Eine Milliarde Dollar für Lyft Google fordert Uber heraus

Google gehörte zu den frühen Investoren von Uber. Nun investiert der Internetriese eine Milliarde Dollar in dessen Konkurrenten Lyft. Aus einer schleichenden Rivalität ist ein offener Konflikt geworden.

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Über ihre Anlage-Tochter CapitalG investiert Google-Mutter Alphabet eine Milliarde Dollar in den Fahrten-Vermittler Lyft. Quelle: dpa

San Francisco Es ist eine dieser Absurditäten, die die neue Wirtschaftswelt des Silicon Valley hervorgebracht hat. Google-Mutter Alphabet führt über ihre Anlage-Tochter CapitalG eine Kapitalrunde von einer Milliarde Dollar für den Fahrten-Vermittler Lyft an. Das gab das Unternehmen am Donnerstag bekannt.

Vor vier Jahren investierte Google Venture, ein anderer Risikokapitalgeber innerhalb des Alphabet-Konzerns, noch in Lyfts Konkurrenten Uber. Waymo, Alphabets Tochter für selbstfahrende Autos, hat früher mit Uber kooperiert, danach Uber auf Milliarden von Dollar verklagt, und mit Lyft eine Partnerschaft geschlossen.

„Pack schlägt sich, Pack verträgt sich“, oder eine neue Welt der vernetzten Partner-Konkurrenten? Eher Letzteres. Seitdem das Geld nicht mehr von den Banken kommt, sondern von Risikokapitalgebern und Unternehmen, verstellen keine gegenseitigen Geschäftsinteressen mehr den Weg für strategische Notwendigkeiten. Die Geldgeber sichern in Zukunftsmärkten ihre Positionen ab, indem sie auf beide Seiten wetten, erst auf Uber, und seit sich die Probleme häufen, auch auf Lyft.

In den Finanzmärkten nennt man das einen „Hedge“. Und zu Geldgebern gewordene Unternehmen kooperieren mit Konkurrenten, wo immer es sinnvoll erscheint. So zum Beispiel General Motors (GM). Die Detroiter Autolegende hat 2016 rund 500 Millionen Dollar in Lyft investiert und plante den Einsatz eigener autonomer Fahrzeuge im Fahrdienst.

Laut „The Information“ wird GM aber 2018 in San Francisco autonome Fahrzeuge bei Uber integrieren. GM nannte den Bericht eine „Spekulation“. Trotzdem, für die düpierten Lyft-Gründer kommt da der Ersatz durch Google-Technik gerade recht. Ein anderes Beispiel auf Produktebene im IT-Bereich: Microsoft und Amazon bekämpfen sich entschieden im Bereich Cloud-Computing. Sie kooperieren aber auch eng bei den digitalen Assistenten „Cortana“ und „Alexa“, um den gemeinsamen Gegner Google zu schlagen.

Wenn Unternehmen als Kapitalgeber Banken ersetzen, ändern sich nicht nur die Finanzströme, sondern es entstehen ganz neue strategische Partnerschaften. Die längerfristigen Vorteile von Kooperationen, selbst mit Gegnern, schlagen das kurzfristige Gewinnziel.

Wobei im Fall von Lyft und Uber von Gewinnen erst einmal gar keine Rede sein kann. Beide Unternehmen schreiben hohe Verluste, nicht zuletzt, weil sie massiv in Marktanteilsgewinne investieren. Sie subventionieren die Fahrtpreise oder bieten Fahrern Ausgleichszahlungen, wenn sie lange Anfahrten in andere Städte in Kauf nehmen. Im Schnitt rollen in San Francisco täglich 45.000 Fahrzeuge von Ride-Sharing-Unternehmen über die Straßen, um nach Kunden zu fischen. Der Großteil kommt von außerhalb in die Stadt. Zum Vergleich: San Francisco hat 1800 Taxilizenzen.


Lyft - vom Underdog zum Favoriten

Die anhaltend hohen Verluste zwingen beide Konkurrenten, für einen kontinuierlichen Strom von Finanzmitteln zu sorgen. Die jüngste Kapitalspritze hievt die Bewertung von Lyft auf über elf Milliarden Dollar, nachdem im April 500 Millionen Dollar zu einer Bewertung von 7,5 Milliarden Dollar aufgenommen wurden. Das ist eine respektable Wertsteigerung von 3,5 Milliarden Dollar in nur knapp sechs Monaten. Der Vergleich mit Uber und dessen 70-Milliarden-Dollar-Bewertung fällt immer noch klar gegen Lyft aus, aber der ewige Underdog holt auf. Mit einer frischen Milliarde im Rücken ist es leichter, eine Bresche in die Marktdominanz des Konkurrenten zu schlagen und in weitere US-Städte und international zu expandieren.

Eine Reihe von Skandalen, Gerichtsprozessen und Misserfolgen plagt dagegen Uber, bei dem zuletzt der Aufsichtsrat Mitgründer und CEO Travis Kalanick an die Luft gesetzt hat. Der zettelt im Aufsichtsgremium nun einen Machtkampf an, um die Kontrolle zurückzubekommen. Risikokapitalgeber der ersten Stunde haben Uber und Kalanick bereits verklagt. All das und eine potenzielle Milliardenstrafe wegen Datendiebstahl und Patentmissbrauch im Waymo-Prozess hängen wie ein Damoklesschwert über dem Unternehmen.

Als Teil der Alphabet-Vereinbarung wird mit David Lawee ein Vertreter des CapitalG growth equity fund in den Kontrollrat von Lyft einziehen. „Fahrtvermittlung ist immer noch im Anfangsstadium und wir freuen uns schon auf ein weiteres rasantes Wachstum von Lyft“, so Lawee in einer Mitteilung. Die Chancen stehen nicht schlecht.

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