E-Bike-Hype Vom Seniorenrad zum Lifestyle-Produkt

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Design und Innovation

Fahrradhersteller zeigen ihre Neuheiten
Die Fahrradmesse Ispo Bike hat ihre Tore 2013 geöffnet. 209 Hersteller aus 22 Ländern stellen in München ihre Neuheiten aus. Dabei steht in diesem Jahr vor allem die Elektro-Mobilität im Mittelpunkt. Neben E-Bikes setzen die Veranstalter auf Lastenfahrräder mit Hilfsmotor. Besonders in den Städten sieht Messechef Klaus Dittrich großes Potenzial für die sogenannten Cargo-Bikes: Beim Transport etwa von Einkäufen könnten sie das Auto ablösen. Quelle: Ispo
Die sogenannten Lastenfahrräder mit elektrischer Unterstützung sollen dem Zweirad-Geschäft Schub verleihen. Der Transport mit dem Fahrrad rückt zunehmend auch ins Visier von Firmen. So könnten Lastenfahrräder mit Zuladung von bis zu 200 Kilogramm etwa Teile auf dem Werksgelände transportieren. Quelle: AP
Im Blick haben die Hersteller nun vor allem Kunden, die bisher nicht so sehr auf das Fahrrad setzen, Berufspendler etwa. „Das E-Bike bietet viele Möglichkeiten. Gerade in den Städten oder in Stadtnähe könnte es das Auto ersetzen“, sagt der Sprecher des Branchenverbands (ZIV), Stephan Schreyer. Knapp jeder Zweite der gut 34 Millionen Pendler hat laut statistischem Bundesamt einen Weg von weniger als 10 Kilometern zur Arbeit zurückzulegen. Quelle: dpa
Einige Logistikfirmen oder Handwerker haben das Thema bereits für sich entdeckt, wie Armin Falkenhein vom Fahrradclub ADFC sagt. „Wir glauben, dass sich die Cargo-Räder aus der Nische heraus zu einem echten Verkehrsmittel entwickeln“, sagte auch der Chef der Messe München, Klaus Dittrich. Die Deutsche Post etwa nutzt die E-Technik längst. 6400 E-Bikes sind im Einsatz. Quelle: Ispo
„Mit dem E-Bike kommt man nicht ins Schwitzen und kann Alltagskleidung tragen“, sagt Armin Falkenhein vom Fahrradclub ADFC. Noch ist viel Luft nach oben: 90 Prozent der Deutschen hätten noch nie auf einem E-Bike gesessen, sagt Dieter König vom Verein ExtraEnergy, der sich für die Verbreitung von E-Bikes einsetzt. Quelle: Ispo
Für die Fahrradindustrie entwickelt sich das Nischenthema zu einem wichtigen Umsatzbringer. Denn die stromgetriebenen Zweiräder sind teurer, treiben also die Erlöse nach oben. Überhaupt lassen sich die Kunden in Deutschland ihr Zweirad mehr kosten. Im Schnitt, so der ZIV, legten Käufer 2012 pro Rad 513 Euro auf den Tisch. Zwei Jahre zuvor waren es noch 53 Euro weniger. Quelle: Ispo
Samstag und Sonntag können Besucher die Neuheiten der Fahrradhersteller auf einem Parcours testen. In einer von zwei Messehallen steht die Elektro-Mobilität im Mittelpunkt. Quelle: Ispo

Die Jungen gewinnt man nicht mit altbackenem Design. Das haben die Fahrradbauer verstanden. Mit den unattraktiven Klötzen aus dem letzten Jahrzehnt haben die neuen Modelle wenig gemein.  “Ein E-Bike muss mehr und mehr schön sein”, sagt Puello. Das Zweirad wird zum  Lifestyle-Produkt, Radeln mit eingebautem Rückenwind soll sexy und sportlich werden. Die Batterie wird immer geschickter im Rahmen versteckt. Die Linien werden schnittiger und sportlicher, die Farben kräftiger und bunter.

Auch an der Technik wird immer weiter gefeilt. Die verbauten Akkus sind zusehends leichter. Die meisten Elektro-Räder wiegen weniger als 20 Kilogramm. Gleichzeitig steigt die Reichweite der Akkus enorm, während die Aufladezeit sinkt. Nicht nur die klassischen E-Bike-Tugenden werden optimiert. Die modernsten der Räder sollen sich in Zukunft vernetzen. Auf der VeloBerlin zeigt BMC/Stromer mit dem ST2 ein E-Bike, dass auf einem intergierten Touchscreen GPS-Daten anzeigt und via Bluetooth Informationen mit dem Smartphone austauscht.

Mehr Konkurrenz

Die Entwicklung ist derzeit so rasant, dass die ersten Händler schon darüber klagen. “Auf Grund des schnellen technischen Wandels musste der Fachhandel vor allem bei E-Bikes deutliche Abschreibungen auf Überbestände vornehmen”, heißt es vom Zentralverband der Zweiradhändler. Sprich: Das vermeintliche Hightech-Gefährt gehört schneller zum alten Eisen, als so manchem lieb ist. „Die Branche steht vor der Herausforderung, die richtige Balance zwischen Entwicklungstempo und Umsetzbarkeit im Handel zu finden“, sagt Puello.

Doch der Innovationsdruck auf die Hersteller wird nicht nachlassen. Immer mehr Fahrradbauer wollen auf dem E-Bike-Markt mitmischen. "Der Markt wird von den klassischen Fahrradherstellern dominiert”, sagt Neuberger. Die Fahrrad-Riesen Derby Cycle und Cycle Union sind auch bei den E-Bikes die Platzhirsche. Aber auch viele Neulinge drängen auf den Markt. Die Gewinnaussichten sind verlockend. Obwohl Pedelecs und E-Bikes in Stückzahlen nur 11 Prozent am deutschen Fahrrad-Markt ausmachen, generieren sie 28 Prozent des Umsatzes.

Der Wettbewerb wächst nicht nur unter den Fahrradbauern. Shimano schickt sich an, dem bisherigen Branchenprimus Bosch Marktanteile im Bereich der Antriebe abzujagen. Die Japaner bringen 2014 ein eigenes System auf den Markt, dass preiswerter sein wird, als das der Konkurrenz.

Winora-Geschäftsführerin Puello sieht das mit Sorge. Sie hofft, dass in Zukunft Technik und Innovation über den Erfolg entscheiden, nicht nur der Preis. "Wenn wir uns wieder nur den Preisschlachten hingeben, wird das für die Industrie und den Absatz schädlich sein." Bei einem durchschnittlichen E-Bike-Preis von rund 2000 Euro werden sich Kunden über die fallenden Preise erstmal freuen.

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