




Es geht um 451 Filialen, 16.000 Mitarbeiter, einen Lebensmittelhändler mit 0,6 Prozent Marktanteil und in den Augen mancher um die Zukunft der deutschen Supermarktlandschaft. Seit Wochen liefert sich Edeka ein zähes Ringen mit dem Kartellamt um die geplante Übernahme der Ladengeschäfte von Kaiser's Tengelmann.
Das Problem: Edeka ist mit 27 Prozent Marktanteil schon jetzt die Nummer 1 im deutschen Lebensmitteleinzelhandel und würde durch den Zukauf nochmal ein Stück mächtiger werden. Das Kartellamt stellte bereits klar, das so nicht mitmachen zu wollen. Edeka hat sich deshalb offenbar zu weiteren Zugeständnissen durchgerungen.
Die größten Lebensmittelhändler Deutschlands
Bartells-Langness
Umsatz mit Lebensmitteln 2015: 3,09 Milliarden Euro (Schätzung)
Globus
Umsatz mit Lebensmitteln 2015: 3,23 Milliarden Euro
Rossmann
Umsatz mit Lebensmitteln in Deutschland: 5,18 Milliarden Euro
dm
Umsatz mit Lebensmitteln 2015: 6,33 Milliarden Euro
Lekkerland
Umsatz mit Lebensmitteln 2015: 8,98 Milliarden Euro
Metro (Real, Cash & Carry)
Umsatz mit Lebensmitteln 2015: 10,27 Milliarden Euro (Schätzung)
Aldi (Nord und Süd)
Umsatz mit Lebensmitteln 2015: 22,79 Milliarden Euro (Schätzung)
Schwarz-Gruppe (Lidl, Kaufland)
Umsatz mit Lebensmitteln 2015: 28,05 Milliarden Euro (Schätzung)
Rewe-Gruppe
Umsatz mit Lebensmitteln 2015: 28,57 Milliarden Euro (Schätzung)
Edeka (inkl. Netto)
Umsatz mit Lebensmitteln 2015: 48,27 Milliarden Euro
Quelle: TradeDimensions / Statista
Nach Informationen des Handelsblatts soll es das Angebot an die Wettbewerbshüter geben, fast ein Viertel der 451 Supermärkte nicht an Edeka, sondern an andere Unternehmen zu verkaufen.
„Gemeinsam mit unserem Vertragspartner Edeka haben wir uns entschlossen, der Behörde im Laufe des heutigen Tages ein deutlich erweitertes Zusagen-Angebot (...) zu machen“, zitierte die Zeitung aus einem ihr vorliegenden Mitarbeiterschreiben von Tengelmann-Chef Karl-Erivan Haub. „Darin bieten wir dem Amt nahezu ein Viertel des heute bestehenden Filialnetzes zur Abgabe an Dritte an.“ Man habe damit die Zahl der Filialen mehr als verdoppelt und sei überzeugt, den wettbewerblichen Bedenken in München/Oberbayern sowie in der Stadt Berlin „mehr als genügend Rechnung zu tragen.“
Zustimmung des Kartellamts weiter fraglich
Ob diese Zugeständnisse dem Kartellamt wirklich genügen, ist freilich alles andere als sicher. Denn die Wettbewerbshüter befürchten, dass es durch den Wegfall von Tengelmann auch in anderen Städten wie Bonn und Essen zu einer Marktdominanz von Edeka und Rewe kommen wird.
Auch an wen die Filialen anderweitig fallen könnten, ist bislang unklar. Rewe-Chef Alain Caparros hatte bereits seine eigene Supermarktkette ins Spiel gebracht. Nach der bisherigen Argumentation des Kartellamts ist aber auch das keine Option.
Denn Rewe zählt neben Edeka zu den dominierenden Kräften im Lebensmittelbereich – insbesondere in den strittigen Landstrichen. Stattdessen müssten kleinere, lokale Händler in die Bresche springen. Das könnte zum Beispiel die Migros-Gruppe sein. Für die Schweizer wäre der Einstieg in den deutschen Markt kein Novum. Vor zwei Jahren kauften sie bereits die Handelskette Tegut.
