Drohnen in der Logistik Mit dem fliegenden Mobiltelefon zum Durchbruch

Deutsche Post und Telekom wollen Drohnenflüge quer durch die Republik ermöglichen. Mobilfunk-Technologie soll diese Einsätze sicher machen – und endlich den Durchbruch für die kommerzielle Nutzung bringen.

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Die Deutsche Flugsicherung sieht in den Drohnen nach wie vor ein hohes Gefahrenpotenzial für den Luftverkehr. Quelle: dpa

Langen Der Deutschen Flugsicherung (DFS) in Langen bei Frankfurt sind sie ein Horror: 400.000 Mal schon gingen unbemannte Fluggeräte bundesweit über den Ladentisch – und mit ihnen ein erhebliches Gefahrenpotenzial. Am Münchener Olympiaturm stürzte Dienstag eine fast zwei Kilo schwere Drohne aus 180 Metern Höhe und schlug nur wenige Meter neben einer Familie auf. Schon im Februar war eine Kameradrohne im Hof der bei Touristen beliebten Burg Hohenzollern unsanft niedergegangen. Ende 2015 verfehlte eine Kameradrohne nur um Zentimeter einen Teilnehmer des Skirennens im italienischen Madonna di Campiglio.

Es könnte noch viel schlimmer kommen. Selbst einen Jumbo, glaubt man bei der Flugaufsicht, könnte eine Drohne zum Absturz bringen. Etwa dann, wenn das unbemannte Flugobjekt in eines der Triebwerke gerät. Flugzeugpiloten sind schon jetzt nervös. Meldeten sie vergangenes Jahr deutschlandweit gerade einmal 14 Zwischenfälle mit Drohnen, waren es 2016 bis heute bereits 61.

Doch an ein Verbot denkt bei der Deutschen Flugsicherung niemand. Im Gegenteil: Deren Chef Klaus-Dieter Scheurle stellt ein Budget von einer Million Euro bereit, um künftig sogar Drohnenflüge quer durch die Republik zu ermöglichen. Gemeinsam mit Post und Telekom will er nach einem Weg forschen lassen, wie die unbemannten Fluggeräte künftig auch ohne den bislang erforderlichen Sichtkontakt über weite Strecken gesteuert werden können. Gelingt das Projekt, an dem auch die Aachener Universität RWTH beteiligt ist, wäre das der Durchbruch für den kommerziellen Einsatz der Drohne.

„Die Technologie dazu ist schon vorhanden“, berichtet der DFS-Chef. Genutzt wird sie bislang aber nur in Einzelfällen. So startet die Deutsche Post Ende 2014 einen Flugdienst zwischen der Nordseeinsel Juist und der Festlandsstation Norddeich, mit dem sie Medikamente auf das Eiland fliegen ließ. Ohne Ausnahmeregelung hätten die Bonner ihr Fluggerät am Boden halten müssen.

Bislang nämlich erlaubt der Gesetzgeber eine Fernsteuerung nur, wenn die Drohne in Sichtweite bleibt. Höher als 50 Meter darf sie im kommerziellen Betrieb nicht fliegen, und bei einem Maximalgewicht von 25 Kilogramm ist Schluss. Noch strenger die Regelung für Hobbypiloten: Ihre Modelle sind auf ein Maximalgewicht von fünf Kilogramm beschränkt, bei einer Flughöhe von höchstens 30 Metern.

Bisher zeigt sich die Politik von umfangreichen Flugfreigaben wenig begeistert. „Wir wollen in Deutschland die zukunftsweisenden Entwicklungsmöglichkeiten weiter fördern – nicht aber zulasten der Sicherheit“, mahnt Ulrich Lange, verkehrspolitischen Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Man begrüße es daher, dass Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) gerade einen Rechtsrahmen vorbereitet, „der beide Aspekte gleichermaßen berücksichtigt: Innovationsförderung und Sicherheit“.

