 9,1 Prozent), H-Milch (Plus 13,1 Prozent) und Quark (Plus 18,4 %) bis hin zur Butter (Plus 20,5 Prozent) wiesen erhebliche Preiserhöhungen auf, schreiben die Statistiker. Teurer wurden auch Gemüse, Obst und Fisch. Deutlich günstiger waren hingegen Eier (Minus 6,3 Prozent)
Die Daten einzelner Warengruppen liegen für März zwar noch nicht vor, insgesamt sollen sich Nahrungsmittel aber um immerhin 2,2 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat verteuert haben – der Preisauftrieb hat sich demnach verlangsamt, aber nicht etwa umgekehrt. Die Teuerungsrate im Lebensmittelhandel liegt noch immer deutlich über der Inflationsrate von rund ein Prozent. Vom vermeintlichen „Dumpingwettbewerb“, den einzelne Politiker bereits brandmarken, scheint der deutsche Handel damit noch weit entfernt zu sein.