Erwin Müller, Chef der gleichnamigen Drogeriekette, hat offenbar jahrelang Steuern hinterzogen. Angeblich geht es um eine Summe von bis zu zwei Millionen Euro. Trotz einer Selbstanzeige ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen eines geheimen Kontos. Der Drogerie-König Erwin Müller soll nach Informationen der „Süddeutschen Zeitung“ von 1999 bis 2007 Steuern hinterzogen haben.Zuvor hatte das „Handelsblatt“ unter Berufung auf interne Dokumente über die Steuerhinterziehung und eine Selbstanzeige im Jahr 2010 berichtet. Dabei habe Müller die Summe inklusive Zinsen nachgezahlt.
Vollständig oder nicht?
Doch die Selbstanzeige war offenbar nicht vollständig. 2012 fiel dem Fiskus auf, dass ein Konto von Müller bei Sarasin nicht vollständig bekannt war. Deshalb läuft derzeit bei der Staatsanwaltschaft Stuttgart ein Steuerstrafverfahren gegen den schwäbischen Unternehmer.
Was Steuerhinterzieher bei Selbstanzeigen jetzt beachten sollten
Der Fall des Bayern-Präsidenten Uli Hoeneß hat eindrucksvoll gezeigt: Schon jetzt ist es schwierig, eine wirksame Selbstanzeige abzugeben. Denn der Gesetzgeber stellt an diese Selbstanzeige strenge Anforderungen. Werden die nicht erfüllt, ist es vorbei mit der Straffreiheit. Zudem droht eine weitere Verschärfung der Kriterien. Laut Koalitionsvertrag erwägt Schwarz-Rot eine Verlängerung der Verjährung. Was ist im Detail zu beachten?
Wer Schwarzgeld in Luxemburg bunkert, muss zunächst die Kapitalerträge des unverjährten Zeitraums – in der Regel die vergangenen zehn Jahre – penibel auflisten. Das ist oft schwierig, vor allem, wenn Anleger – wie Uli Hoeneß – fleißig mit Wertpapieren gezockt und viele steuerpflichtige Spekulationsgewinne erzielt haben. Da die Koalition darüber nachdenkt, die Verjährungsfristen bei diesen „Auslandssachverhalten“ zu verlängern, könnte es künftig noch aufwendiger werden, sich reinzuwaschen. Steuerberater und Rechtsanwälte klatschen schon in die Hände, ihnen winken neue Einnahmen.
Zudem müssen Betroffene Beträge auflisten, die sie durch andere Delikte hinterzogen haben. Denn seit 2012 sind „Teil-Selbstanzeigen“ verboten. Kommt also später raus, dass Anleger nicht nur Zinsen in Luxemburg hinterzogen, sondern auch anderswo illegal getrickst haben – etwa durch Schwarzeinnahmen in der Firma –, ist die Selbstanzeige unwirksam. Und Steuerpflichtige werden nachträglich bestraft.
Immerhin: Zu melden sind nur Delikte, die ein und dieselbe Steuerart betreffen. Da mit einem Schwarzgelddepot in Luxemburg Einkommensteuer – auch die Abgeltungsteuer gehört formal in diese Steuerkategorie – hinterzogen wurde, müssen Anleger die Vergangenheit also ausschließlich auf weitere Einkommensteuersünden abklopfen.
Bislang müssen Anleger bei der Suche nach weiteren Delikten neben dem Luxemburger Schwarzgelddepot nur fünf Jahre zurückgehen – und nicht zehn. Doch Schwarz-Rot in Berlin erwägt laut Koalitionsvertrag, in diesem Bereich künftig detaillierte Angaben für die vergangenen zehn Jahre zu fordern: „Der Steuerpflichtige sollte, um Straffreiheit für die letzten fünf Jahre zu erlangen, auch für die weiter zurückliegenden fünf Jahre alle Angaben berichtigen, ergänzen oder nachholen“, heißt es darin. Es wäre also ein noch besseres Erinnerungsvermögen gefragt.
Erwin Müller sieht die Schuld dafür bei Sarasin. „Dieser Fehler liegt bei der Bank und war weder durch Herrn Müller noch durch seine Steuerberater zu erkennen“, zitiert die „SZ“ seinen Sprecher. Sarasin habe es versäumt, dieses Konto für diese zwei Jahre „in die Erträgnisaufstellung aufzunehmen“.
Von dem Konto an sich aber habe das Finanzamt gewusst. Es hätte also gar keinen Sinn ergeben, erklärt Müllers Sprecher, ein bekanntes Konto „für einen Zeitraum von zwei Jahren nicht anzugeben“. Die Selbstanzeige von Müller sei wirksam, erklärte sein Sprecher.
Aus Dokumenten der zuständigen Schweizer Privatbank Sarasin geht hervor, dass ein Mangel bei Selbstanzeige bekannt war – einige Positionen fehlen. „Es ist wichtig zu beachten, dass Herr Müller keine vollständige Selbstanzeige machte, sondern nur eine teilweise“, schrieb der Vize-Chef der Bank, Eric Sarasin, laut dem „Handelsblatt“ in einer Notiz. Dann folgt ein Hinweis, wo weitere Unterlagen zu finden seien. Nach Informationen des „Handelsblatts“ solle zudem weitere Konten in der Selbstanzeige gefehlt haben.