E-Commerce Was Zalando von Jeff Bezos gelernt hat

Zalando hat seinen Gewinn verdoppelt, doch die Anleger sind enttäuscht. Denn Europas größter Online-Modehändler bleibt bei der Marge bescheiden. Damit setzt Zalando trotzdem ein richtiges Zeichen. Ein Kommentar.

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Der Amazon-Chef setzt auf Wachstum statt Profitabilität. Quelle: dpa

Berlin Anleger sind eine anspruchsvolle Spezies. Die von Zalando zum Beispiel. Kaum hatte der Modehändler am Mittwoch sein Jahresergebnis verkündet – 23 Prozent Wachstum und doppelt so viel Gewinn wie im Vorjahr – und den Ausblick vorgestellt, ließen sie die Aktie fallen. Zu Recht?

Der Konzernumsatz stieg 2016 auf 3,6 Milliarden Euro, das sind 23 Prozent mehr als im Vorjahr – und fast doppelt so viel wie der Durchschnitt im deutschen Online- und Versandhandel. Trotz des hohen Wachstums war der Konzern solide profitabel, die Gewinnmarge stieg sogar von 3,6 auf 5,9 Prozent. Mehr soll es aber auch nicht werden: Für 2017 kündigte Finanzchef Rubin Ritter erneut eine Gewinnmarge im Rahmen zwischen fünf und sechs Prozent an – das war den Anlegern offenbar zu wenig.

Man könnte es aber auch andersherum betrachten und fragen: Wieso eigentlich so viel? Seit zwei Jahren betonen sie bei Zalando, kein reiner Internet-Schuhverkäufer mehr sein zu wollen, sondern eine Plattform. Der Ort, an dem keiner vorbeikommt, der etwas mit Mode zu tun hat: Käufer und Hersteller, Blogger, Stylisten oder Berater. Zalando hat den Zugang zum Kunden, so die Idee, und alle technischen Voraussetzungen, um ihn zum Kaufen zu animieren. Sei es die ausgefeilte Logistik oder das datengestützte Empfehlungsmanagement. Das Vorbild heißt nicht H&M, sondern Amazon.

Der US-Riese hat von Gründer Jeff Bezos aber eine klare Devise aufgezeigt bekommen: Wachstum geht vor Profitabilität. Amazons Gewinnmarge betrug im abgelaufenen Jahr gerade mal 3,1 Prozent. Bei einem Umsatz von 136 Milliarden Dollar investiert der Konzern permanent, um noch größer und für die Nutzer immer unentbehrlicher zu werden.

Er selbst wird dabei immer unabhängiger vom klassischen Handelsgeschäft: Die Server-Sparte Amazon Web Services zum Beispiel machen schon zehn Prozent des Umsatzes aus – und ist dabei hochprofitabel.

Auch bei Zalando soll der Verkauf von Schuhen, Hosen und Mützen langfristig weniger stark ins Gewicht fallen. Ein ganz neues Geschäftsfeld sind etwa die Zalando Media Solutions, eine Tochterfirma, gekauft im Jahr 2015. Diese bietet zielgenaue Online-Werbung für Markenhersteller an – auf der Zalando-Plattform. Deren Ergebnisse werden in der Bilanz nicht gesondert ausgewiesen, nur so viel: Die Erträge aus dem Verkauf mit Handelswaren betrugen im vergangenen Jahr 3,5 Milliarden Euro, die sogenannten sonstigen Erträge machten 85 Millionen aus. Das ist doppelt so viel wie 2015, prozentual gesehen aber noch wenig.

Wenn Finanzchef Ritter betont, weiter investieren zu wollen, anstatt sich auf den Gewinn zu konzentrieren, ist das nachhaltig gedacht – und für Anleger eher ein gutes Zeichen.

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