Laut aktuellem Fahrrad-Monitor des Bundesministeriums für Verkehr würden sich 27 Prozent aller Befragten beim Fahrradkauf eines mit Elektromotor zulegen. Fast die Hälfte der Deutschen ist an dem Thema zumindest interessiert. Eine Entwicklung, die wohl erst am Anfang steht. „Die E-Bike-Märkte werden auf breiter Front wachsen”, prophezeit Puello. Für sie geht es nur noch um die Frage, welches Rad für wen.
Stolz ist die Winora-Geschäftsführerin insbesondere auf ihre Vorreiterrolle im sportlichen Bereich. Als erste habe man das Segment für E-Performance, also Rennräder und Mountainbikes mit E-Antrieb erschlossen. Die hochgerüsteten Räder kosten leicht mehr als 5000 Euro und sind sicherlich nichts für jeden. Zwei potentielle Käufergruppen hat Puello im Auge. Zum einen die Mitfahrer: Auch wer nicht bis in die letzte Muskelfaser durchtrainiert ist, könne dank eines E-Mountainbikes mit anderen Radlern mithalten und die gleichen Erfahrungen machen.
Den Unkenrufen mancher Sportler zum Trotz zielt die Winora-Gruppe aber zum anderen auch auf echte Sportcracks. “Ein Sportler kann sich mit dem E-Performance-Bike genauso austoben wie mit einem normalen Rad. Er kommt nur doppelt so hoch, doppelt so weit und ist doppelt so schnell”, sagt Puello. Mit dieser Meinung ist sie nicht allein. Nahezu alle großen Hersteller haben ein E-Moutainbike im Angebot. Noch ist der Marktanteil der Performance-Bikes klein, aber er wird wachsen, glauben Branchenkenner.
Kleine E-Bike-Typologie
Pedelecs leiten ihren Namen aus den englischen Begriffen "Pedal, Electric Cycle" ab. Ein elektrischer Hilfsmotor unterstützt den Radler nur solange dieser in die Pedale tritt. Das Fahrrad darf nicht mehr als 250 Watt Leistung bereitstellen und nicht schneller als 25 km/h sein.
In vielen Bundesländern ist für Pedelecs mindestens die Mofa-Prüfbescheinigung erforderlich. Sie steht Fahrern ab 15 Jahren offen und umfasst eine theoretische und praktische Ausbildung sowie eine Theorie-Prüfung. Personen, die vor dem 01. April 1965 geboren wurden, benötigen aber lediglich einen Personalausweis. Die Mofa-Prüfbescheinigung ist in den Motorradführerscheinen A, A1 und A2 sowie im Pkw-Führerschein der Klasse B (früher Klasse 3) enthalten.
Für Pedelecs ist nur dann keine eigene Haftpflichtversicherung notwendig, wenn sie in der Privathaftpflicht enthalten ist. Oft sind in alten Verträgen Elektroräder aber nicht enthalten. Dann ist eine schriftliche Bestätigung vom Versicherer anzufordern, dass Pedelecs im Vertrag eingeschlossen sind.
Es besteht keine Helmpflicht.
Schnelle Pedelecs sind sogenannte "S-Pedelecs", auch Schweizer Klasse genannt. Sie unterstützen den Fahrer durch den bis zu 500 Watt starken Elektromotor bis zu einer Geschwindigkeit von 45 km/h. Auch hier arbeitet der Motor nur, wenn der Fahrer in die Pedale tritt.
Für den Betrieb ist bei S-Pedelecs ein Versicherungskennzeichen erforderlich. Im Straßenverkehr benötigt der Fahrer die Fahrerlaubnis für Kleinkrafträder der Klasse M. Seit 19. Januar 2013 heißt diese Klasse AM und ist in den Motorradführerscheinen sowie im Pkw-Führerschein der Klasse B (früher Klasse 3) enthalten. Die Klasse AM steht Personen ab 16 Jahren offen und schließt sowohl eine theoretische als auch praktische Prüfung ein.
S-Pedelecs werden wie Kleinkrafträder eingestuft und dürfen nicht auf dem innerstädtischen Radwegnetz fahren. Außerhalb geschlossener Ortschaften dürfen S-Pedelecs nur Radwege benutzen, wenn diese durch das Zusatzschild "Mofas frei" für den Kraftverkehr freigegeben sind.
Es besteht Helmpflicht.
Im Gegensatz zu Pedelecs und S-Pedelecs besitzen E-Bikes einen maximal 500 Watt starken Antrieb, der unabhängig vom Tritt in die Pedale funktioniert. Über einen Drehgriff oder Schalter am Lenker steuert der Fahrer die Motorleistung des bis zu 20 km/h schnellen E-Bikes. Höhere Geschwindigkeiten sind vom Tritt in die Pedale abhängig.
E-Bikes gelten wie S-Pedelecs als Kleinkraftrad und benötigen ein Versicherungskennzeichen sowie eine Betriebserlaubnis. Das Führen des E-Bikes setzt mindestens eine Mofa-Prüfbescheinigung voraus.
Es besteht Helmpflicht.
Schweißfrei ins Büro
Wichtigste Umsatzbringer in der Zukunft sind aber nicht die Sportler, sondern die Normalos. “Auf lange Sicht”, sagt Puello und meint damit zehn Jahre und mehr, “wird sich das Thema E-Bike in den urbanen Räumen durchsetzen.“ Auf kurze und mittlere Distanzen werden E-Bikes zum Auto-Ersatz, glaubt auch ZIV-Mann Siegfried Neuberger. Die Radler werden ohne Schweißflecken im Büro ankommen, lautet ein Versprechen. Sie werden mühelos ihre Einkäufe nach Hause bekommen, ein anderes. Für den Transport besonders großer Kisten haben viele Hersteller mittlerweile schon Trasnport-E-Bikes, mit großem Stauraum im Angebot.
Das alles soll, so lautet ein weiteres Versprechen, schneller gehen als mit dem Auto. Rückendeckung für diese These kommt unter anderem von der Leuphana Universität Lüneburg. “Elektrofahrräder sind ein deutlicher Attraktivitätssprung im Vergleich zum Auto”, sagt Peter Pez. Er hat die Fahrtzeiten verschiedener Verkehrsmittel untersucht und festgestellt, dass Pedelec- und E-Bike-Fahrer im Stadtverkehr auf kurze und mittlere Distanzen deutlich schneller unterwegs sind als Autofahrer. Der Verkehrsforscher sieht den Vorteil nicht nur in der Zeitersparnis sondern auch in den geringen Anschaffungs- und Unterhalts-Kosten und vor allem in der Umweltverträglichkeit.
Die Vorteile der Elektro-Räder sind für ihre Hersteller längst klar. Jetzt müssen sie ihrer Kunden nur noch emotional zu fassen kriegen.