Drei-Gang-Menü für 7,99 Euro So schmeckt es im Aldi Bistro

Im Kölner Mediapark hat der Discounter Aldi-Süd ein Pop-Up-Restaurant eröffnet. Gekocht wird mit Zutaten des Händlers. Aber schmeckt das auch? Der Unternehmer, Gastronom und Koch Patrik Jaros hat es probiert.

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Eng, bunt, voll – Das Aldi-Bistro in Bildern
Aldi-Bistro in Köln Quelle: Thorsten Firlus
Aldi-Bistro in Köln Quelle: Thorsten Firlus
Aldi-Bistro in Köln Quelle: Thorsten Firlus
Aldi-Bistro in Köln Quelle: Thorsten Firlus
Aldi-Bistro in Köln Quelle: Thorsten Firlus
Aldi-Bistro in Köln Quelle: Thorsten Firlus
Aldi-Bistro in Köln Quelle: Thorsten Firlus

Dass er geduzt wird, findet Patrik Jaros völlig okay. Er sitzt an einem der langen Tische, an denen die Mittagsgäste des Aldi-Bistro zusammenrücken. Es ist voll am Freitagmittag, die ersten Neugierigen nahmen schon um 11 Uhr Platz. Aldi, einst bekannt für seine Verschwiegenheit und quasi nicht existierendes Marketing, haut gastronomisch auf den Putz.

In einem Konstrukt aus Schiffscontainern und verglaster Front mit Blick zum Teich im Mediapark serviert das Küchenteam um den Koch Robert Marx täglich ein wechselndes Menü mit drei Gängen. Für 7,99 Euro.

„Wenn sie das mit Vollkosten rechnen, inklusive Strom, Inventar, Personal und so weiter, ist der Preis zu niedrig, um wirtschaftlich zu arbeiten“, sagt Jaros. Der Koch, Buchautor, Unternehmensberater und frühere Gastronom arbeitete Ende der 80er Jahre als Sous-Chef im Restaurant Aubergine des „Jahrhundertkochs“ Eckart Witzigmann, wie ihn der Gault Millau einst bezeichnete. Jaros kennt sich aus mit Trüffel und Filet. Aber auch mit Pasta und italienischer Küche, in Köln betrieb er über Jahre eine Reihe von Restaurants.

Nun beugt er sich über die Schale des ersten von drei Gängen: „Gelbes Paprikasüppchen mit Hühnchen.“ Wie es gekocht wurde, kann er nachlesen: Aldi hat die Gerichte sowohl auf eine Papierrolle an der Wand, auf die Speisekarten und in die Rezeptheftchen gedruckt, die die Kunden mitnehmen dürfen. „Es ist immer problematisch, wenn ein Foto da ist und das Gericht anders aussieht“, meint Jaros. Im Rezeptbändlein zieren rote Safranfäden die Einlage aus gelber Paprika und Hühnchen.

Das freundliche Personal stellt jedoch eine Schale hin, in der grüne Ringe von Lauchzwiebeln schwimmen. Safran? Nicht zu sehen. „Die Suppe ist im Prinzip gut, mild gewürzt, mit einer fruchtigen Süße.“ Allein – dass sie aus gelben Paprika besteht, wäre blind kaum rauszuschmecken und der angekündigte Safran fehlt wirklich – selbst Fachmann Jaros findet ihn im Geschmack nicht wieder.

Patrik Jaros war 1988-91 Jahre Sous-Chef im Restaurant Aubergine von Eckart Witzigmann, machte sich danach mit einem Restaurant selbständig und bekam einen Michelinstern. In Köln führte Jaros eine Reihe von Restaurants. Nach dem Verkauf seiner Anteile begann er als Berater für Gastronomie und Lebensmittelhandel. Er nahm 1995 an dem Kochwettbewerb Bocuse d'Or teil und wurde dritter. Heute ist er Präsident der deutschen Abteilung des 30 Jahre alten Wettbewerbs, der alle zwei Jahre ausgetragen wird.

Seine gute Laune lässt sich Jaros davon nicht nehmen, die Suppe ist nicht schlecht, das Konzept des Bistro überzeugt ihn. „Das ist ein gewaltiger Sprung für Aldi“, sagt Jaros. Aldi inszeniert hier eine Mischung aus französischem Bistro und dem Design der Pastakette Vapiano. In der Mitte der Tische stehen Holzkisten mit Kräutertöpfen, Besteck und Servietten drin – so, wie es der Stararchitekt Mattheo Thun auch für Vapiano ersann – nur in einfacherer Ausführung.