Die größten Discounter der Welt 2014
Dollar Tree belegt den zehnten Platz unter den weltgrößten Discountern. Das US-Unternehmen erzielte 2013 einen Umsatz von 6,2 Milliarden Euro.
Auch aus Skandinavien kommt ein Discounter, der es unter die Top Ten der weltgrößten geschafft hat: Rema 1000 gehört zum Konzern Reitangruppen. 2013 setzte das Unternehmen 6,8 Milliarden Euro um.
Der US-Discounter Family Dollar verkaufte 2013 Waren im Wert von 8,2 Milliarden Dollar und belegt damit weltweit den achten Platz unter den größten Discountern.
Auch der siebtgrößte Discounter der Welt findet sich auf der Iberischen Halbinsel: Biedronka stammt aus Portugal und wird von JMR Jerónimo Martins Retails betrieben. 2013 setzte die Kette 8,3 Milliarden Euro um. Zum Vergleich: Aldi erwirtschaftete im gleichen Zeitraum mehr als den siebenfachen Betrag.
Die sechstgrößte Discountkette der Welt stammt aus Spanien. Das Unternehmen mit dem Namen Dia (zu Deutsch „Tag“) setzte 2013 11,4 Milliarden Euro um.
Auf dem fünften Platz findet sich wieder ein deutsches Unternehmen: Der Discounter Penny, der zur Rewe-Gruppe gehört. 2013 betrug der Umsatz des Discounters laut Ranking von Planet Retail 12,1 Milliarden Euro.
Erst an vierter Stelle ist ein nicht-deutsches Unternehmen zu finden. Die US-Kette Dollar General verkaufte 2013 Waren im Wert von 13,9 Milliarden Euro.
Mit großem Abstand folgt der drittgrößte Discounter der Welt: Netto. Die Kette gehört zur Edeka-Gruppe und erzielte 2013 14,2 Milliarden Euro Umsatz.
Der Discounter Lidl, der zur Schwarz Gruppe gehört, belegt im Ranking der weltgrößten Discounter den zweiten Platz. 2013 betrug der Brutto-Außenumsatz der Supermarktkette 59 Milliarden Euro.
Aldi ist die Nummer eins im Ranking von Planet Retail (Juni 2014) im weltweiten Discounter-Markt. 2013 machte das deutsche Unternehmen einen Brutto-Außenumsatz von 61,1 Milliarden Euro.
Ein Sprecher des Bundeskartellamts wollte sich nach Eingang eines Schreibens nicht äußern. Der Handelskonzern Tengelmann war am Mittwochabend nicht für eine Stellungnahme zu dem Medienbericht zu erreichen. Fest steht nur: Die Familie Haub, die Eigentümer von Tengelmann, wollen sicher aus dem Lebensmittelhandel aussteigen.
Wie es um die Mitarbeiter steht
Die Unsicherheit und das lange Warten auf eine Entscheidung zerrt auch an den Nerven der Mitarbeiter. Manche befürchten, dass es nach der Übernahme zu einem Stellenabbau kommen wird. Zudem ist Tengelmann derzeit ein tarifgebundenes Unternehmen. Edeka-Filialen hingegen werden in Eigenregie durch selbstständige Kaufleute betrieben. Die Tengelmann-Mitarbeiter könnten bei einer Übernahme also die Tarifbedingungen verlieren.
Andererseits birgt auch der Status Quo Risiken. So drohe nach Aussage der Übernahmepartner die Schließung defizitärer Tengelmann-Fillialen, wenn das Kartellamt die Übernahme verhindert. Und damit der sichere Verlust vieler Arbeitsplätze.
Die Frist zu einer Entscheidung des Kartellamts zur Übernahme der Tengelmann-Filialen durch Edeka läuft weiterhin bis zum 7. April. Kommt es zu keiner Einigung, könnte der Streit vor das Oberlandesgericht Düsseldorf gehen. Das Anfechten einer Kartellamtsentscheidung würde jedoch aller Voraussicht nach Monate, wenn nicht Jahre dauern.
Mit Material von dpa