Edeka und Tengelmann Zu viel Heimlichkeit in der Weihnachtszeit

Nach der Ohrfeige für Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel folgt nun der Faustschlag: Das Oberlandesgericht Düsseldorf legt im Streit um die Ministererlaubnis im Fall Edeka-Tengelmann  nach.

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Sigmar Gabriel. Quelle: dpa

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel hatte eigens seinen Sommerurlaub auf Amrum unterbrochen. Gut gebräunt und kampfeslustig hielt er am 13. Juli eine Pressekonferenz ab, um sich gegen Vorwürfe des Oberlandesgerichts Düsseldorf (OLG) zu wehren. Die Richter hatten zuvor Gabriels Ministererlaubnis für die Übernahme der Supermarktkette Kaiser's Tengelmann durch Branchenprimus Edeka im Eilverfahren auf Eis gelegt. Befangen sei Gabriel gewesen, habe Geheimgespräche mit den Konzernbossen geführt, bei den Unterlagen geschludert und seine Entscheidung falsch begründet, bescheinigten sie dem Minister.

Der keilte denn auch kräftig zurück: Das Urteil enthalte „eine ganze Reihe falscher Tatsachenbehauptungen“, ließ Gabriel bei der Pressekonferenz wissen. Er respektiere die Entscheidung der Richter, aber akzeptiere sie nicht, sein Ministerium prüfe rechtliche Schritte.

Allein, Gabriels Gegenoffensive scheint zu verpuffen. Eine Woche nach Gabriels trotziger Pressekonferenz ist nun ein erneuter Beschluss des OLG Düsseldorfs in dem Streit um die Ministererlaubnis ergangen. Und aus der anfänglichen Ohrfeige für Gabriel , droht nun ein harter Faustschlag zu werden.

Ministererlaubnis

So dröseln die Richter Stück für Stück Gabriels Behauptungen auf – und widerlegen sie. Mehr noch: Aus den Akten ergeben sich neue Ansatzpunkte, dass das Verfahren zur Ministererlaubnis intransparent ablief.

So beanstandeten die Richter in ihrem ersten Beschluss, dass es zwei Geheimtreffen des Ministers mit den Chefs von Edeka und Kaiser’s Tengelmann gab. Gabriel konterte: Solche Runden habe es nie gegeben, sondern jeweils Einzelgespräche mit Haub und Mosa, bei denen Beamte seines Hauses dabei gewesen seien, hält Gabriel nun dagegen. Noch nicht einmal die Termine habe das Gericht ordentlich auf die Reihe bekommen: „Ich weiß leider nicht, woher das Gericht seine Informationen bezogen hat“, schimpfte er. 



Im jüngsten OLG-Beschluss heißt es dazu: Gabriel habe im Dezember 2015 „unter Ausschluss aller anderen Beteiligten des Ministererlaubnisverfahrens insgesamt zwei Gespräche“ mit Edeka-Chef Markus Mosa und Tengelmann-Inhaber Karl-Erivan Haub geführt. Eine handschriftliche Anordnung des Ministers „legt die Annahme nahe, dass Sechs-Augen-Gespräche des Ministers mit den Herr Mosa und Haub beabsichtigt waren.“ Gegenstand, Ablauf und Inhalt der Gespräche seien jedoch  nicht in Gesprächsvermerken festgehalten. Offen sei auch welche Beamten dabei gewesen sein sollen."

Auch dazu schweigt die Akte des Bundeswirtschaftsministeriums, schreiben die Richter. Für den Verdacht der Befangenheit „ist es im Übrigen ohne jeden Belang, ob neben dem Bundesminister auch die verfahrensführenden Beamten“ teilgenommen hätten. Denn die „Besorgnis der Parteilichkeit“ resultiere aus der Tatsache, dass Gabriel die Gespräche gegenüber Beteiligten wie Rewe und Markant „geheim gehalten hat“.

Geheimrunden für die Ministererlaubnis?

Bei Gabriels Geheimrunden ging es offenbar auch nicht nur um einen freundlichen Gedankenaustausch. Vielmehr lege „eine Entscheidungsvorlage für den Minister“  nahe, dass es beim zweiten Treffen wenige Tage vor Weihnachten am 18. Dezember 2015 um "konkrete Vorschläge für Zusagen" ging, schreiben die Richter.

Folgt man der Gerichtsdarstellung, könnten Kernauflagen der Ministererlaubnis damit bei Geheimrunden ausgekungelt worden sein.

Zudem nutzte Edeka die Gelegenheit zum vertraulichen Gespräch mit Gabriel offenbar auch, um den Konkurrenten Rewe beim Minister madig zu machen. Der Kölner Konzern hatte ebenfalls mehrfach öffentlich angeboten, Kaiser’s Tengelmann zu übernehmen.

Beim ersten Treffen am 1. Dezember 2015 soll Edeka-Chef Mosa Gabriel  dazu eine Ausarbeitung seiner Anwälte überreicht haben, in der diese ein Übernahmeangebot ihres Wettbewerbers Rewe zerpflücken. Das Schriftstück sollte ausdrücklich geheim bleiben. Rewe wurde das Papier nicht gezeigt. Per Email vom 14. Dezember soll Mosa eine weitere Stellungnahme seiner Anwälte gegen das Konkurrenzangebot von Rewe eingereicht haben.

Wieder wurden die anderen Verfahrensbeteiligten nicht informiert. Erst als Rewe durch einen „Zufallsfund“ gezielt um Akteneinsicht bat, rückten die Beamten den Schriftsatz heraus. Damit habe Gabriel seine „Pflicht zur Gewährung rechtlichen Gehörs“ verletzt, monieren die Richter.

Zudem fanden sie Anhaltspunkte für den Verdacht, dass es weitere Geheimkontakte zwischen Gabriels verfahrensführenden Beamten zu Edeka-Vertretern gab  - und das "mit Wissen des Bundeswirtschaftsministers". Auch der Zeitplan für die Bekanntgabe von Auflagen zur Ministererlaubnis seien „mit dem Vorstandsvorsitzenden der Edeka vertraulich vorbesprochen worden“.

Damit steht Gabriel vor einem gewaltigen Problem: Denn der Eindruck, dass er in dem Verfahren befangen war und Edeka insbesondere gegenüber dem Konkurrenten Rewe bevorzugt wurde, drängt sich immer stärker auf. Zumal laut dem Gerichtsbeschluss selbst im Ministerium eine Komplettübernahme durch Rewe als wettbewerbsrechtlich "ein bisschen weniger problematisch“ eingeschätzt wurde, als die Übernahme durch Edeka.  

In den kommenden Tagen will das Gericht den Beteiligten nun die zentralen Akten zugänglich machen: darunter interne Informationsvorlagen und E-Mails aus dem Bundeswirtschaftsministerium. Gabriel droht damit ein heißer Sommer.

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