Zur Suppe trinkt Jaros eine Fassbrause, Rhabarberschorle ist schon aus an diesem Freitag, dem zweiten offiziellen Öffnungstag. Er könnte auch ein Glas Wein aus dem Programm von Aldi-Süd wählen. Alles konkurrenzlos günstig – einen Euro verlangt Aldi für die Fassbrause aus seinem Programm. Die Mitbewerber in der Umgebung werden das Gastspiel des Aldi-Bistro entsprechend wenig begrüßen. Zumal Jaros nach der Suppe meint: „Das könnten sie auf die Art auch in einem der Betriebe in der Umgebung bekommen.“

Aldi goes Superfood

Jaros wählt das vegetarische Menü. Das heißt: Bandnudeln mit Paprika-Tomatengemüse. Warum nicht das geschnetzelte Rindfleisch mit roter Beete und Champignonreis? „Vegetarisch können sie noch schneller sehen, was die Küche aus den Produkten macht.“ Jaros arbeitete viele Jahre mit Eckart Witzigmann, dessen Mantra ist, dass es vor allem auf die Qualität der Zutaten ankomme – und erst dann auf die Fähigkeiten des Kochs.

Jaros hält die Qualität der Zutaten für einwandfrei. „Es ginge alles besser, keine Frage, aber die Zutaten passen“, sagt Jaros, während er mit der Gabel die Paprikastücke in seiner Pasta aufspießt und betrachtet. Er mutmaßt, dass die Küche als Basis aus dem Aldisortiment den Paprikamix gewählt hat, die gelben in der Suppe verwendet und die roten und grünen für das vegetarische Gericht genutzt hat. Die findet er ansprechend zubereitet, die Sauce umschreibt er mit „informell“ – die Nudel macht ihn hingegen nicht glücklich. „Die sind zu weich“, urteilt Jaros.

Die Discounter mit den zufriedensten Kunden

Das sind auch die auf dem Teller mit dem Geschnetzelten, zu dem eigentlich Reis gehört – der war um 12:22 Uhr kurzzeitig leider aus. Noch ärgerlicher aber: Das Fleisch ist zäh. „Das kann passieren, wenn die Produkte falsch eingesetzt werden“, sagt Jaros. Das verwendete hätte sich besser für ein Schmorgericht geeignet. „Es kommt drauf an, dass sie für ein Geschnetzeltes das Fleisch richtig schneiden, damit die Fasern kurz sind“, sagt Jaros, lupft den Teller und schaut auf den Hersteller des blauen Geschirrs: Ikea.

Zum Abschluss: Chia-Pudding mit Heidelbeeren. Jaros ist positiv überrascht. Die Kokosmilch sei eine schöne Note, die Bindung gut gelungen. „Aldi zeigt da, dass sie innovativ sind.“ Zwar sind Chiasamen als sogenanntes Superfood inzwischen kein seltenes Produkt mehr – aber in einer Gastronomie für eine breite Masse immer noch eine Ausnahme. „Das Dessert ist auch nicht zu süß, das gefällt mir“, sagt Jaros.

Zwei Menüs, drei Getränke – unter 19 Euro. Das Publikum drängelt sich mittlerweile. Die Mitarbeiter aus den umliegenden Büros kommen und immer wieder Neugierige, die sehen wollen, was Aldi da macht. Und fragen, ob man die Nudeln empfehlen könne. „Probieren Sie es selber aus“, sagt Jaros und deutet an, dass er sie zu weich fand. „Besser als in der Kantine“, befindet anschließend ein Gast nachdem er es selbst probiert hat.

Draußen steht zum Abschluss des Menüs ein Espresso-Mobil, Jaros nimmt ihn schwarz. Es ist Aldis eigene Röstung, zubereitet nach allen Regeln der Kunst. Gute Crema, prägnante Säure – „der ist gar nicht schlecht.“ So wie Jaros Gesamturteil des Lunchs. Dass das Logo etwas verfremdet ist, findet er ebenso gelungen wie die Terrasse auf dem Dach des Containers, auf der schon einige tapfere Gäste frieren. Sicherlich würde Aldi auch Erfahrungen sammeln und gar Erkenntnisse über die Lieferanten gewinnen, sagt Jaros, der selber für die Metro als Berater für einige Jahre tätig war. „Es ist als Marketinginstrument für Aldi sicher ein Gewinn und das Ergebnis sicher nicht enttäuschend.“ Wenn doch nur alles so gut, wie der Espresso geschmeckt hätte, dann wäre es sogar mehr als das.

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