Ringt sich der Gesetzgeber zu Erleichterungen durch, profitieren davon vor allem Paketdienste wie die Post-Tochter DHL. Sie will bald schon das Mobilfunknetz der Deutschen Telekom nutzen, mit dem sich künftig ein Transponder in der Drohne verbindet. Der Chip empfängt GPS-Daten und Systeminformationen, die den Flug steuern. „Drohnen werden damit zu fliegenden Mobiltelefonen“, sagt Scheurle.


„Bis zum letzten Sommer lagen die Deutschen noch vorn“

Bei Tests im Ruhrgebiet fand die Telekom heraus, dass eine breitbandige Datenübertragung bis zu einer Flughöhe von mehreren hundert Metern möglich ist. Mancherorts aber gibt es offenbar noch Nachbesserungsbedarf. „Hierfür benötigen wir ein belastbares Netz und eine Technik, für die wir mit starken Partnern eine Grundlage schaffen“, erklärte dazu Telekom-Technikchef Bruno Jacobfeuerborn.

Für die Post-Tochter DHL, die im angekündigten Forschungsprojekt ihren „Parcelcopter“ ins Rennen schickt, schafft das neue Einsatzmöglichkeiten. „Wir denken auch nach über Lieferung in urbane Gegenden“, sagt Paketchef Ole Nordhoff, der die DHL-Drohne derzeit lediglich in den Alpen testet. Ein Massengeschäft sieht er darin zwar nicht. „Wir werden mit dem Fluggerät aber Versorgungslücken überbrücken“, berichtet er. Zudem wolle man überprüfen, wie sehr sich der Einsatz finanziell lohnt.

Gleichzeitig pocht die Deutsche Flugsicherung auf eine stärkere Regulierung der unbemannten Flüge. Geht es nach ihr, könnte die US-Flugbehörde Federal Aviation Administration (FAA) zu einem Vorbild werden. Sie verlangte vor einem Jahr von Drohnen-Käufern, sich in ein Register einzutragen, worauf sich 588.000 Nutzer meldeten. Darüber hinaus arbeite man an einem Trainingsprogramm für Piloten, berichtet FAA-Expertin Teri Bristol. „Es kann nicht sein“, mahnt ein DFS-Sprecher, „dass jeder Gleitschirmflieger registriert wird, nicht aber ein Drohnenpilot.“

Im Wettrennen der unbemannten Flugobjekte gegen die USA verliert Deutschland schon jetzt an Boden. „Bis zum letzten Sommer lagen die Deutschen noch vorn“, glaubt Brendan Schulman, Vorstand des chinesischen Drohnenherstellers DJI. Damit sei es nun vorbei.

Schulman, dessen Firma bei zivil genutzten Drohnen die Marktführerschaft vor Wettbewerbern wie 3D Robotics, Yuneec und GoPro hält, kann die Sicherheitsbedenken ohnehin kaum nachvollziehen. Seine Fluggeräte seien ausgestattet mit einem umfangreichen Sicherheitspaket. Sobald den Flugakkus der Strom auszugehen drohe, landeten die Minihubschrauber selbsttätig.

Ausgestattet seien sie mit einer 3D-Kamera, die bei Hindernissen automatisch einen Stoppbefehl geben. Zudem gebe es ein „Geofencing“-Programm. Flughäfen, Gefängnisse oder Atomkraftwerke seien als „No-Flight“-Gebiete programmiert. Kurzfristig verhängte Flugverbotszonen würden stets online aktualisiert.

Bis Ende 2017 wollen Post, Telekom und DFS ihre geplanten Testreihen umsetzen. Werden sie zum Erfolg, rechnet die Deutsche Flugsicherung bis 2020 mit sieben Millionen verkauften Drohnen allein in Deutschland. „Wenn die Drohnenhersteller Aktien anbieten“, sagt Scheurle, „würde ich sie kaufen.“

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