Wie stark sich das Marketing an der Strategie der Tabakindustrie orientiert, zeigt ein Blick auf die Werbemotive der E-Zigarettenbranche: Weite Landschaften, sexy Frauen, lässige Männer. „Die E-Zigarettenhersteller haben von der Tabakindustrie gelernt“, sagt Pötschke-Langer vom DKFZ. Dahinter stünden die großen Themen, mit der auch die Tabakindustrie viele junge Konsumenten gewonnen hat: Freiheit, Gemeinschaft, Abenteuer. In den USA wirbt der E-Zigarettenhersteller American Heritage sogar mit einem Lasso-schwingenden Cowboy.
Dac Sprengel vom Verband der E-Zigarettenhändler hält die Vorwürfe für abwegig. Das Thema Freiheit möchte er anders interpretiert wissen. „Es geht um die Freiheit von Schadstoffen“, sagt er. „Das Dampfen einer E-Zigarette hat mit Abenteuer nichts zu tun.“
Den Absatz von Rauchersatzmitteln wie Nikotin-Kaugummis und -pflastern haben die elektronischen Produkte indes längst hinter sich gelassen. Der E-Zigarettenkonsum könnte laut Analysten der Wells Fargo-Bank im kommenden Jahrzehnt sogar den der herkömmlichen Zigaretten überholen. Wie in Großbritannien haben mehrere Tabakkonzerne bereits angekündigt, mit elektronischen Konkurrenzprodukten auf den deutschen Markt zu kommen.
Was die Deutschen über Raucher denken
Laut einer Umfrage im Auftrag der Krankenkasse BKK Mobil Oil halten 85 Prozent der Deutschen die Willensschwäche der Raucher für den Grund, dass vielen das Aufhören nicht gelingt.
Quelle: repräsentative Umfrage von TNS Emnid
53 Prozent der Befragten gaben an, sich im Alltag zumindest gelegentlich von Rauchern gestört zu fühlen, 12 Prozent sogar häufig.
Mehr als jeder fünfte Deutsche (22 Prozent) sieht zu niedrige Tabaksteuern als Grund für hohe Rückfallquoten bei Rauchern. 39 Prozent befürworten die Erhöhung der Tabaksteuer, um Raucher zum Aufhören zu bewegen.
Um Raucher auf dem Weg in ein qualmfreies Leben zu unterstützen, sieht die Mehrheit (66 Prozent) das soziale Umfeld in der Pflicht, Aufhörwilligen beizustehen - nur jeweils 11 Prozent sehen diese Unterstützerrolle bei Ärzten und Krankenkassen. 37 Prozent sprachen sich laut BKK für drastischere Warnhinweise auf Tabakprodukten aus. Als erfolgsversprechendend für einen Rauchstopp bewerten die Befragten jedoch kostenlose Beratungsangebote (74 Prozent).
Tabakwerbung durch die Hintertür
Martina Pötschke-Langer fürchtet nicht nur, dass sich die E-Zigarette unter Jugendlichen ausbreitet. „Die E-Zigarette erschließt Werbekanäle, die für Tabakprodukte verschlossen sind“, sagt sie. „Wir befürchten, dass damit die Erfolge der Tabakprävention unterlaufen werden.“ So belegt eine Studie der amerikanischen Seuchenbehörde CDC von August, dass jugendliche E-Zigarettenraucher wesentlich häufiger auf Tabakzigaretten umsteigen.
Bislang dürfen die E-Zigarettenhersteller und –händler in Deutschland noch uneingeschränkt werben. Spätestens jedoch im Mai 2016 muss der Bundestag die EU-Richtlinie zu Tabakprodukten umgesetzt haben. Mit der Freiheit ist es dann zumindest in den Marketingabteilungen erst einmal vorbei.