„Ich verstehe das Online-Geschäft nicht.“ Und außerdem: Im Laden könnten die Kunden die Waren wenigstens anfassen. Eine harsche Absage, die Dirk Roßmann, der Gründer der gleichnamigen Drogeriemarktkette Rossmann, auf der Jahrespressekonferenz Anfang April dem Online-Geschäft erteilte.
Kein Wunder ob der Zahlen, die Rossmann für den E-Commerce-Bereich vorlegte: Der Umsatz sackte 2015 ab auf 23 Millionen Euro – fünf Jahre zuvor betrug er noch mehr als 30 Millionen. Schon im vergangenen Jahr hatte die Online-Tochter der Drogeriemarktkette eine Million Miese eingebracht.
Das liegt zum einen daran, dass die Gewinnspanne bei Duschgel und Toilettenpapier ohnehin gering ist. Was im stationären Handel in der Masse Gewinne abwirft, verkommt im Netz zur Kostenstelle, weil zusätzlicher Logistikaufwand anfällt, der die Gewinne auffrisst.
Auch Konkurrent dm, der am 21. April sein Quartalsergebnis präsentieren wird, dürfte keine glänzenden Zahlen für das Online-Geschäft vorlegen, das dm-Chef Erich Harsch erst nach langem Zögern im Sommer vergangenen Jahres aufbaute. Harsch glaubte schon im Vorjahr nicht, dass dm.de auf absehbare Zeit zur „Gewinnmaschine“ werde.
Dass Händler, die aus dem stationären Bereich kommen, im Internet Probleme haben Gewinne zu generieren, ist nicht auf den Drogerie-Markt beschränkt. „Die Margen sind im Onlinehandel vielfach sehr niedrig“, sagt Bernd Skiera, Inhaber des Lehrstuhls für Electronic Commerce an der Goethe-Universität Frankfurt. „Händler müssen sich gut überlegen, ob das ein lohnenswertes Geschäft für sie ist.“
Die Omnichannel-Trends im Handel
Eine Umfrage des Handelsinstitut EHI unter Führungskräften und IT-Verantwortlichen von 95 Handelsunternehmen hat ergeben, dass 63 Prozent der Befragten Omnichannel für den bedeutendsten technologischen Trend halten. Die wichtigste Herausforderung ist dabei für 51 Prozent die Optimierung der Kanal-Integration aus organisatorischer Sicht, gefolgt von technischer Systemverknüpfung, Realtime-Anbindung und Stammdatenmanagement. Nur 12 Prozent der Firmen schätzen die Kanal-Integration im eigenen Unternehmen bereits als gut ein, 40 Prozent sehen sich auf gutem Wege.
Quelle: EHI-Studie „IT-Trends im Handel 2015“. Das Handelsinstitut EHI hat CIOs und IT-Leiter von insgesamt 95 Handelsunternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz in persönlichen Interviews zu Projekten, Trends und Investitionsprioritäten befragt. Die interviewten Einzelhändler stehen für insgesamt über 300 Milliarden Euro Unternehmensumsatz.
Mobile Anwendungen stehen für 57 Prozent ebenfalls ganz oben auf der Liste der Technologietrends. Dies schlägt sich auch in den Projekten nieder: Ein knappes Viertel der Befragten hat mobile Systeme für Mitarbeiter im Store im Fokus – 17 Prozent feilen an mobilen Lösungen für ihre Kunden.
Auch das Thema Mobile Payment ist mit 26 Prozent der Nennungen ein Bereich, der sehr interessiert beobachtet wird. Viele Händler erhoffen sich hier eine Beschleunigung der Kassendurchlaufzeiten. Auch die Möglichkeiten der Verbindung mit Loyalty-Programmen oder gegebenenfalls Händler-Apps bergen Potenzial.
40 Prozent der Unternehmen erwarten entsprechend den vermehrten Anforderungen in den nächsten Jahren steigende IT-Budgets. Im Vergleich zu 2013 sind die Budgets bereits jetzt deutlich auf durchschnittlich 1,24 Prozent vom Nettoumsatz gestiegen.
Die wachsende Relevanz von Technologie in allen Unternehmensbereichen hat deutlichen Einfluss auf die Position und Bedeutung der IT-Abteilung. 62 Prozent der IT-Verantwortlichen definieren die wesentliche Rolle der IT als Enabler mit enger Einbindung in die Prozessorganisation. Für 38 Prozent ist IT darüber hinaus auch zentraler Innovationstreiber innerhalb des Unternehmens. Bedingt durch diese Entwicklung hat sich das Anforderungsprofil an Mitarbeiter der IT-Abteilung stark in Richtung Prozess- und Businessorientierung gewandelt. 66 Prozent der Handelsunternehmen haben aufgrund akuten Fachkräftemangels Schwierigkeiten, Positionen adäquat zu besetzen.
Anfang dieses Jahres hatte der Modehändler Wormland entschieden, dass es für ihn keines ist und nahm seinen Online-Shop nach nur zwölf Monaten wieder aus dem Netz; der Tiernahrungshändler Fressnapf verzeichnete im vergangenen Jahr Online nur noch ein minimales Wachstum; und Schuhhändler Görtz stellte Ende 2015 seinen neuen Online-Shop vor, nachdem 2012 massive Umsatzeinbußen anfielen, der damalige E-Commerce-Leiter das Unternehmen verlassen musste und der Umbau eingeleitet wurde.
Fragt man Alexander Graf, Autor des Blogs kassenzone.de und unter anderem Geschäftsführer der Softwarefirma Spryker Systems, gibt es für die Schwierigkeiten der stationären Händler im Internet einen einfachen Grund: „Klassische Händler haben E-Commerce immer nur als einen weiteren Kanal verstanden.“ Als ließe sich das stationäre Geschäft über E-Commerce ohne weiteres verlängern.